Corinna Leibig, Hans Hopf: Bin ich richtig?

Die Pubertät mit ihren Pubertieren, die angeblich in vermüllten Zimmerhöhlen vor sich hin mutieren ist doch sehr weit hergeholt. Viele Eltern sehen sie als Schreckgespenst, das sie bekämpfen müssen und dabei ist es nur eine Lebensphase wie viele andere auch. Und wie die meisten Lebensphasen ist auch die Pubertät mit vielen verschiedenen Formen der Trennung verbunden. Mit dem richtigen Blick darauf wird aus einem Schreckgespenst eine spannende Zeit – für die Eltern wie für die Kinder. Eine Zeit, die am Ende, wenn es gut läuft, dazu führt, dass man ein erwachsenes Gegenüber hat, das man respektieren kann – auch dann, wenn es nicht den Weg geht, den man vielleicht selbst so viele Jahre für das Kind vorgesehen hatte.
Aber natürlich kommen während dieser Phase bei den Jugendlichen viele Unsicherheiten auf. Fragen, die man sich nicht zu stellen traut, die einen aber umtreiben. Hier setzt dieses Buch an. Mit auf die Jugendlichen zugeschnittenem Layout – an manchen Stellen wirkt es wie das wirre Tagebuch von jemandem, der grad so gar nicht mit sich im Reinen ist und das dürfte auch der Zweck sein – werden kurz und knapp Fragen beantwortet.
Ein Buch, das in seiner Machart sicher nicht jedermanns Sache ist, das aber durchaus seine Zielgruppe finden könnte. Wobei Erwachsene hier sehr aufpassen sollten, dass sie nicht anbiedernd wirken, denn Teenager haben einen Sinn dafür, wer es ernst mit ihnen meint und wer nur so tut.

Jerry Scott & Jim Borgman: Nur kein Stress!

3 Bände in einem – Zits soweit das Auge reicht, das allein würde schon genügen, um diesem Buch Ehre zu erweisen. Denn ein Comic allein ist einfach immer viel zu schnell vorbei.
Jeremy ist ein ganz normaler Jugendlicher und allein das macht ihn schon per se zur Witzfigur und nicht nur ihn, auch ganz automatisch seine Eltern. Denn wie heißt es so schön? Pubertät ist dann, wenn die Eltern komisch werden.
Das geht auch Jeremy so, für den Mama und Papa mindestens von einem anderen Stern kommen, diese aber immer wieder damit kämpfen, dass ihre eigene Teenagerzeit nicht erst seit ein paar Jahren vorbei ist und sie wirklich, wirklich, wirklich nicht mehr cool sind. Egal, wie in sie einmal waren.
Jeremy und seine Freunde wundern sich, warum die Spielplatzgeräte plötzlich so klein sind, sie kämpfen mit romantischen Gefühlen, die definitiv mit der gewünschten Coolness kollidieren, sie futtern ganze Kühlschränke leer und fragen direkt im Anschluss, was es heute eigentlich zu essen gibt und sie treiben ihre Umwelt in den Wahnsinn – sie sind also völlig normal und genau das macht es so komisch. Denn man erkennt zum einen sich selbst im Kind als auch im Erwachsenen …

Andrea Ulmer: Solange wir uns haben

Eigentlich hat sie ihr Leben im Griff. Jessica ist 42 Jahre alt, alleinerziehende Mama einer pubertierenden Tochter und hat einen Job in einer Agentur. Nicht einfach, ist aber machbar. Bis sie plötzlich von Panikattacken heimgesucht wird. Nicht mehr Auto fahren kann, jede Kleinigkeit ihr schon zu viel wird und sie sich nur noch im Haus verschanzt. Zuerst nervt es ihre Tochter nur, aber Stück für Stück wird es zum Problem und Jessica ist gezwungen, sich helfen zu lassen. Loslassen und anderen die Führung überlassen – das ist die Aufgabe der Protagonistin in ihrem Buch. Um dann wieder zu sich zu finden und neue Wege einzuschlagen.

Ganz ehrlich nervt es manchmal, dass in fast jedem Roman, der eher für Frauen als für Männer ausgelegt ist, mindestens eine, meistens sogar die Hauptperson in einer Agentur arbeitet, irgendwas mit Medien oder Werbung macht. Hier allerdings macht es Sinn, denn wenige Berufe brennen so aus wie diese, in wenigen Branchen herrscht so wenig Verständnis für andere Lebensmodelle als jung, cool und selbstbestimmt. Der Roman spricht ein Thema an, das immer häufiger wird. Eigentlich sogar zwei. Oder drei. Alleinerziehende, Angststörungen und die Tatsache, dass immer mehr Mütter in den Wechseljahren auf Töchter in der Pubertät treffen.

Alles in allem ein Roman, der leicht zu lesen ist und trotzdem zu denken gibt. Der an manchen Stellen ein wenig überzogen wirkt und an anderen etwas mehr „Wumms“ durchaus vertragen hätte. Vor allem aber einer, der in einem völlig falschen Kleid daherkommt. Das Cover passt leider überhaupt nicht. Weder zum Thema noch zur Geschichte.

