Man kann ihn mögen oder nicht, den Muttertag, kann ihn für Konsumblödsinn halten und auch an anderen Tagen ein wenig Freundlichkeit, Hilfsbereitschaft und Dankbarkeit zeigen, man kann ihn aber seiner Mama auch einfach mit einer Kleinigkeit schönmachen, die ihr sicher ein paar Tränchen ins Auge kullern lässt. Und mit der sie ganz wunderbar bei ihren Freundinnen angeben kann, die alle nur einen Blumenstrauß bekommen haben.
Aus dem Verlag Knaur kommt eine ganz süße Idee zum Muttertag. Ein kleines Büchlein, das viele Anregungen gibt, sich an früher, an seine Kindheit zu erinnern und Augenblicke festzuhalten, die einem wichtig waren. Zusätzliche gibt es viele andere Anregungen, die Bindung zwischen Mutter und Tochter zu unterstreichen zum Beispiel was die Ähnlichkeit zwischen beiden angeht.
Es ist traurig aber wahr – ist die Mama irgendwann einmal nicht mehr da, dann fällt einem ein, was man ihr alles nie gesagt hat. Und was man nie mehr nachholen kann. Dieses Buch ist die perfekte Vorsorge, dass das nicht passieren wird. Und schon allein deshalb bekommt das Büchlein mit dem Titel „Danke, dass du meine Mama bist“ das Prädikat „wertvoll“.
(5,0 / 5)
Foccroulle/Masson: Opas geheimnisvoller Garten
Lina muss in den Ferien zu Opa aufs Land und etwas noch langweiligeres kann sie sich überhaupt nicht vorstellen. Sie beneidet ihre Freundin, die jetzt am Strand liegen darf. Und als Opa sie bittet, im Garten zu helfen, ist sie zunächst nicht sonderlich begeistert. Zwiebeln brennen in den Augen, Kohl stinkt. Ätzend findet sie das. Und den Dreck unter den Fingernägeln, den kriegt man auch nicht mehr raus. Aber dann beginnt das Gemüse, mit ihr zu sprechen und der kleinen Lina tun sich völlig neue Welten auf: vom Hegen und vom Pflegen, vom Wachsen und Vergehen…
Da sieht man mal wieder, was man von Opas alles lernen kann.
Dieses Bilderbuch ist ausnehmend schön. Das Zusammenspiel zwischen Zeichner und Texter ist optimal, kindgerecht und auch für Erwachsene schön anzusehen. Der prahlende, dicke Kürbis, der kluge Lauch und die spendable Bohne – würde das Verspeisen derselben nicht ebenfalls ausführlich thematisiert, würde man in den nächsten Tagen wohl kein Gemüse mehr herunterbringen. Aber so schmeckt es gleich noch viel besser!
(4,0 / 5)
Sonne im Bauch
“Eine Geschichte über die Liebe“ ist der Untertitel dieses Bilderbuchs, in dem sich das kleine Eichhörnchenjunge Toni fragt, was das eigentlich ist, die Liebe. Und weil die Eltern wieder einmal mit den kleinen Geschwistern beschäftigt sind, macht sich Toni auf den Weg zu Sokrates, der weisen alten Eule. Die entdeckt in ihm den Philosophen-Nachwuchs und nimmt sich Zeit für die Beantwortung der Frage. Langsam tasten sich die beiden an die Liebe heran. Wie fühlt sie sich an, wann taucht dieses Gefühl nach Sonne im Bauch auf, welche verschiedenen Formen der Liebe gibt es, wie zeigt man Liebe am besten? Toni lernt, wie wichtig es ist, so geliebt zu werden, wie man ist.
Die Aufmachung und Gestaltung des Buches zeugt auch von Liebe und zwar von einer Liebe zu Bilderbüchern und davon, dass die Macher wissen, welche (Bild-)Sprache Kinder brauchen. Etwas irritierend ist das Rezept hinten im Buch, den Kindern erschließt sich der Zusammenhang nicht recht – aber ein gutes Sonnenpfannkuchenrezept kann man ja immer brauchen.
(3,5 / 5)
Mandy Hubbard: Wie ich in High Heels durch die Zeit stolperte
Man tut sich schon etwas schwer, seine Vorurteile im Zaum zu halten, wenn man dieses Buch von außen betrachtet: Der Name der Autorin, die Aufmachung, das ganze Ganze lässt einen ein bisschen daran zweifeln, ob hier wirklich lesenswerte Literatur dahintersteckt: Aber, es ist nicht schlecht, diese typische Mädchenbuch. Die Geschichte dreht sich um Callie, die sich ihre Klassenfahrt nach London ein wenig anders vorgestellt hat. Dass sie zusätzlich eine „kleine“ Zeitreise ins 19. Jahrhundert unternehmen würde, das hätte sie sich niemals träumen lassen. Aber sie hat Glück und wird verwechselt. Und daher herzlich aufgenommen im Herrenhaus zu Harksbury. Dessen Hausherr ihr durchaus gefällt. Er ist arrogant, aber ziemlich gutaussehend. Die Verwirrungen um das Mädchen aus dem 20. Jahrhundert lassen nicht lange auf sich warten.
