Nikolai Popov: Warum?

Dieses Kinderbuch ist nicht neu, nur neu aufgelegt – aber leider trotzdem tagesaktuell. Der als jähzornig geltende Kim Jong Un spielt ein bisschen mit Atomwaffen, Boko Haram wütet nicht nur in Nigeria, die Ukraine wird gebeutelt, der Terror des IS steht bei uns vor der Tür… es gibt kaum ein Kind mehr in den deutschen Großstädten, das nicht eines kennt, das flüchten musste. Unsere Besorgnis überträgt sich auf die Kinder, die Nachrichten sind manchmal kaum zu ertragen und erschrecken immer wieder zwischen fröhlichem Geplapper aus Radio und Fernsehen. Das Thema Krieg kann nicht totgeschwiegen werden, die Kinder bekommen es mit, ob man will oder nicht.

Es gibt zahlreiche Kinderbücher für jedes Alter, die sich auf ihre Weise mit dem Thema beschäftigen. Und dabei helfen wollen, Gehörtes und Gesehenes zu verarbeiten. Von Claude Dubois „Akim rennt“, das man bereits mit Sechsjährigen lesen kann bis zu „Als Hitler das rosa Kaninchen stahl“, das man frühestens ab zwölf lesen sollte. Auch bei Minedition hat man sich mit dem Thema auseinandergesetzt und ein Buch mit dem Titel „Warum?“ herausgebracht, das vor allem durch seine Bilder lebt. Es erklärt auf ganz einfache Weise, wie ein klassischer Krieg entsteht und dass man schon im Kleinen viel verhindern könnte. Frei nach Ottfried Preußlers Motto: „Mit Mut und Entschlossenheit lässt sich manches gegen Gewalt und Willkür bewirken auf dieser Welt – übrigens auch im Frieden.“

Nikolai Popov arbeitet mit den Farben, lässt ihnen den Vortritt. Leicht und beschwingt beginnen die Zeichnungen, zunehmend wird es düsterer und dunkler. Gewalt und die erzeugte Gegengewalt, der Hass und die Wut – die Farben, die man damit in Verbindung bringt, nehmen immer mehr überhand. Ein Buch mit einem eigentlich traurigen Ende, aber auch hier ist „eigentlich“ wieder eine Einschränkung, denn Popov lässt es seinen kleinen tierischen Hauptfiguren offen, es in Zukunft besser zu machen. Die Gewaltspirale zu unterbrechen. Und so langfristig für Frieden zu sorgen. Schwer einzuschätzen, ab welchem Alter ein solches Buch verwendet werden sollte – hier hängt es stark vom Entwicklungsstand des Kindes und vor allem von seinen Fragen ab. Denn gerade ein Buch wie „Warum?“ eignet sich, um Unverständliches ein wenig besser zu „begreifen“. Antworten kann es auch nicht liefern.

„Warum?“ ist eines der Bilderbücher, die man auch Älteren nahelegen kann. Als Anregung für Diskussionen zum Beispiel im Schulunterricht, aber auch als Symbol der ausgestreckten Hand nach einem Streit.

3.2 Stars (3,2 / 5)

Jedermann für jedes Kind

Hugo von Hofmannsthal, sein Jedermann und die Stadt Salzburg sind eng miteinander verbunden. Für uns Erwachsene. Kindern ist der Jedermann in der Regel fremd. Und das auch, weil er so ist, wie sie nie sind. Habgierig, selbstbezogen, geldgeil und egoistisch. Doch als der Tod kommt, wird ihm das klar, dem Jedermann, der so ist wie irgendwie jeder Mann, und im letzten Moment kommt er zur Besinnung. Die Gestalt der Guten Werke hilft ihm dabei und rettet ihn so vor dem Fegefeuer.

Es ist eine harte Kost, die Kindern hier von Werner Thuswaldner nacherzählt wird. Auch die Illustrationen von Julian Crouch – die auf einer Produktion der Salzburger Festspiele basieren – sind nicht gerade gefällig. Aber der Text ist leicht verständlich und der Inhalt jedem Kind sofort klar. Wer so handelt und denkt wie der Jedermann, der kann von Glück sagen, wenn so eine kindliche Gestalt daherkommt und ihn belehrt. Das ist irgendwie wie im richtigen Leben. Denn wer Kinder hat, dem wird klar, was wirklich wichtig ist im Leben!

