Susanna Ernst: Immer wenn es Sterne regnet

Diese Geschichte ist ganz typisch für Susanna Ernst. Sie trifft einen netten, unterhaltsamen Ton, verwebt mehrere Stränge miteinander, bringt die Liebe ins Spiel und ein bisschen Geheimnis. Fertig.

Auch hier begegnen sich direkt oder indirekt verschiedene Menschen, zum Teil sogar aus verschiedenen Epochen. Da ist zum einen Adam, wir schreiben das Jahr 1927 und er schreibt entsprechend schwülstige Liebesbriefe an seine Gracey. Und da ist das Hier und Jetzt, in dem der Anwalt Jeremy nicht weiß, was er angeben soll, weil seine Ex nicht aus der Wohnung auszieht und zum anderen Mary, die bei einem sehr geheimnisvollen Trödelhändler einen alten Sekretär ergattert. Inklusive Adams Briefen. Mary geht der Liebe des ungleichen Paars Adam und Gracey auf die Spur und findet dabei Lösungen für sich selbst. Und irgendwie auch für Jeremy.

Ein bisschen verwirrend ist der häufige Wechsel der Erzählposition, aber bringt auch das für die jeweiligen Personen notwendige Verständnis des Lesers.
3.0 Stars (3,0 / 5)

Dani Atkins: Die Nacht schreibt uns neu

Ein schreckliches Unglück tötet eine von drei Freundinnen und damit fast auch Freundschaftsbande, die lebenslang hätten währen sollen. In Kombination mit der obligatorischen Liebesgeschichte inklusive Gefühlsverwirrung ist das die Kurzbeschreibung dessen, was den Leser erwartet.

Das Buch ist in der Retrospektive geschrieben, beginnt mit dem Heute. Einem festlichen Tag. Wohl die Hochzeit? Doch die Hochzeit mit wem, fragt man sich während der Lektüre. Die mit dem smarten Amerikaner, der ihr das Leben gerettet hat oder doch dem Altbewährten, der sich nicht wirklich als Freund erwiesen hat? Der aber auf ewig Besserung schwört?

Das Buch zieht einen lang nicht so in seinen Bann wie „Die Achse der Welt“. Obwohl es allein schon die Umschlaggestaltung versprach. Sie ist nicht schlecht, die Geschichte, aber irgendwie auch an den Haaren herbeigezogen und reichlich übertrieben. Um mit so viel Kitsch zu arbeiten, hätte die Grundidee deutlich besser sein müssen. Das Ende allerdings ist nicht schlecht. Aber gerade, wenn einem der Vorgänger extrem gut gefallen hat, sollte man dieses Buch lieber stehen lassen und aufs nächste warten. Und dabei hoffen, dass die Autorin wieder ganz zu ihrem alten Stil zurückfindet.
2.9 Stars (2,9 / 5).

Lorenzo Marone: Der erste Tag vom Rest meines Lebens

Cesare ist Witwer, die Beziehung zu seiner Tochter etwas unterkühlt, gleiches gilt für seinen schwulen Sohn. Gefühle zu zeigen wäre sowieso undenkbar – denkt er. Doch dann kommt es anders für den alten Mann.

Man kann einfach nicht anders, man muss ihn mögen, diesen schrulligen, zynischen, motzigen alten Kerl, der mit seinen paarundsiebizg Jahren versucht, sein Leben in Ruhe abzuschließen. Bloß lassen ihn die anderen nicht. Vor allem Emma nicht, seine neue Nachbarin, deren traurige, verzweifelte Augen dem Lebenserfahrenen schnell verraten, dass in ihrem Leben so ziemlich alles schiefläuft. Eigentlich wollte sich Cesare nicht einmischen, aber dann kann er nicht mehr anders. Und kämpft für Emma mit ein paar weiteren tapferen, betagten Mitstreitern – ein Kampf, der auch Cesare selbst wieder zurück ins Leben katapultiert. Ob er will oder nicht.

Der Sarkasmus, der ironische Unterton, mit dem Cesare erzählt, die brillante Leistung des Sprechers Peter Weis – es ist ein Genuss, diesem Roman zwischen Verbitterung und Optimismus zuzuhören.

