Teri Terry: Mind Games

Eine Dystopie ist im Prinzip so etwas wie eine Anti-Utopie. Malt diese die Zukunft rosig, so wollen die Autoren einer Dystopie in der Regel auf heutige Missstände hinweisen, deren Folgen in der Zukunft äußerst negativ sein könnten. Teri Terry, bekannt geworden durch ihre „Gelöscht“-Trilogie, trifft bei Mind Games mal wieder den Nagel auf den Kopf. Verfeinert sie doch das auf der Kölner Gamescom ganz klar sich herauskristallisierende Spiel mit der Illusion. In Lunas Welt lässt sich kaum noch auseinanderhalten, was real ist und was virtuell. Denn im Gegensatz zu heute, wo man noch mit klobigen Brillen arbeiten muss, um Illusion zu erzeugen, wird die Zukunft mit einem eingebauten System arbeiten – vermutet Terry. Luna allerdings ist einer der wenigen Verweigerer. Ihre Mutter kam in einem Videospiel ums Leben und die gesellschaftlichen Nachteile, die Luna durch die Verweigerung hat, nimmt sie billigend in Kauf. Nicht zuletzt deswegen, weil sich die virtuellen Räume bei ihr sowieso ein bisschen anders verhalten als bei anderen. Umso verwunderter ist das Mädchen, als es von dem alles beherrschenden Unternehmen PareCo zum begehrten Einstufungstest eingeladen wird. Was steckt dahinter, welche Ziele verfolgt die Firma und warum kehrt niemand von PareCos begehrtestem Arbeitsplatz, einer einsamen Insel, zurück? Als Luna Gecko kennenlernt, lüften sich die Geheimnisse.

Dieses Buch hat absolute fünf Sterne verdient. Es ist super geschrieben, hat eine Geschichte mit Biss und einer Menge Phantasie und es ist spannend, ohne unangenehme Gänsehaut zu erzeugen. Und zwar bis zum letzten Buchstaben. Für Dystopieliebhaber ein Muss, für alle anderen eine echte Empfehlung. Vor allem für Jugendliche, denn das Buch bietet Denkansätze, ohne zu verteufeln.
5.0 Stars (5,0 / 5)

Jutta Langreuter/Silvio Neuendorf: Bist du noch mein Freund?

Knäcke und Taps haben einen kleinen, ganz versteckten Garten, in dem sie etwas anpflanzen: Salat, Radieschen und vor allem ihre heißgeliebten Erdbeeren. Doch eines Tages sind die Erdbeeren einfach verschwunden. Und der Verdacht liegt nahe. Knäcke verdächtigt Taps. Und Taps Knäcke. Die beiden sind stinksauer aufeinander und wollen nie wieder etwas miteinander zu tun haben. Doch als sie das wutentbrannt den anderen Tieren erzählen, verstehen diese das gar nicht, waren Taps und Knäcke doch immer so ein wundervolles Team. Und sie erinnern die beiden einzeln an all die schönen Erlebnisse, die sie zusammen gehabt haben, an die Erinnerungen an wundervolle Momente, die sie teilen. Als die beiden sich wieder über den Weg laufen, haben sie viel nachgedacht. Und reißen das Boot gerade noch mal in die richtige Richtung.

Streit gibt es immer wieder. Aber echte Freunde schaffen es, Prioritäten zu setzen und das Wichtige vom Unwichtigen zu unterscheiden. Und wenn es ihnen selbst nicht gelingt, dann brauchen sie andere, die sie mit der Nase darauf stoßen, dass sie im Begriff sind, einen Fehler zu machen. Solche Freunde, wie Taps und Knäcke sie haben. Eine wichtige Lehre für kleine Bilderbuchleser und ein von Coppenrath in gewohnt edler Weise aufgemachtes schönes Buch über die Freundschaft und ihre Klippen.
3.7 Stars (3,7 / 5)

Kate Brian: Shadow Lands

Hauptperson ist Rory, das Mädchen ist um die 14 und das ausgesuchte Opfer eines seit langem gesuchten Serienmörders, der bereits mehr als ein Dutzend junge Frauen auf dem Gewissen hat. Sie entkommt, indem sie ihn überrumpelt und flüchtet. Das FBI wird eingeschaltet, keiner aus der Familie darf das Haus mehr verlassen. Doch der Killer lässt sich so leicht nicht ausschalten. Er installiert Webcams, legt Rosen in ihr Zimmer – Rory flieht, gemeinsam mit ihrem Vater und ihrer Schwester im Rahmen eines Zeugenschutzprogramms auf eine unbekannte Insel. Dort fasst die Familie schnell Fuß, doch der Killer ist Rory auf den Fersen. Auch jetzt hinterlässt er wieder Spuren, entführt Rorys Schwester, wird aber von der Clique überführt. Was dann passiert, ist dermaßen unglaublich, dass man es selbst lesen muss. Dass man sich selbst verwirren lassen muss.

