Nadine Ahr: Das Versprechen

Eine Geschichte von Lieben und Vergessen – so lautet der Untertitel dieses Romans, der auf einer wahren Begebenheit beruht.
Protagonisten sind Ria und Edwin, die Großeltern der Autorin, die eigentlich füreinander bestimmt sind, dies eigentlich auch wissen, aber trotzdem sehr lange aufeinander warten müssen. Da ist der Krieg, da sind falsche Entscheidungen – doch letztendlich wird alles gut. Und Edwin verspricht seiner Ria, sie nie mehr zu verlassen. Aber so einfach, wie er dachte, ist ein solches Versprechen nicht zu halten, wenn der Partner zunehmend dement wird, einen nicht mehr nur nicht mehr erkennt, sondern einen auch noch verwechselt und aufgrunddessen täglich aufs Übelste beschimpft.

Edwin muss eine Entscheidung treffen, so schwer es ihm auch fällt, aber glücklich wird er damit nicht. Manchmal wünscht er sich sogar, ebenfalls dement zu sein. Denn alles wäre besser als die Tatsache, Ria einfach nicht vergessen zu können.

Diese Liebesgeschichte geht einem so richtig zu Herzen, das Buch ist eines von denen, die in der Seele noch nachklingen, lange, nachdem man die letzte Seite gelesen hat. Die „taz“ spricht von „glasklar und tieftraurig“ und besser könnte man es nicht beschreiben.

Die Autorin, 1982 geboren, erhielt ein Stipendium für begabte Journalisten der Süddeutschen Zeitung und schreibt seit 2011 für die Zeit.
4.8 Stars (4,8 / 5)

Demenz – Ist das ein Tier wie Krebs

Til Schweiger hat das Vorwort geschrieben zu einem Buch, das den etwas sperrigen Titel „Demenz – ist das ein Tier wie Krebs“ trägt. Die Autorinnen Bianca Mattern, Eva-Maria Popp und Iris Weißer beschäftigen sich hier mit der Frage, wie Kinder Demenz bei Angehörigen empfinden. Und lassen vor allem Kinder zu Wort kommen. Sie zeigen Bewältigungsstrategien auf, gehen aber zu wenig darauf ein, dass es nicht nur die Großeltern, sondern gerade bei immer älter werdenden Eltern auch die Eltern selbst treffen kann. Und dass diese Situation ganz anders zu bewerten ist.
Wer mehr zu dem Thema wissen möchte – ein Artikel bei Eltern.t-online.de gibt Aufschluss.
2.5 Stars (2,5 / 5)

Riikka Pulkkinen: Die Ruhelose

“Die Ruhelose“ ist Riikka Pulkkinens Debütroman. Die Finnin beschreibt das ganz ähnliche und sich doch enorm unterscheidende Schicksal zweier miteinander verwandter Frauen: Anja, deren Mann schwer an Alzheimer erkrankt ist und die mit sich hadert, ob und wie sie ein gegebenes Versprechen einhalten kann und ihre Nichte Marie, die eine äußerst heikle Beziehung zu einem jungen Lehrer eingegangen ist und sich dabei leidenschaftlich in eine Liebe stürzt, die aussichtslos ist. Zwei Frauen, die vor der entscheidenden Frage ihres Lebens stehen: Wie weit darf und will und soll und muss man gehen für die Liebe?

Die Universitätsprofessorin Anja scheint zunächst an dieser Frage zu verzweifeln und findet doch, genau wie Marie ihren ganz eigenen Weg, damit umzugehen.

Riikka Pulkkinen, Jahrgang 1980, ist eine der erfolgreichsten jungen Autorinnen Finnlands. Doch auch, wenn ihr Debüt dort bereits etliche Preise einheimsen konnte, so ganz überzeugend ist es doch nicht. Ob das an der deutschen Übersetzung liegt? Denn das Buch hat etwas, keinen Zweifel, die Thematik ist interessant und entspricht komplett dem Zeitgeist unserer Gesellschaft und doch fehlt etwas. Das entscheidende Etwas, das den Leser so richtig in seinen Bann zieht.
3.4 Stars (3,4 / 5)

