Guillermo del Toro: The Shape of Water

Wir Menschen glauben immer besser zu sein als die anderen Wesen. Wir glauben sie zu kennen, das Recht zu haben, sie zu erforschen. Und zu quälen. Doch nicht jeder will das hinnehmen. Elisa jedenfalls kann es nicht, als sie merkt, wer im Labor, in dem sie putzt, gefangen gehalten wird. Grausam gefangen gehalten wird. Es ist ein Wesen, halb Mann, halb Amphibie und es hat Gefühle. Die beiden nähern sich an, heimlich. Nicht einmal Elisas beste und einzige Freunde wissen davon, spüren nur, dass etwas nicht stimmt mit ihrer Freundin. Der Frau, für die Schuhe Freiheit bedeuten und die nicht auf herkömmliche Weise sprechen kann.
Als sich die Situation im Labortrakt F-1 zuspitzt, beschließt Elisa, alles zu riskieren, um die Liebe ihres Lebens zu retten.

Kitschig, mag man zuerst denken. Aber kitschig ist dieses Buch überhaupt nicht. Stattdessen zeichnet es spannende Psychogramme der einzelnen Protagonisten, führt Stränge zusammen und öffnet Fantasie-Tore. Das hat auch Hollywood bemerkt und die Geschichte verfilmt.

Dani Atkins: Sieben Tage voller Wunder

Hannah steckt in einer Liebes- und Lebenskrise, die sie versucht, bei ihrer Schwester in Kanada zu bewältigen. Als sie zurück nach Hause fliegt, ist sie zwar immer noch nicht schlauer – aber immerhin schon wieder zu einem kleinen Flirt bereit. Er schaut ja auch zu gut aus, dieser Mann, der ihr auf dem Flughafengelände immer wieder auffällt. Doch leider verliert sie ihn aus den Augen. Ihr Sitzplatz im Flieger ist alles andere als optimal – eingekeilt zwischen einem Kleinkind und einem ziemlich übergewichtigen Mann – und das Personal hat Mitleid mit ihr. Aufgrund von Verspätungen sind einige Plätze im hinteren Bereich des Fliegers frei geblieben und sie darf sich dort hinsetzen. Wo sie auch den charmanten, gut aussehenden Mann wiedertrifft und zwar genau in dem Moment, in dem das Flugzeug in heftige Turbulenzen gerät.
Sie stürzen ab und sind, zumindest da, wo sie gelandet sind, die einzigen Überlebenden – in einer einsamen Wildnis ohne große Hoffnung, schnell gefunden zu werden. Die beiden müssen sich durchbeißen und Logan wird eine Riesenstütze für Hannah. Er motiviert sie, wenn sie kurz davor ist aufzugeben, er weiß, wie man Feuer macht und Wölfe verscheucht – doch als die Rettung naht, ist er nicht aufzufinden …

Dieser Roman ist ein echter Dani Atkins. Es ist genau diese Art von Geschichte, die nur wenige Autoren hinbekommen: die richtige Story, Wendungen, die nicht nur einmal, sondern gleich mehrmals mit einem U-Turn überraschen und eine Schreibweise, die einen sofort, ab der ersten Seite in den Bann zieht. Ähnlich des Debüts der Autorin sollten dieses Buch all diejenigen lesen, die es mögen, wenn sich die Achsen ihrer Welt verschieben.
5.0 Stars (5,0 / 5)

