Peter Høeg: Durch deine Augen – gelesen von Frank Stieren

Simon kommt nicht klar, versucht sich das Leben zu nehmen, obwohl er doch eigentlich alles hat, was man sich wünschen kann. Sein Freund Peter versucht ihm zu helfen und nimmt Kontakt mit Lisa auf. Sie war die Kindergartenfreundin der beiden – was sie aber aufgrund tragischer Umstände vergessen hat – und leitet heute ein Labor, in dem Experimente stattfinden, die ganz tief ans Eingemachte gehen. Mithilfe von Hologrammen gelingt es ihr, in das Bewusstsein anderer einzusteigen und deren Erinnerungen zu erleben. Sie lädt Simon ein, sie zu begleiten und das, was er dort, in den Untiefen des Unbewussten, erlebt, ist, wie so vieles Unbewusste, grausam. Missbrauch, Krieg, Elend, Traurigkeit und immer wieder der Tod – es ist schwer auszuhalten. Und doch kommen sich Lisa und er näher bei dem Versuch, Simon zu retten. Simon, der mit ihnen damals, vor so vielen Jahren, in die Träume anderer gereist ist.

Peter Høeg, 1957 in Kopenhagen geboren, ist mit dem Roman „“Fräulein Smillas Gespür für Schnee““ zum internationalen Bestsellerautor geworden. Dieses Buch ist deutlich schwerer zu lesen bzw. zu hören. Und es besteht die Gefahr, dass der ein oder andere kapituliert anhand all der Grausamkeiten und seelischer Abgründe. Dabei lohnt es sich, dabeizubleiben. Was einem der Sprecher auch einfach macht, denn obwohl es durchaus leicht langatmige Passagen gibt, er überspielt das gekonnt.
Besonders erwähnenswert ist das Cover, das sowohl die Stimmung als auch den Inhalt des Buches perfekt wiedergibt.

Jay Asher, Carolyn Mackler: Wir beide, irgendwann

Dieser Roman ist nicht einer der neuesten, aber trotzdem erwähnenswert. Denn er zeigt mit einem äußerst interessanten Denkanstoß, wie kleine Veränderungen im Jetzt sich in der Zukunft auswirken könnten. Und dass es letztendlich an uns liegt, was wir aus unserer Zukunft machen.
Doch zurück auf Anfang: Josh und Emma geraten im Jahr 1996 an einen Facebook-Zugang. Zunächst verstehen sie nicht, was das sein soll, doch so langsam kommen sie dahinter, dass sie hier ein Fenster zur Zukunft öffnen können. Bedeutet das nun, dass man sich in sein Schicksal ergibt? Dass man womöglich das gleiche Schicksal auf verschiedenen Wegen erleidet oder hat man gar die Möglichkeit, etwas zu ändern? Josh und Emma wollen es herausfinden und lassen sich auf ein gefährliches Abenteuer ein.
Dass Facebook, Alexa und Co Segen bringen, das glauben heute nur noch die wenigsten. Und trotzdem gelingt es den meisten Menschen nicht, die Finger davon zu lassen. Ist es doch zu verlockend, sich das Leben so schön machen zu lassen … ist es das? Ist es das wirklich? Wer dieses Buch gelesen hat, wird vielleicht zumindest damit beginnen, sich über seinen Account Gedanken zu machen. Und das ganz ohne hochtrabende Diskussion über Daten und KI.

Mariam Gates: Gute Nacht Yoga

Dieses Buch, liebevoll illustriert von Sarah Jane Hinder, wirkt wie ein Kinder-Bilderbuch. Ist es auch. Aber es eignet sich nicht nur für Kinder, sondern auch für Erwachsene, die Freude an Yoga haben. Denn es erklärt die wichtigsten Figuren auf einfachste Weise und bietet einen Ablauf an, bei dem man sich gemeinsam mit den Yoga-Tier-Figuren auf die Nacht vorbereitet und der gerade vor dem Schlafengehen für die nötige innere Ruhe sorgt. Vor allem in Kombination mit der angebotenen Gute-Nacht-Meditation. Einzelne Elemente lassen sich aber auch prima in den Tagesablauf integrieren und sorgen so für Ruheinseln.

Als Kind gehörte Mariam Gates zu den „Lass-das-Licht-an-und-die-Tür-auf“-Schläfern. Heute schläft sie nach eigenen Aussagen schon, bevor der Kopf das Kissen berührt. Die Autorin besitzt einen Harvard-Master in Pädagogik und hat seit vielen Jahren Erfolg mit ihrem Kid-Power-Yoga-Programm.