Muss man nicht gelesen haben. Klar. Aber es ist ein netter Zeitvertreib. Nichts tiefgehendes. Aber zwischen Shakespeare und Sartre kann man es schon mal einschieben, wenn man 15 ist – zur Entspannung.
(3,4 / 5)
Holzwarth/Jeschke: Guck mal, wie die gucken!
Sie popeln in der Nase, verhalten sich teilweise ziemlich affig, schmusen mit ihren Kleinen, scheinen irgendwie zu grinsen, machen Faxen, bekommen, wenn sie älter werden, eine Glatze – und eigentlich ist es ganz gut, dass sie hinter Gittern sind. Finden die Zootiere, wenn es um die Menschen geht. Dieses Bilderbuch lebt, wie es sich für ein Bilderbuch gehört, von seinen Zeichnungen. Leider ist das in letzter Zeit nicht mehr wirklich selbstverständlich. Immer öfter lassen sich Bilderbuchmacher dazu hinreißen, politisch und auch sonstwie korrekt zu agieren, versteckte Botschaften einzuarbeiten und den Moralapostel zu spielen. Nicht so hier. Dieses Bilderbuch ist erfrischend „old style“ und erfüllt damit optimal seinen Zweck. Es soll unterhalten und zum Nachdenken anregen – aber kindgerecht.
(4,0 / 5)
Michael Wrede: Anton auf dem Baum
Anton wohnt in Haus 2. Und mag das gerne, was (fast) alle Kinder gerne mögen. Pfannkuchen, Bilderbücher und natürlich Drachen. Und er möchte so gerne mitspielen bei den anderen. Dafür tut er alles. Er klebt sich Federn an, um zu den Vögeln zu gehören, macht sich zum Igel, zum Frosch und irgendwie auch zum Affen. Bis er auf jemanden trifft, der nichts von ihm erwartet, sondern ihn einfach so nimmt, wie er ist. Wie Anton eben…
Die Idee ist schön, die Umsetzung etwas speziell, aber deswegen nicht schlecht. Nur gewöhnungsbedürftig. Ein Bilderbuch, das man sicher nicht nach dem ersten Mal aus der Hand legt. Sondern nochmal und nochmal ansieht.
Minedition ist bekannt dafür, nicht die Mainstream-Bücher zu veröffentlichen. Die, die sowieso auf jeden Fall gehen. Wer zu einem Buch aus diesem Verlag greift, der sucht etwas anderes. Und findet es meistens.
(3,4 / 5)
Francesca Sanna: Die Flucht
Das Bilderbuch »Die Flucht« von Francesca Sanna wurde von der Kritikerjury des Deutschen Jugendliteraturpreises 2017 in der Sparte Bilderbuch nominiert. Die Nominierungen wurden heute im Rahmen der Leipziger Buchmesse bekanntgegeben.
Die Begründung der Jury:
Francesca Sannas Buch über eine Familie, die aus der Heimat flieht, basiert auf Gesprächen mit Flüchtlingsfamilien und erzählt aus der Perspektive der betroffenen Kinder. Gekonnt hat sie gezeichnete Bilder am Computer bearbeitet und verdeutlicht mit Farben, Formen, Wellen und Symbolen die Kraft und Not von Menschen auf der Flucht. Sie arbeitet mit wenigen Worten, Gesichter wirken schemenhaft, die Personen haben keine Namen und so gibt die Illustratorin ihrer individuellen Geschichte eine universelle Bedeutung.
Die Bedrohung durch Krieg und Tod dringt in die anfangs heile Welt der Familie ein, und was schwarz in das bunte Zuhause schwappt, verändert durch den Tod des Vaters dieses Leben dramatisch. „Eines Tages nahm der Krieg uns Papa weg“ steht auf einer schwarzen Doppelseite, die von ihm nur noch ein paar kleine Besitztümer wie eine Brille oder Schuhe übrig lässt.
Welchen Mut und wie viel Kraft der Aufbruch vor allem von der Mutter verlangt, die versucht, ihren Kindern ein Gefühl von Geborgenheit zu geben, erzählt die Autorin durch das Motiv von deren wallenden Haaren, die den Kindern ein Nest in der Fremde sind. Die Bilder versprechen ein besseres neues Zuhause, ohne Angst, hell und farbig. Aber der Weg dahin ist weit und birgt viele Gefahren. Ob der Wunsch in Erfüllung geht, bleibt offen. Berührend ist, dass die Geschichte in einem Zuhause beginnt, das auch unseres sein könnte – Bücherregale, eine Stadt am Meer, ein Ausflug mit den Eltern an den Strand. Also ein ganz normales Leben von dem am Ende nur noch die Umarmung der Mutter bleibt.
Karin Gruß/Tobias Krejtschi: Was würdest du tun?