Dani Atkins: Der Klang deines Lächelns

Charlotte hat schon fast ihr ganzes Leben lang Angst vor Ally. Ally, die erste Liebe ihres Mannes David, die Frau, die dieser nie vergessen konnte und die, so hat sie es empfunden, immer wie ein drohendes Damoklesschwert über ihrer Beziehung schwebte. Doch irgendwann war Ally verdrängt, lebte Charlotte ihr glamouröses Leben mit David. Nur getrübt von der Tatsache, dass sie das Kind, das sie sich so sehr von ihm wünschte, wohl nie bekommen würde. Charlotte kompensiert die Traurigkeit darüber mit Arbeit und das funktioniert bis genau zu dem Moment, in dem Davids Herz versagt und er auf der Intensivstation liegt. Einer Intensivstation, auf der noch ein weiterer Mann um sein Leben kämpft: Joe. Allys Ehemann und Vater eines kleinen Jungen.
Das Wiedersehen der beiden Frauen unter so bedrückenden Umständen lässt beide erst vorsichtig umeinander herumtänzeln. Doch im Verlauf der schrecklichen Stunden des Wartens kommen sich die beiden ehemaligen Freundinnen wieder näher. In kleinen, eingeschobenen Rückblicken, wird der Leser über die Szenen im Leben der beiden informiert, die zu dem geführt haben, was heute ist.
Joe, der, selbstlos wie er immer schon war, einen kleinen Jungen und dessen Hund vor dem Ertrinken gerettet hat, wird darüber sein eigenes Leben verlieren. Als das klar ist, muss Ally eine wichtige Entscheidung treffen und es ist nicht zuletzt ihr Sohn, der den Ausschlag dafür gibt, das Richtige zu tun.
Die Momente in dem Krankenzimmer, in denen die Familie gezwungen ist, sich von einem geliebten Menschen, dem Sohn, dem Mann und vor allem auch dem Vater zu verabschieden, sind so rührend und zu Herzen gehend, dass nur ein Stein den Tränen widerstehen könnte. Dani Atkins ist es wieder einmal gelungen, ein Buch zu schreiben, das man kaum aus der Hand legen möchte. Das einen regelrecht dazu zwingt, sich mit seinen Gefühlen auseinanderzusetzen und das das dringende Bedürfnis auslöst, sofort zu seinen Kindern zu laufen und diese fest in die Arme zu schließen.
Die Autorin, 1958 geboren, lebt in Hertfordshire. „Der Klang deines Lächelns“ reiht sich perfekt ein in die bereits von ihr erschienenen Romane. Denn sowohl „Die Achse meiner Welt“ als auch „Die Nacht schreibt uns neu“ sind Bücher, die zu Herzen gehen. Und das, ohne auch nur einen Moment kitschig zu werden.
4.0 Stars (4,0 / 5)

Nina George: das Traumbuch

Der Kriegsreporter Henri liegt im Koma. Auf dem Weg zu seinem Sohn, den er nie zuvor gesehen hat, ist es passiert und genau dieser Sohn sitzt nun täglich an seinem Bett. Gemeinsam mit Eddie, der Frau, die Henri eigentlich liebt und die ihn liebt, was sie sich vorher nur beide nie eingestanden. Es ist kompliziert, das Geflecht um dem Synästhetiker Sam, die feinfühlige Eddie, das Mädchen Maddy und all die anderen Charaktere, die mehr oder weniger im Leben Henris oder drumherum eine ausschlaggebende Rolle spielen. Letztendlich dreht sich der Roman darum, dass die kleinsten Entscheidungen eines einzelnen im Leben zahlreiche andere Leben positiv oder negativ beeinflussen können. Klingt vielleicht nicht spektakulär, ist es aber. Denn was Henri in seinem Wachkoma erlebt, wie er zwischen den Welten hin- und herkatapultiert wird, wie Sam ihn spüren kann und keiner ihm glaubt, bis auf Eddie, die einfach glauben will…all das ist dermaßen gut in Worte gepackt, dass man das Ende nur tränenreich überstehen kann. Ein Buch, das mal wieder so richtig ans Eingemachte geht. Den Leser mit seinen Ängsten genauso konfrontiert wie mit seinen Hoffnungen. Und das sich dem Thema Koma sehr einfühlsam nähert. Höchst empfehlenswert und mit Sicherheit eines der Besten der Saison. Sozusagen ein Traum von einem Buch, dieses „Traumbuch“.
5.0 Stars (5,0 / 5)

Maya Shetreat-Klein: Darm heilt Hirn heilt Körper

Eigentlich ist sie Neurologin, aber sie hat sich auf Ernährung spezialisiert: Dr. Maya Shetreat-Klein findet es nicht gut, dass man Kindern, die zum Beispiel Verhaltensauffälligkeiten zeigen, Medikamente verschreibt, statt sich erst einmal anzusehen, wie sie sich ernähren. In ihrem Buch erklärt sie, wie die heutige Anbauweise, wie Gentechnik und Zusatzstoffe die Maschine Körper mitsamt Geist zum Stolpern bringen, wie man lernt, auf den Körper zu hören und welche Rolle Keime spielen.
Sie ist nicht die erste, die erkannt hat, dass Bakterien, Viren, selbst Parasiten und Pilze etwas mit unserer Gesundheit zu tun haben und der Darm unsere eigentliche Steuerzentrale ist. Aber sie schreibt so, dass jeder es verstehen kann. Bringt Beispiele und Rezepte, Anleitungen für das gemeinsame Essen und Tipps, wie man mit Situationen umgehen kann, in denen ungesunde Nahrungsmittel kaum umgänglich sind. Obwohl bezweifelt werden darf, dass ein normales Kind an einem Kindergeburtstag den Kuchen ausschlagen wird und sich stattdessen die mitgebrachten Algen, Ingwerstückchen und Süßkartoffelchips zugute führen wird.
Grundsätzlich hat diesen Buch einen guten Ansatz und nimmt man das Übertriebene und Alltagsferne nicht ganz so ernst beim Lesen, dann kann man einiges dazulernen und vielleicht doch das eine oder andere in seinen Alltag integrieren.
2.9 Stars (2,9 / 5)