Der Autor ist übrigens eigentlich Jurist – doch das Schreiben scheint ihm mehr Spaß zu machen. Was sein Leser ihm dankt.
4.1 Stars (4,1 / 5)

David Safier: Mieses Karma hoch zwei

Es war sein Debut und es war ein international voller Erfolg. David Safier landete mit dem miesen Karma 2007 einen Rundumschlag. Inzwischen ist der lang ersehnte zweite Band herausgekommen und wieder geht es um Wiedergeburt – die Protagonisten allerdings sind andere. Daisy und Mark, beide bei einem Autounfall ums Leben gekommen. Die zwei können sich absolut nicht leiden, haben aber eines gemeinsam: echt mieses Karma. Zur Strafe verbannt Buddha höchstpersönlich sie – welche Wunder – in die Körper von Ameisen. Wobei sie noch Glück haben, denn es hätte ja auch eine verstaubte Zimmerpflanze sein können. In irgendeinem grauen Büro – unterste Wiedergeburtsschublade sozusagen. Aber Daisy und Mark zeigen sich trotzdem kein bisschen dankbar. Weder als Ameisen, noch als Schnecken, Goldfische oder Störche. Dabei gibt ihnen die Suche nach dem Nirwana das, was das Nirwana durchaus sein könnte: reine Liebe.

Ein Abklatsch des ersten Parts? Das Äußere sowie der Titel lassen es vermuten. Aber dann ist doch mehr drin als erwartet. Wieder einmal ein typischer Safier. Mit dem eingelösten Versprechen auf Stunden mit Dauergrinsen im Gesicht. Besonders gut geeignet auch als Begleiter für eintönige Autofahrten – mit diesem Hörbuch schläft man bestimmt nicht ein!

David Safier ist übrigens nicht nur ein begnadeter Schriftsteller. Für seine TV-Serie „Berlin, Berlin“ gewann er sowohl den Grimme-Preis als auch den International Emmy.
3.8 Stars (3,8 / 5)

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Rowan Coleman: Zwanzig Zeilen Liebe

Stella arbeitet in einem Hospiz. Und schreibt dort für die Betreuten ihre letzten Briefe, schreibt für sie Dinge auf, die sie noch belasten und überreicht diese Briefe, wenn diejenigen, die noch etwas auf Herzen hatten, verstorben sind. Dabei hat Stella selbst genug Probleme. Denn ihre Ehe ist einer großen Belastungsprobe ausgesetzt. Ihr Mann war Soldat und hat ein Bein verloren. Darüber kommt er nicht hinweg, genauso wie über das, was er erlebt hat. Am schlimmsten aber ist für ihn, dass er sich schuld fühlt am Tod seines besten Freundes – bzw. Stella irgendwie die Schuld dafür gibt. Weil er für sie leben wollte.

Dieses Buch von Rowan Coleman – zeigt einem, wie kostbar Erinnerungen sind, dass es immer noch einen Weg gibt und dass man sich darüber bewusst sein sollte, dass es, wenn man zu lange zögert, einfach schon zu spät sein kann.

„Zwanzig Zeilen Liebe“ ist nicht wirklich ein Liebes-, sondern eher ein Lebensroman. Einer von denen, die einem etwas mitgeben, bei denen man nach lange danach nachdenkt über den Stoff und den Bezug zum eigenen Leben. Ähnlich wie es bei „Einfach unvergesslich“ ist, wobei Letzteres noch einen Tick besser war.

Das Hörbuch wird gelesen – und zwar ungekürzt auf zwei mp3-CDs – von einem hochkarätigen Sprecherensemble, bei dem das Zuhören richtig viel Spaß macht. Gerade, aber nicht nur in der Vorweihnachtszeit trifft es den Nerv.
3.9 Stars (3,9 / 5)

Rainer Doh: 1990 – Ganz andere Sorgen

Gottfried Käfer leitet ein Busunternehmen mit äußerst gutem Ruf in Heckenheim im Heckental, einer beschaulichen Kleinstadt in Baddewürdebersch. Seine etwas verknöcherte Tochter Veronika schafft es gerade noch vor Torschluss einen Mann zu finden, dieser verwirklicht sich im Unternehmen des Schwiegervaters, das durchaus einen Anteil an der Entscheidung für Veronika hatte und es wäre eigentlich jeder zufrieden, würde sich denn dann endlich mal Nachwuchs einstellen. Und wäre da nicht die Öffnung der innerdeutschen Grenzen mit all ihren Möglichkeiten. Doch genau diese Möglichkeiten lösen Veronikas Probleme. Schaffen aber neue.