Emily Suvada: Cat & Cole – die letzte Generation

Ein Panel, das dafür sorgt, dass man perfekt ist – das ist die Zukunftsmusik, die diese Dystopie schreibt. Krankheiten? Ausgelöscht! Makel? Gibt es nicht mehr! Der eigene Körper ist perfekt. Bis eine tödliche Seuche ausbricht, die zu Kannibalismus führt und die nur eine aufhalten kann: Cat. Sie ist die Tochter eines berühmten Genetikers, ein wahres Nachwuchstalent und anders als andere. Seit ihr Vater gekidnappt wurde, hält sie sich versteckt und während alle anderen in Bunkern leben, versucht sie sich über der Erde am Leben zu erhalten. Als das Versteckspiel immer komplizierter wird, taucht plötzlich Cole auf – und er bringt schlechte Nachrichten. Von nun an sind die beiden so verschiedenen Jugendlichen aufeinander angewiesen. Etwas, das Cat nicht leichtfällt …

Wenn man diesen Band gelesen hat, kann man den zweiten kaum erwarten. Der Spannungsbogen, den die noch junge Australierin Emily Suvada aufgebaut hat, ist auch nach über 400 Seiten noch ungebrochen. Die letzte Generation wird nicht die letzte bleiben, dank einer Protagonistin, die nicht nur ein Geheimnis in ihrer DNA versteckt, sondern die die Interessen aller über ihre eigenen stellt.

Jill Twiss/EG Keller: Ein Tag im Leben von Marlon Bundo

Marlon Bundo ist ein Kaninchen und wie sein Name schon verrät, ein äußerst schickes Kaninchen. Gepflegt. Gut aussehend. Und natürlich gut gekleidet. Der kleine Marlon wohnt mit seiner Familie auf dem Gelände des U.S. Naval Oberservatory, denn sein Großvater ist der Vizepräsident der Vereinigten Staaten. Marlon erzählt von einem ganz besonderen Tag, dem Tag, an dem er Wesley kennenlernt, das kuscheligste Kaninchen, das Marlon je zu Gesicht bekam. Noch nie hatten die beiden so viel Spaß, doch als sie heiraten wollten, fand das die fürchterliche Stinkwanze – selbst ernannter Anführer der Tiere – gar nicht gut. „Kaninchenjungs heiraten keine anderen Kaninchenjungs! Kaninchenjungs müssen Kaninchenmädchen heiraten.“ Davon ist die Stinkwanze fest überzeugt und will die Hochzeit verbieten. Denn Anderssein geht gar nicht. Diese Aussage führt dazu, dass die Tiere nachdenken, doch das Ergebnis dürfte der Stinkwanze nicht gefallen …

Marlon Bundo ist ein Bilderbuch, das mit anderen kaum vergleichbar ist. Es kommt harmlos daher, aber dahinter steckt eine ganze Menge. An Information, an Lehrreichem, aber auch an Gefühl. Well played.

Aprilkind/van den Speulhof/Pricken: Der Grolltroll

Der Grolltroll hat ganz genau Vorstellungen davon, was er will und wehe, wenn es nicht so klappt, wie er sich das vorstellt: Dann raucht es ihm aus Nasen und Ohren, er stampft mit dem Fuß auf und brüllt ein fettes „Nein“. Es ist, als würde ein Gewitter in ihm wohnen, mit Blitz und Donner und allem, was dazu gehört. Manchmal kann er nicht mal einschlafen vor lauter Wut. Die anderen Tiere nervt das alles und irgendwann lassen sie ihn sitzen. Zuerst ist dem Grolltroll das egal, aber dann merkt er schnell, dass es allein lang nicht so schön ist wie mit den anderen … und dass jetzt etwas nötig ist, was so gar nicht leichtfällt.

Ein bisschen viele Köche für ein Bilderbuch, aber das Ergebnis ist niedlich. Was wohl daran liegt, dass es Köche sind, die etwas von Kinderbüchern und damit auch von Kindern verstehen. „Der Grolltroll“ zeigt kleinen Trotzköpfen, dass man nun mal nicht immer mit dem Kopf durch die Wand kann und wenn es doch mal passiert, wie man aus dieser Situation auch wieder herauskommt.