Susanna Ernst: Immer wenn es Sterne regnet

Diese Geschichte ist ganz typisch für Susanna Ernst. Sie trifft einen netten, unterhaltsamen Ton, verwebt mehrere Stränge miteinander, bringt die Liebe ins Spiel und ein bisschen Geheimnis. Fertig.

Auch hier begegnen sich direkt oder indirekt verschiedene Menschen, zum Teil sogar aus verschiedenen Epochen. Da ist zum einen Adam, wir schreiben das Jahr 1927 und er schreibt entsprechend schwülstige Liebesbriefe an seine Gracey. Und da ist das Hier und Jetzt, in dem der Anwalt Jeremy nicht weiß, was er angeben soll, weil seine Ex nicht aus der Wohnung auszieht und zum anderen Mary, die bei einem sehr geheimnisvollen Trödelhändler einen alten Sekretär ergattert. Inklusive Adams Briefen. Mary geht der Liebe des ungleichen Paars Adam und Gracey auf die Spur und findet dabei Lösungen für sich selbst. Und irgendwie auch für Jeremy.

Ein bisschen verwirrend ist der häufige Wechsel der Erzählposition, aber bringt auch das für die jeweiligen Personen notwendige Verständnis des Lesers.
3.0 Stars (3,0 / 5)

Sophie Seeberg: Die Schanin hat nur schwere Knochen

Sophie Seeberg ist Diplom-Psychologin und Gerichtsgutachterin und das Buch mit dem schwer lesbaren Titel ist bereits ihr zweites Werk über das, was sie täglich mit ihrer Arbeit erlebt. Dabei will sie sich keinesfalls lustig machen – dazu sind viele der Geschichten auch viel zu tragisch – aber sie versucht, mithilfe von Humor das zu verarbeiten, was sie täglich erlebt. Auch an Schrecklichem. Und da sie einen schönen Schreibstil hat, macht sie das in Form von Büchern.

Darin beschreibt sie ihre skurrilsten Erlebnisse, manchmal sicher auch reichlich überzogen, aber nie respektlos. Sie erinnert sich an ihre ersten Termine, an ihre Hilflosigkeit und sinnlose Versuche, anderen Chancen zu geben. Sie erinnert sich aber auch an liebevolle Menschen, die irgendwie die Kurve nicht kratzen können und sie prangert Kollegen an, die das Klischee der bösen Frau vom Amt durch und durch erfüllen -ähnlich der Prusseliese aus Pippi Langstrumpf. So wie in der Geschichte des vom Schicksal gebeutelten Herrn Sondermanns. In der sie am Schluss zugibt, dass sie sich zwar ein wenig unprofessionell verhalten hat, dies aber trotzdem schön fand.

Ein Buch, das einen staunen lässt über all die wahr gewordenen Klischees, das einen schmunzeln lässt über die Dummheit mancher und das einen fassungslos zurücklässt über die Entscheidungen mancher Richter. Ein Sachbuch der ganz anderen Art. An dem man eigentlich nur zwei Sachen kritisieren kann: Erstens kann man es nicht am Stück, sondern muss es auf Etappen lesen, denn sonst wird es irgendwie langweilig und zweitens ist die Umschlaggestaltung absolut kontraproduktiv.
3.7 Stars (3,7 / 5)

Anna Stein: Fräulein Kubitschek pfeift auf die Liebe

Ein Mann hat gut auszusehen, muss lecker riechen, möglichst gebunden und vor allem am nächsten Morgen verschwunden sein. Und wenn er das nicht freiwillig tut, dann wird eben nachgeholfen: mit einem kleinen, aber feinen Appell an die Heiligkeit der Familie. So sieht das Fräulein Charlotte Kubitschek, die ihr Geld bei der Drogerie Pinkemann verdient und im Privatleben gegen einen Immobilienhai kämpft, der ihr, der alten Schachtel von unten und Juri, einem Ladenbesitzer, das Zuhause zerstören will. Um ihm eins auszuwischen, verschwören sich die drei miteinander und das bringt reichlich Trubel vor allem in Elises Leben, die mit ihren über 90 Jahren eigentlich schon recht zufrieden damit war, sich um ihre Katze Frau Schmidt zu kümmern und den Rest des Tages Kirschlikör zu schnabulieren, alten Zeiten nachzutrauern und an Charlotte herumzumeckern.

