Matthias Sodtke: Die Geschichte, wie Nulli und Priesemut Freunde wurden

Nulli und Priesemut gehören zu der ‚Sendung mit der Maus‘ wie die Maus selbst. Ihre Geschichten gibt es auch als Bilderbücher in allen möglichen Formaten – inklusive einem für die Handtasche (und zwar in gebundener Form). Das Neueste aus dem Hause von Hase und Frosch erzählt in Form von Oma Bär über die Anfänge der Geschichte. Wie zwei einsame Lebewesen sich nach einem Freund sehnen, irgendwie zu niemand passen und sich sicher sind, dass das Leben noch ein bisschen mehr Spaß machen könnte, wenn man nicht alleine wäre. Was sie dann ja auch bestätigt bekommen.

Das Buch unterstreicht die jeweiligen Typen der beiden. Die wie immer charakteristischen Zeichnungen von Helmut Kollars mit ihren ausgefallenen Details, die man erst auf den zweiten Blick erkennt, machen es bunt und fröhlich und die Sprache ist auch diesmal wieder perfekt zum Vorlesen geeignet.

Was allerdings verwundert, ist, dass sich Matthias Sodtke – ganz entgegen seiner sonstigen Art – nicht viel Mühe gegeben zu haben scheint beim Aufbau seiner Geschichte. Es hätte sich so schön angeboten, Priesemut erst einmal aus einer Kaulquappe entstehen zu lassen – aber diese Möglichkeit hat der Autor leider verstreichen lassen. Stattdessen werden die Kaulquappen zu Randfiguren degradiert. Schade.
3.4 Stars (3,4 / 5)

Selma Lagerlöf: Nils Holgerssons wunderbare Reise durch Schweden

„Es war einmal ein Junge. Er war vielleicht vierzehn Jahre alt, lang und schlacksig und flachshaarig. Viel taugte er nicht: Am liebsten schlief oder aß er, am zweitliebsten trieb er Unfug.“ So beginnt eines der berühmtesten Kinderbücher der Welt, neu herausgeben von „Die Andere Bibliothek“, einem Garant für schöne und lesenswerte Bücher. Das Besondere am Besonderen hier: Denn zum ersten Mal liegt dieser Weltbestsellererfolg auf Deutsch in der vollständigen Übertragung der Erstausgabe von 1906/1907 vor. Wobei sich dem geneigten Leser ziemlich schnell erschließt, dass in den bisherigen Übersetzungen teilweise, so der Verlag, „skandalös“ gekürzt wurde.

Jetzt also kann er reisen mit den Wildgänsen, der kleine Nils Holgersson, geschaffen von der Literaturpreisträgerin Selma Lagerlöf, kann seine Abenteuer als Däumling erleben und seine wunderbare und spannende Reise durch Schweden und zum eigenen Ich.
4.0 Stars (4,0 / 5)

Joachim Friedrich: Die furchtlosen zwei von Bahnsteig 3

Billy und sein bester Kumpel Pommes, der seinen Spitznamen nicht von ungefähr hat, sind Tauben und leben auf Bahnsteig 3. Gemeinsam mit ihrer Gang und ihrem Boss. Das allerdings gefällt dem Bahnhofswärter gar nicht und er versucht mit allen Mitteln, die Viecher zu vertreiben. Eines Tages gelingt es ihm, alle Tauben sind auf einen Schlag verschwunden – entführt. Doch Billy, Pommes und ihre neuen Freunde aus dem edlen Taubenhaus lassen sich das nicht gefallen.

Es gibt ein bestimmtes Alter, da finden vor allem Jungs das Benützen von Wörtern aus dem Fäkalienbereich wahnsinnig komisch. Und die kommen hier voll auf ihre Kosten. Es macht richtig Spaß, dieses Buch einem Fünfjährigen vorzulesen, der sich jedes Mal bei dem Wort Kack-Attack und den dazugehörigen Zeichnungen kaputtlacht. Wobei man auch als Erwachsener zugeben muss, dass das Buch in seiner Art so witzig geschrieben ist, dass man selbst nicht umhin kann, bei der Vorstellung – und nicht nur bei dieser – grinsen zu müssen. Ein echt gelungenes Buch, das seine Zielgruppe zwischen fünf und elf perfekt erreicht.
4.9 Stars (4,9 / 5)

Antje Szillat: Flapsi Flodder, das Kellermonster

Wer hat schon Angst vor Flapsi Flodder? Leider niemand. Und genau das ist auch Flapsis Problem. Denn, wenn das kleine Monster es nicht schafft, Menschen so richtig zu erschrecken, wird es erneut durch die Monsterprüfung fallen und dann wird es mit Schimpf und Schande aus der Monsterfamilie geworfen.