Rowan Coleman: Einfach unvergesslich

“Einfach unvergesslich“ erzählt die Geschichte von Claire, die bereits in jungen Jahren, genau wie ihr Vater an einer degenerativen Gehirnkrankheit erkrankt, dies aber noch jahrelang vor ihrer Familie und ihrer Umgebung und letztendlich auch vor sich selbst verheimlichen kann. Sie hat zwei Töchter, zum einen Caitlin, die bereits im studierfähigen Alter und gleichzeitig bereits schwanger ist und Esther, erst drei Jahre alt und das Ergebnis einer ganz großen Liebe zu dem deutlich jüngeren Handwerker Greg, mit dem sie erst seit Kurzem verheiratet ist.

Rowan Coleman schrieb keine Geschichte mit Riesenspannungsbogen, im Gegenteil, sie plätschert eher. Aber im positiven Sinne. Erzählt aus vier Perspektiven ergibt sie erst so ein Gesamtpuzzle von Claires Schicksal, das ja letztendlich nicht nur ihres ist. Es ist verbunden mit dem ihres Mannes, dem ihrer Mutter und vor allem mit dem ihrer Töchter. Sie alle müssen lernen, langsam aber sicher Abschied zu nehmen.

Die Dramatik, die in dieser Geschichte steckt – übrigens überwiegend gut gelesen – eröffnet sich dem Zuhörer erst im Lauf der Zeit, dann aber umso heftiger, mit einem überraschenden Ende. „Einfach unvergesslich“ ist tatsächlich unvergesslich. Vor allem dann, wenn man selbst bereits erlebt hat, wie ein Mensch durch Demenz oder Alzheimer sich Stück für Stück von einem Richtung Vergangenheit entfernte und zwischendurch doch wieder ganz da war. Etwas, was im Lauf der Zeit immer mehr von uns passieren wird.
4.8 Stars (4,8 / 5)

Martin Suter: Small World

Dieses Hörbuch hat alles, was ein gutes Hörbuch haben muss. Eine wunderbare Geschichte aus leisen Tönen sowie einen Sprecher,der genau diese genau richtig zur Sprache bringt.

Sie ist die betagte Chefin eines renommierten Familienunternehmens, er ein distinguierter, eleganter, aber leicht heruntergekommener Mann um die sechzig. Zwischen Elvira Senn und Konrad Lang gibt es eine Verbindung, die nicht nur finanzieller Art ist. Doch warum Elvira Konrad großzügig und in doppeltem Wortsinn aushält, das ist dem Rest der Familie nicht wirklich klar. Koni – als Kind von Elvira aufgenommen – war doch eigentlich nichts weiter als ein Dauerspielgefährte ihres Sohnes…

Als Konrad Rosemarie kennenlernt, blüht er noch einmal so richtig auf. Er erlebt seinen zweiten Frühling und macht sich endlich unabhängig von der Familie Koch. Doch immer öfter ertappt Rosemarie ihn bei seltsamem Verhalten. Die Brieftasche im Kühlschrank, der doppelte Einkauf, der Zettel mit ihrem Namen und der gemeinsamen Adresse inklusive Wegbeschreibung – Konrad leidet an Alzheimer und die Krankheit nimmt zügig ihren Lauf – sie löscht Neues auf der Gehirn-Festplatte und lässt Erinnerungen aus dem Langzeitgedächtnis zu, die vermeintlich vergessen waren. Und so kommen Geheimnisse zutage, die Elvira Senn für immer mit ins Grab nehmen wollte. Und als Rosemarie vor der Krankheit kapituliert, setzt Elviras ungeliebte Schwiegertochter durch, dass Konrad im Gästehaus der Villa aufs Beste versorgt wird. Und sie verschafft ihm eine ganz neue und sich bis dato in der Testphase befindliche Therapie – mit weitreichenden Folgen.

Man könnte sagen, es sei ein Krimi. Man könnte auch sagen, es handle sich einfach nur um eine spannende und ausnehmend gut aufgebaute Geschichte, perfekt vorgetragen von dem Schauspieler Dietmar Sues. Seine Präsenz, seine Kunst, Stimmungen in Stimme zu fassen machen dieses Hörbuch zu etwas ganz Besonderem.
4.8 Stars (4,8 / 5)