Daniel Glattauer: Alle sieben Wellen

Wer „Gut gegen Nordwind“ kennt, kennt auch Leo Leike. Und der ist jetzt zurück aus Boston. Damit haben zwar leider Emmis witzige Dialoge mit dem automatischen Systemadministrator ein Ende, aber die Geschichte nimmt wieder an Fahrt auf. Und kaum stehen die beiden nach der monatelangen Pause erneut in Kontakt, schon knistert es wieder auf dem Computerbildschirm. Und bald nicht nur auf diesem. Dass Leo inzwischen eine Lebensgefährtin hat und auch Emmis Privatleben einer massiven Veränderung unterzogen wurde, ändert daran nichts. Im Gegenteil sogar…

Es gibt kaum ein besseres (Sprecher-)paar als Andrea Sawatzki und Christian Berkel. Die Spannung und positive Energie, die zwischen beiden herrscht, kommt optimal rüber und dieses Buch ist tatsächlich eines der wenigen, das man als Hörbuch unbedingt gehört haben sollte, weil man sonst etwas verpasst, eines also, das den – sowieso schon genialen – Text des Autors erst so richtig zum Leben erweckt. Und die Tatsache, dass die Sache jetzt beendet scheint – man mag es kaum glauben. Denn bestimmt fällt Herrn Glattauer erneut eine interessante Lebenswendung für Emmi Rothner und Leo Leike ein.
4.7 Stars (4,7 / 5)

Melanie Freund/Udo Weigelt: Wenn der wilde Wombat kommt

Bei Minedition ist eine neue Ausgabe von „Wenn der wilde Wombat kommt“ erschienen. Ob einem nun die Zeichnungen von Anne-Katrin Piepenbrink oder die von Melanie Freund besser gefallen, das ist Geschmackssache. An sich aber ist und bleibt dieses Buch ein Highlight auf dem Kinderbuchmarkt.

Es beginnt mit folgenden Worten: „An einem Sommertag im Zoo hörte ein Papagei, wie ein Tierpfleger zum anderen Sagte: „Heute bekommen wir einen wilden Wombat. Er kommt direkt aus Australien. Wir müssen sehr vorsichtig mit ihm sein.““

Was sich daraus ergibt, ist ein Paradebeispiel für die Gerüchteküche. Der Wombat wird immer wilder und gefährlicher und versetzt sogar den König der Tiere in Angst und Schrecken. Als er dann ankommt, völlig harmlos, süß und naiv, ist es ausgerechnet der Plappergei, der so gar nicht verstehen will, wo denn die anderen Tiere alle hinverschwunden sind….

Ein tolles Bilderbuch zum Thema Klatsch und Tratsch und dazu, wie man anderen damit wehtun kann.

Besonders schön auch die Kurzinfo zum Wombat, geschickt in Form eines Zooschildes integriert. Damit sich wenigstens unsere Kinder nicht mehr fürchten, wenn der wilde Wombat kommt.
4.0 Stars (4,0 / 5)

Stephan Brüllhart: Leopold und der Fremde

Leopolds Mama warnt den kleinen Tiger eindringlich vor den Fremden, die unten am Wasser wohnen und Konrads Mama warnt das kleine Krokodil ebenso nachdrücklich vor den Fremden oben im Wald – die beiden Kleinen spielen also immer alleine.

Doch eines Tages rollt Leopolds Ball zum Wasser hinunter und da er ihn unbedingt wiederhaben will, wagt er sich trotz aller Warnungen hinein in das gefährliche Gebiet. Konrad und Leopold malen sich schon die schrecklichsten Dinge aus und die Angst vor dem jeweils anderen ist riesengroß. Doch dann stellen sie fest, dass der andere gar nicht gefährlich wirkte und weil sie sich wiedersehen wollen, treffen sie sich heimlich. Doch irgendwann werden sie dabei erwischt und auch aus fremden Erwachsenen werden Freunde.

An sich eine sehr schöne und einfach gemachte Geschichte über Vorurteilen all jenen gegenüber, die nicht so sind wie wir. Theoretisch. Praktisch allerdings würde ich dazu raten, die Zielgruppe der ganz kleinen Bilderbuchgenießer nicht mit einem solch heiklen Thema alleine zu lassen. Sicher, die Angst vor allem, was nur ein bisschen fremd oder anders ist, ist völlig unnötig, die beiden Tierkinder sich allerdings nachts heimlich treffen zu lassen, auch! Es ist absolut notwendig, mit dem Kind über das Thema zu sprechen und ihm klarzumachen, dass es immer zu einem kommen kann mit Fragen und dass es durchaus möglich ist, dass man auch als Eltern mal von seiner Meinung abrückt. Das Kind sollte nicht warten müssen, bis es beim Schwindeln erwischt wird.