Doch Leo, der Flapsi Flodder an Halloween im Keller des neuen alten Hauses gefunden hat, in das seine Eltern mit ihm gezogen sind, und Ida, die Nachbarstochter wissen Rat. Sie helfen dem kleinen Monster so richtig gruselig zu sein und finden damit einen Freund fürs Leben.

Antje Szillat ist ja fast schon ein Garant für gute Kinderbücher. Dieses hier ist ihr mal wieder besonders gut gelungen. Die Geschichte ist niedlich und einfach mal was anderes. Die Szenen, in denen keiner weiß, wer jetzt mehr Angst vor wem hat, sind dabei die besten.
4.4 Stars (4,4 / 5)

Alexandra Maxeiner: Ich , Lilly und der Rest der Welt

Hannah und Lilly sind fast gleich alt, Frida ist die Kleinste in der Familie, Cora die Größte – voll in der Pubertät. Die vier Schwestern ziehen mit ihren Eltern und Katze Billy in ein neues Haus. Das, ganz der Demokratie folgend, lila gestrichen wurde. Wie der Alltag der Siebenjährigen aussieht, warum die neue Nachbarin unter Verdacht steht, ein Vampir zu sein und wieso Fantasiepferde in einem Kaufhaus für reichlich Wirbel sorgen können, erfährt man in diesem äußerst kurzweilig geschriebenen Buch.

Alexandra Maxeiner ist es gelungen, ein Buch zu verfassen, das sich nicht nur zum Selbstlesen prima eignet (große Schrift, einfache Sätze, kurze Kapitel), sondern das man auch mit einem Riesenspaß dabei vorlesen kann. Niedlich auch die Gestaltung von Martina Badstuber, deren Illustrationen die entscheidenden Momente perfekt einfangen.
Die Autorin schreibt nicht nur Bücher, sondern auch Drehbücher und Theaterstücke. 2011 wurde ihr der Deutsche Jugendliteraturpreis verliehen. Sie ist Teil der Frankfurter Ateliergemeinschaft labor.
4.9 Stars (4,9 / 5)

Sylvia Heinlein: Sonnige Weihnachten, Matz!

Die Eltern von Matz wollen Weihnachten mal anders feiern. In Florida bei seiner Tante. Bei strahlendem Sonnenschein und unter Zitronenbäumen. Das findet Matz so richtig bescheuert.

Er will Schnee, echten Schnee, er will einen Tannenbaum, der nicht aus Plastik ist und er will einen Weihnachtsmann. Matz ist sauer, aber er gibt nicht auf. Und tatsächlich gelingt es ihm, Weihnachten so richtig weihnachtlich werden zu lassen. Bis dahin allerdings macht die ganze Familie einiges mit, da drüben in Amerika.

Dieses Buch ist das Optimale für einen Kuschelnachmittag am Kamin. Man kann es beim (Vor-) Lesen gar nicht erwarten herauszufinden, was Matz als Nächstes vorhat auf seinem Weg hin zu einem richtig deutschen Weihnachtsfest.
3.4 Stars (3,4 / 5)

Walter Sittler: Malin

Walter Sittler ist Schauspieler, ein ziemlich bekannter obendrein und das bedeutet eine häufige Abwesenheit von seiner Frau und seinen drei Kindern. Die vielen einsamen Abende in Hotelzimmern haben ihn auf die Idee mit Malin gebracht. Zunächst nur für die Familie gedacht, wurde jetzt ein lesenswertes Kinderbuch für alle daraus.

Malin stand eines Tage einfach so am Fenster seines Hotelzimmers. Er war ungefähr so groß wie eine Handpuppe, von oben bis unten behaart wie ein kleines Äffchen und grundsätzlich etwa ebenso quirlig. Am ersten Abend allerdings nicht. Da war er müde, durchnässt und durstig. Und als er frisch geföhnt gewesen ist und etwas getrunken hatte, da legte er sich erst mal eine Runde schlafen. In Herrn Sittlers Bett.