Ein sehr schönes und zartes Heranführen an ein Werk wie dieses. Allerdings sicher nicht für jedes Kind geeignet. Dafür aber mit Sicherheit für jeden kulturbegeisterten Erwachsenen.
3.9 Stars (3,9 / 5)

Möge der Witz mit Dir sein

Nachdem gerade erst die Kindergartenkinder und Grundschüler in Sachen Star Wars dran waren, kommen jetzt mal die Erwachsenen. Möge der Witz mit Dir sein zeigt Cartoons von der dunklen Seite der Macht. Verschiedene Zeichner wie Denis Metz, der Nürnberger Cartoonist Gymmick oder Tobias Schülert haben sich zusammengetan und sich Gedanken gemacht über Mülltrennung auf dem Todesstern, Laserschwertbatterien, Stressbewältigung à la Darth Vader und Ewok-Toiletten. Dass die vielen männlichen und wenigen weiblichen Zeichner Meister Yoda und Herrn Vader nicht abgeneigt sind, versteht sich irgendwie von selbst.

Der Herausgeber Michael Holtschulte, Jahrgang 1979, arbeitet als Cartoonist für zahlreiche Zeitungen und Magazine (u.a. für Süddeutsche Zeitung, TAZ, Titanic und den Stern). Vor drei Jahren wurde er mit dem Publikumspreis des Deutschen Preises für die politische Karikatur ausgezeichnet, im vergangenen Jahr mit dem des Deutschen Karikaturenpreises.

Für Star Wars Fans ist dieses Buch ein schönes Mitbringsel, für die Liebhaber leicht bis mittelmäßig schwarzer Cartoons ebenso. Für alle anderen eher bedingt witzig.
2.0 Stars (2,0 / 5)

tiptoi® Star Wars(TM) Episode I-VI

Noch cooler geht es kaum: StarWars für Anfänger und Profis als Tiptoi-Buch. Kindgerecht aufbereitet erfährt man viel über die Handlung und ihre Hintergründe, über die wichtigsten Figuren und das Ganze mit den Originalstimmen.

Filmszenen aus den sechs Episoden ermöglichen es, wie live dabei zu sein und mit Anakin Skywalker, dem Hohen Rat der Jedi und Meister Joda und seinen besonnenen Entscheidungen das Imperium mitzuerleben.

Mithilfe der Geräusche und Bilder aus den Filmen taucht man in das galaktische StarWars- Imperium ein. Das optimale Geschenk für kleine Schulanfänger, die ja schließlich auf ihre Art auch große Helden sind. Ohne Laserschwert, dafür mit Schultüte. Möge die Macht mit ihnen sein! Und mit einem Autor, der aus der Kinderbuchwelt nicht mehr wegzudenken ist: THiLO.

„Es hat wahnsinnig Spaß gemacht, meine Kinder nach dem Mittagessen abzuwimmeln: ‚Nein, ich kann leider nicht Vokabeln abhören, ich muss leider, leider StarWars schauen!’Tja, das war mein Los über Wochen und Monate. Alle sechs Episoden rauf und runter schauen. Die besten Bilder für das Buch aussuchen. Die passenden Original-Töne finden. Die bekanntesten Zitate mussten auch ins Buch. Und dann noch die komplette Geschichte – bisher – zusammenfassen.“

Kein Problem für jemanden, bei dem Riesen, Zwerge, Hexen, Feen, sprechende Koffer, Monster und Ritter sich nur so auf dem Schreibtisch tummeln. Und dessen Bücher mit einer Auflage von über drei Millionen in zwanzig Sprachen übersetzt wurden.
5.0 Stars (5,0 / 5)