Dass Rainer Doh sich bisher vor allem mit Fachbüchern zum Thema IT befasst hat, merkt man gar nicht. Der Roman hat, wie schon sein erster Krimi zuvor, eine interessante Sprache, eigentlich passende Handlungsstränge, aber irgendetwas fehlt trotzdem. Man hat am Schluss das Gefühl, da hätte noch etwas kommen müssen – obwohl von dem, was reingepackt war, man eigentlich gesättigt sein dürfte. Vielleicht ist es auch das. Vielleicht hätte sich der Autor entscheiden sollen, welche Problematik er aufgreifen möchte: die eines Familienunternehmens, die der Ost-West-Habgier? Und vielleicht hätte er ein wenig Abstand nehmen sollen von all den Vorurteilen. Denn dass diese humorvoll gemeint sind, erschließt sich einem nicht sofort. Möglicherweise braucht man dazu einfach einen anderen Humor – möglicherweise liegt es aber auch an der gewählten Erzählperspektive. Kein Buch, das man gleich wieder weglegt, aber auch keines, auf das man sich den ganzen Tag freut.
2.0 Stars (2,0 / 5)

Sarah Bannan: Die Neue

Eines Tages steht sie da, die Neue. Seidiges Haar, glänzende Augen, wunderschön. Carolyn Lessing kommt gut an bei den Schülern und Schülerinnen der Adams Highschool. Sie ist klug, freundlich, landet schnell in der Clique der beliebtesten Schüler. Doch dann begeht sie einen entscheidenden Fehler. Sie nimmt dem beliebtesten Mädchen der Schule den Freund weg. Und das lässt sich diese nicht so einfach gefallen. Sie startet eine Hetzkampagne über soziale Netzwerke und die ufert richtig aus.

In einem vermeintlich leichten Ton, der zunächst irritiert, beschreibt die New Yorker Autorin in ihrem Debüt wie schnell bei Facebook und Co alles aus den Fugen geraten kann. Was passieren kann, wenn man sich keine Gedanken macht über die Folgen seines Handelns. Erstaunlich ist die Erzählweise. Aus der Perspektive mehrerer Mädchen, die zwar alles mitbekommen, hier und da auch zugeben, dass es notwendig gewesen wäre, einzugreifen. Die aber letztendlich bis zum Schluss außen vor blieben. Ein paar kleine Schuldgefühle ausgenommen.

Und genau das ist es, was man der Autorin ankreiden kann. Denn sie kritisiert das Mobbing höchstens zwischen den Zeilen. Zu wenig möglicherweise für junge Leser(innen).
2.8 Stars (2,8 / 5)

Mercedes Lauenstein: nachts

Nacht für Nacht streift sie durch die Straßen. Ähnlich einer Katze lässt sie sich mal hier, mal da nieder. Klingelt bei Menschen, die noch Licht haben. Macht sie glauben, sie würde forschen. Lässt sich deren Geschichte erzählen, erfährt von Liebeskummer, von gestorbenen Freunden, Umzügen und Schicksalen jeglicher Art. Und von Gründen fürs Wachsein zu Zeiten, in denen andere schlafen. Warum sie den Menschen in ihrer Einsamkeit begegnet, sich selbst in ihnen findet, verrät sie erst mal nicht. Bis sie Alekos Weg kreuzt.