„Da stand ich nun, mit dem Kleinen in meinem Bett, von dem ich nicht wusste, woher er kam, was er wollte oder auch nur, was er brauchte. Ich dachte, er wird es mir dann schon sagen, wenn er wieder aufwacht.“

Und das tat Malin dann auch. Er ist auf einer Einladungsrundtour zu allen seinen Verwandten, um diese zum nächsten Frühlingsfest einzuladen. Aber er hat sich den Fuß verletzt und deswegen nimmt er den Tourbus der Schauspieler. Und jetzt soll der Autor ihm helfen. Für ihn Holunderbeeren besorgen, davon lebt das kleine Wesen nämlich und ihn ein bisschen unterstützen. Erst im Lauf der Zeit merkt Walter Sittler, worauf er sich da eingelassen hat.

All die Abenteuer, die er mit Malin erlebt, schreibt er auf und schickt sie nach Hause. Und schafft somit eine wunderbare Verbindung zwischen sich und seinen Kindern.

Zuerst denkt man ja: nicht schon wieder ein Schauspieler, der sich zum Schreiben berufen fühlt, aber dieser Gedanke übersteht nicht mal die ersten zwei Seiten. Das Buch ist witzig geschrieben, erinnert an manchen Stellen etwas an einen ziemlich bekannten bayerischen Kobold namens Pumuckl und die Aufteilung in die Briefe macht es zu einem perfekten Gute-Nacht-Geschichten-Buch, das sich auch für etwas geübtere Leseanfänger eignet.
4.3 Stars (4,3 / 5)

Simone Klages: Taschis erster Schultag

Rund 808.000 Erstklässler gab es nach Auskunft des Statistschen Bundesamtes im vergangenen Schuljahr in Deutschland. Etwas weniger werden in diesem Jahr erwartet. Trotzdem sind das eine ganze Menge Schultüten, die gefüllt werden wollen. Und da man die riesigen Dinger ja nicht nur mit Süßkram zustopfen will und auch Spitzer und Co für ein etwa sechsjähriges Kind nicht unbedingt der Traum schlechthin sind, wäre das doch mal wieder die passende Gelegenheit für ein passendes Buch…

Taschi ist ein ganz normales sechsjähriges Mädchen mit einer relativ normalen Familie und einer besten Freundin. Miri. Und natürlich ist es klar, dass es für die Mädels nur noch ein Thema gibt: der bevorstehende Schulbeginn. Doch der große Tag kommt ganz anders als es sich Natascha erhofft hat. Miri sitzt plötzlich neben der doofen Rosaline, sie muss neben dem noch dämlicheren Kalle sitzen und die Lehrerin, die sie am wenigsten wollte ist jetzt natürlich die ihre. Auch die neuen Regeln fallen Taschi nicht leicht. Wenn man aufs Klo muss, muss man sich melden, Nase putzen darf man aber auch ohne und wenn man nicht aufpasst, kann man sich ziemlich schnell vor der ganzen Klasse blamieren. So hatte sie sich das nicht vorgestellt.

Wie Taschi lernt, sich in der Schule zurecht zu finden, was es Geheimnisvolles mit Kalle und Rosaline auf sich hat und warum Frau Pauli alles andere als unsymphatisch ist, das wird von Simone Klages ziemlich spannend auf rund 200 Seiten erzählt.

Das Buch eignet sich aber nicht nur für ein bisschen geübtere Erstleser, sondern auch zum Vorlesen vor oder in der ersten Phase des Schulalltags. Ich habe es bereits an meinem eigenen Vorschulkind getestet und es war mit Begeisterung aber oft auch mit Erstaunen dabei. Taschi erlebt genau die Dinge, die derzeit Thema Nummer eins im Kinderköpfchen sind. Und auch ihre kleinen Misserfolge geben Mut, denn sie zeigen, dass zwar nicht alles immer rosarot ist, aber alles sich oft auch wieder zum Besten wendet. Und plötzlich war meine Tochter bereit, auch über Ängste bezüglich der neuen Lebensphase mit mir zu sprechen.

Abgesehen von diesem Erfolg hat es einfach nur Spaß gemacht, dieses Buch vorzulesen. Es ist flüssig geschrieben und man ist selbst gespannt, wie es denn nun weitergeht.

Es gibt übrigens noch mehr Geschichten rund um die Najas, wie Natascha und ihre Schwestern genannt werden. Für die jüngeren Kinder ab sieben „Der geheimnisvolle Kürbiskopf“, für die größeren ab zehn die Reihe „Die Detektive von Cismar“.