“Was WÜRDEst du tun?“ ist die zentrale Frage, die symbolisch über jedem Bild steht. Auf den ersten Blick sind solche Entscheidungen ja immer ganz klar, aber wenn man anfängt, nachzudenken, ob man wirklich dem Obdachlosen sein Smartphone leihen würde, ob man wirklich andere vor Cybermobbing schützt und wie man sich tatsächlich fühlen würde, wenn man hilflos wäre – dann wird es schwierig.
Obwohl Bilderbuch ist es natürlich keines, das man abends vor dem Einschlafen liest. Aber es ist ein Buch, das sich ganz wunderbar eignet für Gespräche. Auch, um zum Beispiel Probleme im Rahmen des Unterrichts anzusprechen. Die Zeichnungen sind sehr einfach gehalten, nichts lenkt vom Wesentlichen ab. Und auch der Text ist kurz und prägnant. Doch manchmal würde man sich vielleicht doch lieber auch für schwierige Themen eine Aufmachung wünschen, die das Kind nicht schon von Vornherein abschreckt. Lässt es sich aber darauf ein, dann ist es sehr eindrucksvoll zu beobachten, wie die Szenen ihm durch den Kopf gehen, wie es überlegt, sich einfühlt – und dann gilt es, schnell das Ruder wieder herumzureißen, bevor sensible Kinder wirklich traurig werden.
Dieses Buch ist typisch für Tobias Krejtschi, der sich bewusst immer wieder den schwierigen Themen zuwendet. Und auch vor dem Krieg nicht zurückschreckt. Gemeinsam mit der Autorin hat er u.a. ein Kinderbuch gemacht, das den Titel „Der rote Schuh“ trägt und das bereits preisgekrönt ist.
(3,5 / 5)
Katja Reider/Kai Pannen: Hast Du einen Vogel?
Holly ist eine kleine Vogeldame und eigentlich hat sie alles, was sie braucht: einen guten Job, ein schönes Nest und tolle Freunde. Aber wie sie halt so sind, die Mädchen aller Gattungen, ein Prinz sollte es schon sein. Aber wo ist er, der Traumvogel, der Vogel fürs Leben? Im Netz tummeln sich nur schräge Vögel, Schmutzfinken mit Meise oder Schnapsdrosseln und auch im realen Leben tut sich Holly schwer. Sucht im Süden, sucht im Schwarm und wird dabei immer unzufriedener. Und dann kommt er doch, der Richtige. Ein ganz Normaler – der Vogel fürs Leben oder doch nur für einen Tag?
Ein wirkliches Kinderbuch ist das nicht im Geringsten, auch, wenn es wie ein Bilderbuch daherkommt. „Endlich brüten statt verhüten“, solche Sätze sind schon ein bisschen strange für die abendliche Gute-Nacht-Lektüre eines Kindes. Hinzu kommt sehr viel Zweideutigkeit. Vom Himmelsstürmer, der sowieso nur abstürzt oder die Fliege macht, von Vögelmännern, die jeden Schnupfen für die Vogelgrippe halten oder von solchen, die nur auf Gänse stehen oder gar auf Küken. Ein Büchlein, um es der Freundin zu schenken, die schon lange den Richtigen sucht, aber sicher keines, das in einem Kinderzimmerregal stehen sollte. Obwohl…auch für die Freundin ist sie nicht grad motivierend, die Vorstellung, dass der Herr Traummann sich wieder verfliegen könnte, wenn er das Weibchen zum Brüten gebracht hat.
(2,0 / 5)
Anmerkung der Redaktion: :
Wir wurden wir vom Verlag darauf hingewiesen, dass dieses Buch tatsächlich nur für Erwachsene gedacht ist und dass möglicherweise wirklich die Wahl des „Outfits“ etwas ungünstig gewählt ist.
Sigrid Zeevaert: Emma ist eben doch ein Glückskind
Emma ist eben doch ein Glückskind, denn Emma hat eigentlich alles, was man sich wünscht. Eine tolle Familie, einen kleinen Hund, einen besten Freund – und plötzlich auch einen Verliebten. Oder heißt das Verlobten? Emma weiß es nicht. Sie weiß nur, dass sie und Paul heiraten werden und dass sie sieben Kinder bekommen. Natürlich darf das erst mal keiner wissen. Aber das ist Emma egal. Hauptsache, sie und Paul sind sich einig. Und Hauptsache, Paul holt sie jeden Morgen zur Schule ab. Aber plötzlich geht er lieber mit seinen Kumpels und ist überhaupt so komisch…
Diese kleine Geschichte, die sich aufgrund der Einfachheit der Worte und der Größe der Buchstaben auch sehr gut zum Selbstlesen eignet, ist wie aus dem Leben gegriffen. Denn gerade im Grundschulalter haben Freundschaften zwischen Jungs und Mädchen Pause. Das ist aus Entwicklungssicht heraus ganz einfach zu erklären, für die Betroffenen aber alles andere als einfach. Denn es ist immer einer der erste, der sich distanziert und das tut ziemlich weh.
Sigrid Zeevaert ist es gelungen, die Emotionen der Kinder einzufangen, ohne zu viel Betroffenheit aufkommen zu lassen. Ein Buch, das sich durchaus auch gut für die pädagogische Arbeit eignet.
(4,0 / 5)