Mercedes Lauenstein, 1988 geboren, arbeitet in der jetzt-Redaktion der Süddeutschen Zeitung. Ihrem Debüt ’nachts‘ merkt man an, dass es von jemandem geschrieben wurde, der vom Schreiben etwas versteht. Es ist nicht fesselnd, aber es hält einen, man möchte mehr wissen über die Schicksale von Fedora oder Julian, fürchtet sich mit ihr vor Egon und erfährt, warum der eine oder andere die Nacht mag. Oder sich vor ihr fürchtet. Und man verändert seinen eigenen Blickwinkel auf die dunkles Seite des Tages. Fragt sich, was die Nacht für einen selbst bedeutet. Und allein aufgrund dieser Überlegungen ist dieses Buch das Lesen wert.
4.1 Stars (4,1 / 5)

Anna Stein: Fräulein Kubitschek pfeift auf die Liebe

Ein Mann hat gut auszusehen, muss lecker riechen, möglichst gebunden und vor allem am nächsten Morgen verschwunden sein. Und wenn er das nicht freiwillig tut, dann wird eben nachgeholfen: mit einem kleinen, aber feinen Appell an die Heiligkeit der Familie. So sieht das Fräulein Charlotte Kubitschek, die ihr Geld bei der Drogerie Pinkemann verdient und im Privatleben gegen einen Immobilienhai kämpft, der ihr, der alten Schachtel von unten und Juri, einem Ladenbesitzer, das Zuhause zerstören will. Um ihm eins auszuwischen, verschwören sich die drei miteinander und das bringt reichlich Trubel vor allem in Elises Leben, die mit ihren über 90 Jahren eigentlich schon recht zufrieden damit war, sich um ihre Katze Frau Schmidt zu kümmern und den Rest des Tages Kirschlikör zu schnabulieren, alten Zeiten nachzutrauern und an Charlotte herumzumeckern.

Eine Geschichte, die sehr leicht beginnt. Man glaubt bereits nach wenigen Seiten zu wissen, was auf einen zukommt. Doch weit gefehlt. Denn der Roman nimmt eine Wendung, mit der man nicht gerechnet hat, schlägt fast schon aus dem Hinterhalt zu und erklärt damit, dass Menschen wie Charlotte, die keine Liebe zulassen, einfach immer nur zutiefst verletzt sind.

Ein großartiges Buch, eine perfekte Sommerlektüre und vor allem: ein gelungenes Debüt.
4.8 Stars (4,8 / 5)

Ivonne Keller: Lügentanz

Michaela Michaelsen hat immer wieder Erinnerungs-Aussetzer. Nicht in der Form, dass sie ihren Schlüssel nicht findet, oder sich nicht an die Farbe des Abschlussballkleides erinnert. Die Folgen sind viel gravierender. Zum Beispiel dann, wenn sie sich nicht im Geringsten daran erinnern kann, dass die Lehrerin ihrer Tochter von der Klassenfahrt angerufen hat, um ihr von deren Unfall zu berichten. Oder sie glaubt, ihr Mann habe ihr mitgeteilt, sich trennen zu wollen, obwohl er sich nach wie vor ganz normal zu verhalten scheint. Ist sie verrückt? Spielt er ein böses Spiel mit ihr? Michaela braucht Abstand und nimmt sich eine Auszeit. Dazu übernimmt sie den Job eines Wohnungssitters und trifft in diesem Zusammenhang neben dem Hund Pim zwei Menschen, die bald eine große Rolle in ihrem Leben spielen werden: Lena und Jan. Wobei Lena dabei deutlich der interessantere Charakter ist. Und im Verlauf der Geschichte auch die interessantere Rolle spielt: Denn Lena übernimmt Michaelas Part, bei Mann und Kind…literarischer Sprengstoff sozusagen.

Ivonne Keller, die früher unter dem Pseudonym Jule Engels veröffentlichte, hat sich in letzter Zeit auf ernstere Themen spezialisiert. Hirngespenster ist hier das beste Beispiel dafür. Aber auch ihr Lügentanz lässt keine Langeweile aufkommen. Die sich anbahnende Freundschaft zwischen Lena und Michaela, zwei Frauen, die unterschiedlicher nicht sein könnten, die Spurensuche nach dem Grund für die Erinnerungslücken und deren Auflösung – keines der Bücher, die man nie mehr aus der Hand legen möchte. Aber eines von denen, die einem noch eine Weile im Kopf bleiben.
3.5 Stars (3,5 / 5)