Die Geschichte ist aus der Ich-Perspektive von Rory, sich selten abwechselnd mit der Sicht des Mörders erzählt. Die Autorin schreibt extrem fesselnd, es ist ein Buch, das man nicht mehr aus der Hand legen kann. Zunächst arbeitet sie extrem mit dem Gruselfaktor, spannt dann aber geschickt den Bogen hin über den Krimi zum Psychothriller. Wobei der Thrill alles andere als zu kurz kommt. Es ist keines der Bücher, die man nachts mit der Taschenlampe unter der Bettdecke lesen sollte. Was man aber trotzdem tun wird.
3.9 Stars (3,9 / 5)

Antje Szillat: Flapsi Flodder, das Kellermonster

Wer hat schon Angst vor Flapsi Flodder? Leider niemand. Und genau das ist auch Flapsis Problem. Denn, wenn das kleine Monster es nicht schafft, Menschen so richtig zu erschrecken, wird es erneut durch die Monsterprüfung fallen und dann wird es mit Schimpf und Schande aus der Monsterfamilie geworfen.

Doch Leo, der Flapsi Flodder an Halloween im Keller des neuen alten Hauses gefunden hat, in das seine Eltern mit ihm gezogen sind, und Ida, die Nachbarstochter wissen Rat. Sie helfen dem kleinen Monster so richtig gruselig zu sein und finden damit einen Freund fürs Leben.

Antje Szillat ist ja fast schon ein Garant für gute Kinderbücher. Dieses hier ist ihr mal wieder besonders gut gelungen. Die Geschichte ist niedlich und einfach mal was anderes. Die Szenen, in denen keiner weiß, wer jetzt mehr Angst vor wem hat, sind dabei die besten.
4.4 Stars (4,4 / 5)

Sarah Bosse: Fass dir ein Herz, Anna

Auch hier dreht sich mal wieder alles rund um die von vielen Mädchen so heiß geliebten Pferde, aber immerhin werden diesmal keine Pferdediebe gestellt oder Stutenbissigkeiten ausgetragen. Im Gegenteil, dieses Hörspiel ist sehr einfühlsam und das sollte es bei einem so heiklen Thema auch sein. Es geht nämlich ums heilpädagogische Reiten.

Nora, Annas Cousine, hat Schreckliches hinter sich. Sie musste miterleben, wie ihre Eltern bei einem Autounfall lebensgefährlich verletzt wurden. Solange die beiden im Krankenhaus sind, kümmern sich Annas Eltern um das geschockte Mädchen, das nicht in der Lage ist, zu sprechen. Das Erlebte sitzt zu tief.

Doch mithilfe der Tiere, die auf dem Ponyhof im Mühlental leben, gelingt es, die kleine Nora wieder aus ihrer Reserve zu locken. Für Anna ist das Ganze ebenfalls nicht leicht. Sie hat größtes Mitgefühl mit dem Mädchen und ist auch gern bereit zurückzustecken, aber irgendwann wird es ihr zu bunt – denn alles dreht sich nur noch um Nora….

Anna und ihre Erlebnisse auf dem Ponyhof ihrer Eltern im Mühlental sind bereits vielen pferdebegeisterten Mädchen hinreichend bekannt. Mehrere Geschichten sind inzwischen erschienen, sowohl als Buch als auch als Hörspiel („Du schaffst das, Anna“).

Grundsätzlich ist die CD mit der etwas anderen Pferdegeschichte, an der zwölf Sprecher und Sprecherinnen beteiligt waren, gut gemacht – inklusive dem Bonustrack zum Thema „Heilpädagogisches Reiten“. Was man sich allerdings hätte sparen können, sind die musikalischen Einlagen, die nicht nur den erwachsenen Mithörern gewaltig zu schaffen machen, sondern auch die Kinder ziemlich stören.
3.4 Stars (3,4 / 5)

Katja Reider und Henrike Wilson: Joschi, der Mäuseheld

Hier handelt es sich um eines der Bilderbücher, die das Thema ‚Mut‘ in den Mittelpunkt stellen. Der kleine Mäusenachwuchs ist nämlich alles andere als tapfer und erlebt seine Abenteuer lieber mal zuhause in wilden Tagträumen.

Doch dann müssen Mama und Papa einkaufen gehen und lassen den kleinen Mäuserich alleine daheim. Zum ersten Mal. War da nicht ein Geräusch, hat es dort nicht geknackt? Joschi ist ziemlich froh, als sein bester Freund Anton vorbeikommt und zu zweit machen sie sich auf den Weg ins Abenteuer. Dabei werden die beiden innerhalb nur eines Mäusenachmittags ein ganzes Stück größer. Innerlich.

Kein außergewöhnliches, aus dem Rahmenn fallendes Bilderbuch, aber nett, sehr nett gemacht.
3.4 Stars (3,4 / 5)

Maike Moschner/Constanze Schargan: Ein Haus voller Handwerker

Die Eltern von Lena, Florian und Emma bauen ein Haus bzw. sie lassen es bauen. Von den ersten aufgestellten Mauern bis hin zum Einzug kann man die Handwerker mit einem neuen Pappbilderbuch begleiten. Und sie bei allen Arbeitsschritten beobachten.