Trotzdem, mit pädagogischer Begleitung kann dieses Bilderbuch eine gute Gesprächsgrundlage sein. Es hat sehr wenig Text und sehr einfach strukturierte, äußerst farbenfrohe Bilder. Schön auch für den Kindergarten.
3.4 Stars (3,4 / 5)

David Slonim: Er kam mit der Couch

Eines der witzigsten Bilderbücher, die seit Anfang dieses Jahres erschienen sind, ist zweifellos das von David Slonim. In „Er kam mit der Couch“ entwickelt er die Idee, dass eine Familie mit einer alten Couch auch ein Männchen erwirbt, das diese bzw. die Couch partout nicht mehr verlassen will. Es leidet nämlich unter akuter Polsteritis.

Die Familie versucht alles, aber das Männchen sitzt miesmufflig auf dem Sofa und will von nichts etwas wissen. Doch eines Tages verhindert der Couchmann, dass Sophie, die Tochter der Couchbesitzer, verunglückt und gehört von da an zur Familie. Die noch größer wird, als der Hund den Sessel zerbeißt und ein neuer gekauft werden muss.

Wenig Text, witzig formuliert und kombiniert mit einfachen, aussagekräftigen Bildern, die eine Menge Humor in sich bergen. Ein schönes Bilderbuch, das nicht nur Kindern, sondern auch Erwachsenen gut gefällt und bei dem es Spaß macht, es immer wieder in die Hand zu nehmen und gemeinsam mit den Kindern über das Thema zu philosophieren.
5.0 Stars (5,0 / 5)

Marc Limoni/Günther Jakobs: Teddy Knopfauge sucht sein Zuhause

Marc Limoni ist mit „Teddy Knopfauge“ ein ausgesprochen feinfühliges Buch über wahre Freundschaft gelungen. Unterstrichen durch die ausdrucksstarken Zeichnungen von Günther Jakobs ist dieses Bilderbuch eines der ganz besonderen.

Knopfauge ist Tims Teddy und sein bester Freund. Obwohl er ziemlich abgewetzt ist und eines seiner Augen von Tims Mutter durch einen Knopf ersetzt werden musste, gibt es für Tim keinen schöneren. Durch einen dummen Zufall allerdings wird Teddy Knopfauge mit Sperrmüll verwechselt und abtransportiert. Doch einer der Müllmänner hat Mitleid mit ihm und schenkt ihn seiner Tochter. Der kleine Teddy will aber zurück zu Tim. Und er findet auch tatsächlich jemandem, der ihm da helfen kann, allerdings zu einem sehr hohen Preis….

Auch, wenn die Geschichte an sich nicht neu ist, so betrifft sie doch fast jedes Kind. Und auch die meisten Erwachsenen werden sich beim Vorlesen an das eine oder andere Kuscheltier erinnern, das sich – meist ziemlich unansehnlich – den Platz Nummer eins im Kinderherz gesichert hat. Eine Freundschaft, die oft ein Leben lang hält.
4.8 Stars (4,8 / 5)

Frances H. Burnett/Betina Gotzen-Beek: Der geheime Garten

Diese Geschichte von Frances H. Burnett ist, genau wie „Der kleine Lord“, ein Meisterstück aus der Feder der Autorin. Angesiedelt in ihrer Zeit, Ende des 19. Jahrhunderts, handelt sie von einem einsamen Mädchen, einem noch einsameren Jungen und einem Mann, der über den Verlust seiner Frau sein eigenes Kind vergisst.

Mary muss, nach dem Tod ihrer Eltern, zu ihrem Onkel ziehen. Doch der, versunken in der Trauer um seine verstorbene Frau, will nichts von ihr wissen, genauso wenig wie von seinem eigenen Sohn, dem man so lange eingeredet hat, er sei ein Krüppel, bis dieser das auch glaubte und aus Wut auf das Leben, das ihm nicht nur seine Mutter, sondern auch seine Gesundheit nahm, selbstgefällig und herschsüchtig wird – in stetem Wechsel mit unbändigem Selbstmitleid.

Mary, die selbst zunächst arrogant und hochnäsig mit ihrem Schicksal hadert, stößt eines Tages auf einen geheimen Garten. Was es mit diesem auf sich hat und wie er das Leben vieler Menschen verändert, ist in diesem zauberhaften Märchen verpackt.

Mit einer Verpackung, die sich sehen lassen kann. Wie übrigens auch die anderen Klassiker dieser Reihe, erscheint ‚Der geheime Garten‘ in einem edlen, mit Samt verzierten Einband. Die Zeichnungen von Betina Gotzen-Beek sind dem Werk entsprechend und ganz anders, als man es sonst von der Illustratorin gewohnt ist.
4.0 Stars (4,0 / 5)

Suzy Lee: Welle

Eines der schönsten Bilderbücher des ersten Halbjahres 2009 stammt aus der Feder der Künstlerin Suzy Lee. Ihr ist es gelungen, einen sonnigen Tag, eine verspielte Meereswelle und ein aufgewecktes kleines Mädchen in Gleichklang zu bringen.