Hans Christian Andersen: Die Schneekönigin

Es ist einer der wahren Klassiker, geschrieben von einem der wahren Meister: Die Schneekönigin verliert nie an Bedeutung und auch nie an Aktualität. Eines Tages zerbricht den Teufeln ein Spiegel und seine Splitter, überall verteilt auf der Erde, bringen böse und misstrauische Gedanken in die Herzen derer, die von ihnen erwischt werden. Eines Tages bekommt auch Kay Splitter ab. Einen ins Auge und einen direkt ins Herz. Er wird kalt, verändert sich total. Aber Gerda, seine Freundin, mag ihn trotzdem. Als Kay eines Tages wie vom Erdboden verschluckt ist, versucht sie ihn zu finden. Doch der Junge wurde von der Schneekönigin geraubt, von ihr in ihr eiskaltes Schloss entführt und Gerda muss einen langen und beschwerlichen Weg durch ihre Kindheit auf sich nehmen, bis sie in der Lage ist, ihren Freund zu befreien.
Gerda ist gut. Und deswegen findet sie auch immer jemanden, der ihr hilft. Und genau deswegen siegt sie letztendlich auch über die Kälte und kann Kay befreien. Da sie beide nach dieser langen Reise der Veränderung keine Kinder mehr sind, kommt es, wie es kommen muss.

Dieses Exemplar von Minedition ist besonders schön. Die Zeichnungen von Yana Sedova sind nicht unbedingt immer auf den ersten Blick kindgerecht, aber sie sind ausgezeichnet, wirken wie Träume.
3.9 Stars (3,9 / 5)

Rick Kirkman/Jerry Scott: Attacke aus dem Kinderzimmer

Eltern von drei und mehr Kindern, die Baby Blues nicht kennen, haben einen großen Erleichterungsfaktor in ihrem Leben verpasst. Denn nichts ist beruhigender als die Tatsache, dass es anderen genauso und zwar ganz genauso geht wie einem selbst. Egal, ob in Amerika oder hier bei uns. Elterliche Privatsphäre ist etwas, von dem Kinder jahrelang denken, es sei komplett überbewertet. Beziehungsweise überhaupt nicht vorhanden. Der reine Wunsch: strafbar. Diese Erfahrung machen auch Babs und Paul, deren drei Racker langsam in das Alter kommen, in dem man wirklich keine ruhige Minute mehr zu haben scheint. Zumindest nicht gemeinsam. Die sich durch die Baby Blues-Bücher wie durchs wahre Leben ziehende kinderbedingte Demenz bei Babs, Jungs, die keine Gute-Nacht-Küsse mehr verteilen wollen und die Frage, wer darf rülpsen und wer nicht sind nur Teile eines wieder einmal gut gelungenen amüsanten Ganzen.

Die unverkennbaren Zeichnungen, der Witz, der sich oft nur Eingeweihten wirklich erschließt und die Möglichkeit, dieses Buch jederzeit weglegen zu können, wenn jemand nach einem schreit – und zwar, ohne später stundenlang nach dem Anschluss zu suchen, machen auch dieses Comic wieder aus.

Es ist nicht eines der besten Bücher aus der Reihe, aber die Tatsache, dass es sich hier bereits um Band 16 handelt, zeigt trotzdem, wie wenig oder positiv betrachtet, wie viel Eltern zu lachen haben.
3.8 Stars (3,8 / 5)

David McKee: Sechs Männer

Diese eindrucksvolle Geschichte, der es gelingt, schon kleinen Kindern den Ursprung von Kriegen zu erklären, zeigt, wie aus sechs friedlichen Männern in Nullkommnix sechs feindlich eingestellte Kriegsherren werden. Und immer geht es um Macht, Geld und Missverständnisse. Die Zeichnungen wirken in ihrer Art fast unschuldig, wie von Kinderhand gezeichnet stolzieren die kleinen Männchen durch das Buch und landen am Schluss genau da, wo sie hergekommen sind: auf der Suche nach einem Ort, wo sie in Frieden leben und arbeiten können.

Aktueller könnte das Buch kaum sein. Es reiht sich ein in eine ganze Anzahl von Büchern, die versuchen, den Krieg zu erklären. Keines der Lieblingsthemen von Kinderbuchautoren, aber teilweise extrem gut gelungen. Wie zum Beispiel auch „Rosa Weiß“, „Der rote Schuh“ oder „Akim rennt“.
3.4 Stars (3,4 / 5)

Peter Brown: Der neugierige Garten

Es war einmal eine Stadt ohne Gärten, ohne Bäume, ja gänzlich ohne das kleinste bisschen Grün – so beginnt die Geschichte eines kleinen Jungen, der liebend gerne draußen war. Liam erforschte bei jedem Wetter seine Umwelt und fand bei einer seiner Exkursionen ein kleines bisschen, verdorrtes Grün. Noch unerfahren aber voller Tatendrang versucht er es zu pflegen und auch, wenn die Pflanzen ein bisschen darunter leiden müssen, sie wissen es zu schätzen. Über kurz oder lang breitet sich das Grün dankbar und auch neugierig aus und es findet mehr und mehr Gärtner. Jahre später blüht die ganze Stadt.