Simone Klages ist nicht nur eine bekannte Kinderbuchautorin, sie illustriert auch selbst und ist für ihre „Stempeltechnik“, die sie auch in diesem Buch anwendet, bekannt.
3.9 Stars (3,9 / 5)

Kirsten Boie/Jutta Bauer: Juli

Der Spitzname des kleinen Julian sagt alles. Juli heißt der Sonnenschein und er zaubert in Windeseile ein Lächeln in die Gesichter. In das der Kinder, weil sie sich regelmäßig wieder erkennen und in das des Erzählenden, weil das Buch einfach zu goldig geschrieben ist und sich außergewöhnlich gut und richtig schön schnodderig vorlesen lässt.

Juli ist nicht ganz unbekannt, man kennt ihn aus Siebenstein und die meisten Geschichten gibt es auch als einzelne Bilderbücher. Schöner allerdings ist dieses Sammelwerk von sieben grundverschiedenen Geschichten, die sich alle um die Sorgen und Nöte eines Kindergartenkindes drehen. Denn schließlich ist es eine Katastrophe, wenn das heiß geliebte – chemisch wahrscheinlich völlig verseuchte und trotzdem unentbehrliche – Plastikglühwürmchen made in sonstwo plötzlich verschwunden ist. Oder wenn man sich so ein bisschen in die Kindergartenpraktikantin verliebt ohne zu wissen, was Verliebtsein eigentlich ist und dann mit eigenen Augen ansehen muss, wie ein „alter“ Mann, bestimmt schon zwanzig oder so, seinen Mund auf den der Angebeteten drückt. Dann heiratet Juli vielleicht doch lieber Kathrin, die er schon seit der Krabbelgruppe kennt. Die weiß wenigstens genau, wie man ein Klomonster überlistet!

Für Jutta Bauer ist Kirsten Boies Figur Juli wie geschaffen! Wieder einmal trifft die Künstlerin mit ihren Zeichnungen direkt ins Schwarze. Man muss ihn einfach gern haben, den kleinen Kerl! Ein optimales Buch auch für Jungs!
5.0 Stars (5,0 / 5)

E.D. Baker: Esmeralda, Froschprinzessin

Welche Frau hat sich nicht schon mindestens einmal im Leben gefragt, was passieren würde, käme ein leibhaftiger Frosch daher und ließe sich küssen. Die Wahrscheinlichkeit, dass man mal einem Frosch irgendwo in weiter Flur begegnet mag ja noch angehen, aber geküsst wird er in der Regel nicht – aus welchen Gründen auch immer. Und doch – es hätte der berühmte Prinz sein können! Die amerikanische Autorin E. D. Baker rollt die althergebrachte Geschichte mal von einer anderen Seite auf und hat auf diese Art und Weise ein Kinderbuch zustande gebracht, das auch Erwachsenen vergnügliche Lesestunden beschert.

Esmeralda ist alles andere als die von ihrer Mutter gewünschte Bilderbuchprinzessin. Sie ist tollpatschig, schlaksig, lacht zu laut und hat eine – das findet zumindest das königliche Umfeld – viel zu große Nase, die sie grundsätzlich in Dinge steckt, die sie nichts angehen. Von blonden Locken ist auch keine Spur und den für sie ausgewählten stinklangweiligen Prinz Jorge, den will sie nicht. Basta. Dieses sympathische Prinzessinnen-Persönchen wundert sich erst mal nicht besonders, als sie, vor dem Prinzen in den Sumpf flüchtend, dort auf einen sprechenden und schlecht gelaunten Frosch namens Eadric trifft. An Zauberei ist sie gewöhnt, denn ihre Tante Grassina ist eine Hexe und in Entenküken verwandelte Hunde oder laufende Krabbenfleischklößchen gehören zu ihrem Schloß-Alltag. Die Amphibie verlangt von ihr geküsst zu werden – aber wo käme man denn hin, wenn man jeden Dahergehüpften einfach so küssen würde.

Doch so ganz geht ihr der Herr Frosch und dessen direkte Art nicht aus dem Kopf: Sie küsst ihn irgendwann doch – und wird selbst zum Frosch. Wie das Fräulein Froschprinzessin nun seine neue Welt kennenlernt, was es heißt, Insekten zu verspeisen und wie Eadric ihr dieses Leben im wahrsten Sinne des Wortes schmackhaft macht, lässt den Leser nicht mehr los. Äußerst amüsant und spannend beschreibt E.D. Baker den Weg zurück ins Menschendasein!
5.0 Stars (5,0 / 5)