Dieses Bilderbuch über ein Mädchen, das mit der Kraft der Natur spielt und sich auf die verschiedensten Arten mit einer Welle beschäftigt, regt zum Nachdenken an. Ganz ohne Worte lebt es von seinen eindrucksvollen Zeichnungen, die – schlicht gehalten – nicht nur Kindern, sondern vor allem auch Erwachsenen gefallen dürften.
5.0 Stars (5,0 / 5)

Sara Pennypacker: Vorhang auf für Clementine

Da ist sie wieder, die kleine Clementine, die so chaotisch ist, dass man sie schon fast gernhaben muss. Diesmal möchte die Schule eine Talentshow veranstalten, nur dummerweise ist sich Clementine sicher, dass sie nicht das winzigste Talent hat – für nichts. Doch da täuscht sie sich gewaltig.

Denn Clementine strotzt eigentlich nur so vor Talenten. Okay, sie kann nicht steppen, nicht Rad schlagen und auch nicht singen, dafür aber wunderbar malen, ihren kleinen Bruder zum Lachen bringen, sich überall herausreden, für alles eine Idee finden und – organisieren.

Die Stimme von Josefine Preuß muss man mögen. Tut man das nicht, kann sie einem schon bisweilen auf den Geist gehen. Aber, das muss man ihr lassen, zu Clementine passt sie. Dieses Persönchen, das seinen eigenen Obstnamen nicht leiden kann und daher seinen kleinen Bruder immer wieder mit den witzigsten Gemüsenamen versorgt, könnte tatsächlich so vor sich hin schnoddern und scheppern.
5.0 Stars (5,0 / 5)

Annette Neubauer: Lukas und die halbe Wahrheit

Lukas Vater wurde arbeitslos und deswegen muss seine Mutter nun das Geld verdienen. Aber dazu musste die Familie in die Stadt ziehen und Lukas fühlt sich einsam. Das gewohnte Fußballspiel mit seinen Kumpels fehlt ihm und er weiß nicht, wie er sich einen neuen Freundeskreis aufbauen könnte.

Als Lukas sich endlich traut, auf Tobi zuzugehen, da passiert es, er weiß gar nicht so genau wie: Er belügt Tobi. Erzählt ihm, sein Vater sei ein Profifußballer. Tobi findet das natürlich cool und obwohl ihn Lukas erschrocken darum gebeten hat, diese ‚Neuigkeit für sich zu behalten‘, plaudert Tobi es am Nachmittag auf dem Bolzplatz, zu dem Lukas das erste Mal mitdarf, prompt aus. Und damit wird die kleine Schwindelei vom Anfang von Tag zu Tag größer, wie ein Luftballon. Und genau wie ein solcher platzt die Sache auch und Lukas ist reichlich blamiert.

Ob und wie er aus der Sache wieder herauskommt, was es mit dem Lügen auf sich hat und welche Konsequenzen bereits die kleinste Unwahrheit haben kann, das ist das Thema des neuen Kinderbuches von Annette Neubauer. Ein sehr schönes Buch, das sich sowohl für Jungs als auch für Mädchen eignet und z.B. kleinen notorischen Schwindlern durchaus die Augen öffnen kann.

Gut geeignet zum Vorlesen ab 5 Jahren, aber auch zum Selbstlesen ab der zweiten Klasse.
4.1 Stars (4,1 / 5)

Dagmar Geisler: Miss Pim als Superstar

Leseratten dürften sie vielleicht schon kennen: die kleine kesse Dame namens Miss Pim. Kaum größer als eine Playmobilfigur, weiß die vornehme ältere Frau genau, was sie will. Täglich ein Schaumbad, regelmäßig feinsten englischen Tee und natürlich eine höfliche und zuvorkommenden Behandlung.

Und die bekommt sie in der Regel auch und zwar von Karolina, die sich um sie kümmert. Eigentlich hatte sich Karolina ja einen Kobold gewünscht, so einen wie Pumuckl, aber jetzt findet sie das Leben mit Miss Pim ebenfalls ziemlich spannend. Doch eines Tages ist die kleine Dame verschwunden und taucht kurze Zeit später auf der Schulter des Nachrichtensprechers im Fernsehen wieder auf. Wie Miss Pim da hingekommen ist, was sie dort alles erlebt und wie Karolina und ihre Freunde sie retten – das ist Inhalt von „Miss Pim als Superstar“.

Dieses Frollein, das Karolinas und nicht nur deren Leben total auf den Kopf stellt, ist goldig. Man kann sie sich, so wie die Autorin Dagmar Geisler sie beschreibt, ganz genau vorstellen. Und letztendlich ist sie so, wie feine ältere Damen meistens sind: absolut cool.

Dagmar Geisler ist nicht nur Schriftstellerin, sie ist auch Illustratorin und zwar eine ziemlich bekannte. Eine große Zahl von Bilderbüchern ist unter ihrer Feder entstanden. Aber am schönsten sind eigentlich die Bücher, bei denen sie beide Seiten ihres beruflichen Ichs ausleben kann. So wie bei Miss Pim.

Dieses Buch eignet sich wunderbar zum Vorlesen, ist aber auch für lesegeübte Grundschüler durchaus eine Herausforderung, die zu meistern ist.
2.5 Stars (2,5 / 5)