Schöne Ergänzung: die dazugehörige Plüschfigur

Engler/Tourlonias: Ein komischer Vogel

“Es ist schön, anders zu sein“ lautet der Untertitel dieses Buches, dabei ist es gerade im Bilderbuchalter – also vom Kindergarten bis in die Grundschulzeit hinein – alles andere als schön, anders zu sein. Die kleinen Persönchen wollen zum ersten Mal dazugehören, mitspielen dürfen, so sein, wie die Freunde, die plötzlich wichtiger werden als so manches andere … Anders zu sein ist daher auf jeden Fall eine Aufgabe und das spürt auch der kleine Drache, der als Ei aus Versehen in einem Amselnest landet und zwar von der Mama genauso geliebt wird wie die anderen Kinder, es aber in der für ihn falschen Umgebung so richtig schwer hat. Er fliegt nicht, plumpst stattdessen wie ein STein zur Erde, Würmer mag er auch nicht und der Ast mit dem Nest war irgendwann nicht mehr stark genug, um ihn zu tragen. Seine Adoptivmama, Frau Amsel, versucht alles, um ihn zu trösten, aber wirklich versöhnt ist der kleine Drache erst, als er entdeckt, dass Anderssein auch bedeutet, andere Qualitäten zu haben.

Mhairi McFarlane: Sowas kann auch nur mir passieren

Titel und Cover deuten in erster Linie mal auf eines hin: auf Entspannung. Hier sind keine Gruselclowns zu erwarten, die hinter irgendwelchen Ecken vorspringen, keine seelischen und/oder körperlichen Grausamkeiten, kein Hinweis auf das Leid der Welt. Kein Wunder also, dass mir diese Buch im Rahmen eines frauentypischen Wellnesstages gleich ganze drei Mal begegnet ist. Interessant aber, dass es schnell zum Gesprächsstoff wurde und zwar mit den Worten: Sie müssen da ein wenig durchhalten – es wird besser. Gut, dass man mir das gesagt hat, denn sonst hätte ich nach den ersten 100 Seiten tatsächlich aufgegeben. Und das wäre schade gewesen, denn im Lauf der Zeit entwickelte die Geschichte tatsächlich die erwartete Dynamik. Schön kitschig, auch mal witzig und auf jeden Fall gut, um vom Alltag abzuschalten.

Dani Atkins: Das Leuchten unserer Träume

Sophie ist todunglücklich. Als junges Mädchen hat sie ihren geliebten Bruder verloren, die Eltern sind aus ihrer Trauer nie erwacht und nehmen sie gar nicht richtig wahr und auch sonst läuft es nicht so prickelnd. Schon allein deswegen, weil Sophie das gar nicht zulassen würde. Sie gönnt sich kein Glück. Doch das ändert sich als sie Ben kennenlernt. Ben, den Retter in der Not, der genau dann zur Stelle war, als sie ihn so dringend gebraucht hat. So langsam öffnet sich die junge Frau, glaubt fast schon an sowas wie Liebe und Glück, als sich das Blatt plötzlich wieder wendet.

Dani Atkins gilt als Garant für coole Stories. Für Bücher, die man einfach nicht mehr aus der Hand legen möchte, die einen mitsamt seinen spannenden Schicksalswendungen so richtig packen. Es sind die Bücher, die man sich zur Seite legt für den ganz besonderen Lesemoment und die einen dann nicht enttäuschen. All das erfüllt sich hier leider nicht wirklich. Die Story hat enorme Längen, ist sehr weit an den Haaren herbeigezogen und trotzdem kein bisschen überraschend. Schade. Hoffen wir einfach, dass es nur ein Ausrutscher war.

Lauren Oliver: Wenn du stirbst, zieht dein ganzes Leben an dir vorbei, sagen sie

Wohl jeder von uns hat sich schon mal überlegt, was er tun würde, wenn er wüsste, dass dies sein letzter Tag ist. Samantha Kingston bekommt diese Chance vom Schicksal, es dauert allerdings eine Weile, bis sie bemerkt, dass es eine Chance und keine Strafe ist.
Der 12. Februar sollte eigentlich ein oberflächlicher Tag wie jeder andere sein. Mit ihren Freundinnen, mit Schuleschwänzen, rumknutschen und Partymachen. Doch dann stirbt das Mädchen bei einem Autounfall und siebenmal hintereinander ist alles anders und doch gleich. Stück für Stück versteht das It-Girl, was wirklich wichtig im Leben ist …

Ein heftiges Thema, fast schon eine Gesellschaftskritik und von „Täglich grüßt das Murmeltier“ weit entfernt, perfekt umgesetzt von Anna Thalbach als Sprecherin. Die Zielgruppe liegt bei jugendlichen Mädchen, aber auch für Erwachsene ist die Thematik durchaus ein interessanter Denkanstoß.