Welche Handwerker an einem solchen Hausbau beteiligt sind, wie viele verschiedene Arbeitsgänge notwendig sind und welche Feinheiten man noch braucht, bevor man einziehen kann, können kleine Kinder hier wunderbar verfolgen. Viele Türchen und Fenster zeigen zusätzlich, was sich z.B. hinter einer Wand verbirgt, die bereits fertig verputzt ist.

Dieses schöne Bilderbuch begeistert vor allem Jungs ab etwa zwei Jahren. Es ist auch dicker Pappe und hält einiges aus.
3.9 Stars (3,9 / 5)

Marc Limoni/Günther Jakobs: Teddy Knopfauge sucht sein Zuhause

Marc Limoni ist mit „Teddy Knopfauge“ ein ausgesprochen feinfühliges Buch über wahre Freundschaft gelungen. Unterstrichen durch die ausdrucksstarken Zeichnungen von Günther Jakobs ist dieses Bilderbuch eines der ganz besonderen.

Knopfauge ist Tims Teddy und sein bester Freund. Obwohl er ziemlich abgewetzt ist und eines seiner Augen von Tims Mutter durch einen Knopf ersetzt werden musste, gibt es für Tim keinen schöneren. Durch einen dummen Zufall allerdings wird Teddy Knopfauge mit Sperrmüll verwechselt und abtransportiert. Doch einer der Müllmänner hat Mitleid mit ihm und schenkt ihn seiner Tochter. Der kleine Teddy will aber zurück zu Tim. Und er findet auch tatsächlich jemandem, der ihm da helfen kann, allerdings zu einem sehr hohen Preis….

Auch, wenn die Geschichte an sich nicht neu ist, so betrifft sie doch fast jedes Kind. Und auch die meisten Erwachsenen werden sich beim Vorlesen an das eine oder andere Kuscheltier erinnern, das sich – meist ziemlich unansehnlich – den Platz Nummer eins im Kinderherz gesichert hat. Eine Freundschaft, die oft ein Leben lang hält.
4.8 Stars (4,8 / 5)

Frances H. Burnett/Betina Gotzen-Beek: Der geheime Garten

Diese Geschichte von Frances H. Burnett ist, genau wie „Der kleine Lord“, ein Meisterstück aus der Feder der Autorin. Angesiedelt in ihrer Zeit, Ende des 19. Jahrhunderts, handelt sie von einem einsamen Mädchen, einem noch einsameren Jungen und einem Mann, der über den Verlust seiner Frau sein eigenes Kind vergisst.

Mary muss, nach dem Tod ihrer Eltern, zu ihrem Onkel ziehen. Doch der, versunken in der Trauer um seine verstorbene Frau, will nichts von ihr wissen, genauso wenig wie von seinem eigenen Sohn, dem man so lange eingeredet hat, er sei ein Krüppel, bis dieser das auch glaubte und aus Wut auf das Leben, das ihm nicht nur seine Mutter, sondern auch seine Gesundheit nahm, selbstgefällig und herschsüchtig wird – in stetem Wechsel mit unbändigem Selbstmitleid.

Mary, die selbst zunächst arrogant und hochnäsig mit ihrem Schicksal hadert, stößt eines Tages auf einen geheimen Garten. Was es mit diesem auf sich hat und wie er das Leben vieler Menschen verändert, ist in diesem zauberhaften Märchen verpackt.

Mit einer Verpackung, die sich sehen lassen kann. Wie übrigens auch die anderen Klassiker dieser Reihe, erscheint ‚Der geheime Garten‘ in einem edlen, mit Samt verzierten Einband. Die Zeichnungen von Betina Gotzen-Beek sind dem Werk entsprechend und ganz anders, als man es sonst von der Illustratorin gewohnt ist.
4.0 Stars (4,0 / 5)

Christa Wißkirchen/Bernhard Oberdieck: Als das Christkind auf die Erde kam

Bei Coppenrath ist ein Buch erschienen, das bereits von außen so richtig festlich aussieht. In roten Samt gebunden und mit goldener Glitzerschrift trägt es den Titel „Als das Christkind auf die Erde kam“. Wer bei dieser Lektüre noch keine Lust auf Weihnachten hat, dem ist diesbezüglich wahrscheinlich nicht mehr zu helfen.

Das Christkind macht sich große Sorgen. Haben die Menschen es vielleicht völlig vergessen über der ganzen Völlerei und den Einkaufsorgien? Es will persönlich nachsehen und nimmt sich lediglich ein Lehrlingsengelchen mit. Unten auf der Erde ist das Christkind zufrieden, es gibt Krippenspiele und Plätzchenduft, es gibt Wünsche, die man nicht kaufen kann und es gibt Menschen, die sich viel Mühe damit machen, jemandem eine Freude zu bereiten. Die Engel können also beruhigt sein.

Dieses Kinderbuch hat einen etwas altmodischen Charakter. Aber genau das macht seinen Charme aus. Es ist in Reimen geschrieben und mit Bildern versehen, die man genau so in den Bilderbüchern unserer eigenen Großmütter finden konnte. Und exakt das macht das Buch so reizvoll – es hat was von Tradition und ist feierlich, wie es sich für ein Christkind gehört.
3.2 Stars (3,2 / 5)