Dieses Bilderbuch erinnert sehr an Hokuspokus Blumibus. Aber es ist, das muss man zugeben, noch deutlich schöner. Das beginnt bereits auf der taktilen Ebene, denn es ist mit bedrucktem Stoff eingebunden. Ein echtes Erlebnis für die Sinne. Zum Hören, Sehen und Fühlen.
5.0 Stars (5,0 / 5)

Anne-Gaelle Balpe/Eve Tharlet: Der rote Faden

Oli hat einen roten Faden gefunden. Doch der Wind weht stark und reißt dem Jungen den Faden aus der Hand, direkt in ein Vogelnest. Zur Freude der Vogelmutter, denn das war genau das Bauteil, das ihr noch gefehlt hat. Sie gibt Oli dafür zwei Federn und die wiederum werden dringend von der Ameise gebraucht. Letztendlich landet der Faden wieder da, wo er schon anfangs hinwollte. Doch diese kleine Reise zeigt spielerisch und ohne erhobenen Zeigefinger, dass Geben seliger ist denn Nehmen.

Es ist bereits das zweite Buch über den ‚Bonhomme‘, übersetzt kleiner Kerl bzw. Strichmännchen. Und seine selbstlose Art, mit der er ganz wunderbar und voller Vertrauen durchs Leben kommt. Anne-Gaelle Balpe und Eve Tharlet ist ein Bilderbuch gelungen, das nicht nur durch seine kleine, aber feine Geschichte lebt, sondern vor allem durch die hübschen Zeichnungen in der ganz typischen Eve-Tharlet-Art. Ein Buch, das für Minedition wie geschaffen ist. Mal sehen, was nach dem blauen Stein und dem roten Faden als nächstes auf der Farbskala dran ist. 4.1 Stars (4,1 / 5)

Soheyla Sadr: Anne und Pfirsich oder: Wo unsere Seele zu Hause ist

Dieses Bilderbuch ist kein leichter Tobak. Es handelt von der Seele, ein Begriff, den wir Erwachsenen kaum verstehen und von dem es fast unmöglich ist, ihn Kindern nahe zu bringen. Aber es kann gelingen und mit Unterstützung dieses Werks aus der Feder von Soheyla Sadr noch vertieft werden.

Anne ist ein kleines Mädchen und Pfirsich ihre Oma, deren Haut so weich und schrumpelig ist wie die besagte Frucht. Wenn Oma philosophiert, dann beginnt sie immer mit den gleichen Worten: An und für sich… – Anne und Pfirsich.

Oma erzählt Anne vom Lichtergarten, den sie in sich trägt. Davon, wie dieser verdorren kann, dass es dort auch regnen und donnern kann und wie man ihn jederzeit wieder zum Blühen bringt. Von meditativen Momenten, von der Wichtigkeit, auch mit sich selbst allein sein zu können. Und dann bäckt die lebensweise alte Frau mit dem Kind einen Kuchen, sie singen Lieder und spielen mit der Katze. Und düngen mit all diesen schönen Erlebnissen ihren Lichtergarten.

Dieses Buch ist zauberhaft. Die Zeichnungen Soheyla Sadrs sind dem Thema entsprechend, einziger Kritikpunkt: die Sprache. Sie ist sehr erwachsen, wenig kindgerecht. Und doch hören schon Vierjährige, gerade dann, wenn sie mit diesem Thema vertraut sind, fasziniert zu. Kein Bilderbuch für mal eben zwischendurch, aber eines mit tröstendem Charakter, das sich für viele Situationen – unter anderem zum Beispiel auch für einen Gottesdienst – verwenden lässt.
4.0 Stars (4,0 / 5)