Chandler Baker: Das Ende ist erst der Anfang

Lake wird in wenigen Wochen 18. In der Gesellschaft, in der sie lebt, hat sie dann die Möglichkeit, einen Menschen vom Tod auferstehen zu lassen. Für ihre Eltern ist schon lange klar, dass das ihr querschnittsgelähmter Bruder Matt sein wird. Und Lake, die ihren Bruder so wie er seit seinem Unfall ist, gar nicht mehr leiden kann, hat sich in ihr Schicksal gefügt. Doch dann passiert ein fürchterlicher Unfall und nicht nur ihr Freund, sondern auch ihre beste Freundin sterben dabei. Lake weiß nicht, was sie tun soll und verzweifelt fast. Bis sie Ringo trifft, der ihr den richtigen Weg aufzeigt.

Ein wunderbares Jugendbuch über die Themen Selbstbestimmung und die Qual der Wahl. Der Weg, den Lake geht, ist kein einfacher. Wie soll man entscheiden, wer wichtiger ist? Der Mann, den man liebt und der vielleicht doch nicht der war, den man gesehen hat? Die beste Freundin – die einem so arg fehlt und die Geheimnisse hatte, von denen man nichts ahnte oder doch der Bruder, den man als kleines Kind verehrt hat und von dem man erst jetzt versteht, warum er so griesgrämig geworden ist … man möchte nicht in ihrer Rolle stecken. Und kann das Buch kaum weglegen, bis man weiß, wie Lake sich entschieden hat.

Jerry Scott/Jim Borgman: Zits – Appen und Zappen

Wer einen Jugendlichen – und da ist es völlig egal, ob männlich oder weiblich – zuhause hat, wer nach dem Motto lebt „Humor ist, wenn man trotzdem lacht“ und auch noch über sich selbst lachen kann, der ist mit diesem Buch goldrichtig bedient. Wir hatten ja bereits die Ehre, Jeremy und seine Eltern seit ein paar Jahren zu begleiten. Mit allen Höhen und Tiefen, auch literarisch bzw. comictechnisch gesehen. Und dieses Buch ist mal wieder richtig gut. Zum einen, weil es einem das berechtigte Gefühl gibt, nicht allein zu sein und zum anderen, weil es Brücken baut. Der Jugendliche, der es liest, sieht danach seine Eltern zumindest kurz mal mit anderen Augen und die Eltern verstehen ansatzweise, was diese jahrelange Umbaubaustelle im Kopf ihrer Kinder an Leere und Überfüllung gleichzeitig produzieren kann. Herrlich komisch. Und genau das, was Teenager-Eltern brauchen, um nicht wahnsinnig zu werden. Der einzige, klitzekleine Nachteil: Manches nutzt sich etwas ab mit der Zeit. Kein Wunder bei Band 14.
4.5 Stars (4,5 / 5)

Paul Bühre: Teenie Leaks

Was wir wirklich denken (wenn wir nichts sagen) – so lautet der Untertitel eines Hörbuches, das uns Erwachsenen hilft, die Jugend von heute zu verstehen. Hier wird aber nicht die Jugendsprache erklärt, oder zumindest nur ganz am Rande – nein, hier geht es an den Subtext. Paul Bühre ist fünfzehn und es nervt ihn, dass Eltern von heute so gluckig sind. Klar, die Wäsche dürfen sie waschen und auch zusammensammeln, für einen vollen Kühlschrank sollen sie sorgen, Geld geben natürlich auch – aber den Rest möchten Teenager doch bitte allein entscheiden. So wie alle Teenager-Generationen vor ihnen. „Wir sind groß, hässlich und haarig und haben unser eigenes Leben, das ihr schon genug beeinflusst. Wir wachsen und nerven nur. Das habt ihr auch gemacht“ – so fasst er es generationsübergreifend zusammen. Der Autor besucht das Gymnasium und lebt in einem Berliner Kinderzimmer. In das er einen spannenden Einblick gibt. Wir Eltern erfahren von ihm alles über die neue Unterhosenmode, über Liebe in Zeiten von Elektronik, über soziale Netzwerke und pubertäre Stimmungsschwankungen und vor allem erfahren wir, wie wir gefälligst damit umgehen sollen. Und er führt uns einen Spiegel vor – natüüüürlich ist keiner von uns so wie die beschriebenen Eltern, höchstens ein bisschen, manchmal. Wir sind eben wie alle Eltern. Wir wollen nur das Beste für unsere Kinder. Aber wir kriegen es nicht. Zumindest noch nicht. Und das verstehen wir ein bisschen besser, wenn wir genau hinhören. Was auch Spaß macht, denn der ausgezeichnete Nachwuchsschauspieler Julian Greis, selbst noch nicht allzu lange erwachsen, versteht es gut, Paul Bühre ein Sprachrohr zu verleihen.
2.0 Stars (2,0 / 5)