Eine Geschichte, die sehr leicht beginnt. Man glaubt bereits nach wenigen Seiten zu wissen, was auf einen zukommt. Doch weit gefehlt. Denn der Roman nimmt eine Wendung, mit der man nicht gerechnet hat, schlägt fast schon aus dem Hinterhalt zu und erklärt damit, dass Menschen wie Charlotte, die keine Liebe zulassen, einfach immer nur zutiefst verletzt sind.

Ein großartiges Buch, eine perfekte Sommerlektüre und vor allem: ein gelungenes Debüt.
4.8 Stars (4,8 / 5)

Ivonne Keller: Lügentanz

Michaela Michaelsen hat immer wieder Erinnerungs-Aussetzer. Nicht in der Form, dass sie ihren Schlüssel nicht findet, oder sich nicht an die Farbe des Abschlussballkleides erinnert. Die Folgen sind viel gravierender. Zum Beispiel dann, wenn sie sich nicht im Geringsten daran erinnern kann, dass die Lehrerin ihrer Tochter von der Klassenfahrt angerufen hat, um ihr von deren Unfall zu berichten. Oder sie glaubt, ihr Mann habe ihr mitgeteilt, sich trennen zu wollen, obwohl er sich nach wie vor ganz normal zu verhalten scheint. Ist sie verrückt? Spielt er ein böses Spiel mit ihr? Michaela braucht Abstand und nimmt sich eine Auszeit. Dazu übernimmt sie den Job eines Wohnungssitters und trifft in diesem Zusammenhang neben dem Hund Pim zwei Menschen, die bald eine große Rolle in ihrem Leben spielen werden: Lena und Jan. Wobei Lena dabei deutlich der interessantere Charakter ist. Und im Verlauf der Geschichte auch die interessantere Rolle spielt: Denn Lena übernimmt Michaelas Part, bei Mann und Kind…literarischer Sprengstoff sozusagen.

Ivonne Keller, die früher unter dem Pseudonym Jule Engels veröffentlichte, hat sich in letzter Zeit auf ernstere Themen spezialisiert. Hirngespenster ist hier das beste Beispiel dafür. Aber auch ihr Lügentanz lässt keine Langeweile aufkommen. Die sich anbahnende Freundschaft zwischen Lena und Michaela, zwei Frauen, die unterschiedlicher nicht sein könnten, die Spurensuche nach dem Grund für die Erinnerungslücken und deren Auflösung – keines der Bücher, die man nie mehr aus der Hand legen möchte. Aber eines von denen, die einem noch eine Weile im Kopf bleiben.
3.5 Stars (3,5 / 5)

Gernot Gricksch: Die Bank der kleinen Wunder

Es sind die kleinen Geschichten, die das Leben schreibt, die uns am meisten zu Herzen gehen. Sie wie die Geschichte einer unscheinbaren Parkbank, die zur Klaviatur des Lebens zu gehören scheint. Ein Supermodel, ein Mann, der seine große Liebe über Jahrzehnte in sich verschließt, eine junge Frau, die wie durch ein Wunder vor dem sicheren Tod bewahrt wird oder ein Großstadtsingle, der von heute auf morgen zum Vater wird – all diese Lebensgeschichten sind auf faszinierende und Griksch-typische Weise miteinander verbunden. Kitschig wird er nie, gefühlvoll schon.

Gernot Griksch ist ein inzwischen häufig verfilmter Autor. Wotan Wilke Möhring, Hauptdarsteller seines letzten Films, schwört auf ihn und seinen Stoff. Wobei „Die Bank der kleinen Wunder“ ganz sicher bisher zu seinen besten Büchern zählt. Und das will etwas heißen.

Eine Neuauflage mit einigen Geschichten-Extras und einem deutlich besseren Cover.
5.0 Stars (5,0 / 5)