Die Ansichten Manfred Spitzers (Autor des Buches: Digitale Demenz) und Georg Milzners (Digitale Hysterie) könnten unterschiedlicher nicht sein – beide standen mir Rede und Antwort. Ein Bild machen muss sich jeder selbst.
Rob Harrell: Spotz – Alles unter Kontrolle
Spotz ist ein Troll und nicht besonders zufrieden – weder mit seinem Leben noch mit seinem Namen: „Ein majestätischer Name ist das wirklich nicht. Oder habt ihr schon mal von irgendwelchen Königen gehört, die ‚Spotz der Allmächtige‘ oder ‚Spotz der Erbarmungslose‘ heißen?“ Seine Familie lebt unter einer Brücke und zwar nur aus einem Grund: So kann man ahnungslosen Spaziergängern ganz wunderbar einen Riesenschrecken einjagen. Kevin Kleinschwein ist Spotz‘ bester Freund und Prinz Roquefort derjenige, der ihm das Leben unangenehm macht. Und ihn dazu bringt, seine Trollwut von der Leine zu lassen. Was Spotz nicht gut bekommt und ihm eine Zeit im Kerker beschert. Doch wozu hat man Freunde und schließlich muss verhindert werden, dass der Prinz geradewegs auf den Thron zusteuert.
Die Machart des Buches erinnert ein wenig an Greg und seine Tagebücher, wobei Spotz deutlich eine noch jüngere Klientel anspricht. Schon die Tatsache, dass sich sein Name auf Kotz reimt und ihm das durchaus bewusst ist, sorgt für die ersten Grinser auf Jungsgesichtern im Alter zwischen sieben und zehn. Das mit Comicelementen versehene Buch zielt nicht zuletzt auf genau diejenigen jungen Leser ab, deren Lieblingsbeschäftigung nichts mit Buchstaben zu tun hat. Könnte durchaus klappen.
(3,8 / 5)
TINO/Dominik Rupp: Seeräubergeschichten
Diese Geschichten, geschrieben von TINO für die erste Lesestufe, also die absoluten Erstleser, sind nicht nur für Jungs geeignet. Leon rettet die ganze Klasse durch ein mutiges Stöpselziehen vor einer grausamen Piratenbande und trotzdem hat die Lehrerin dafür kein Verständnis, Ida und Luka landen in einer Geschichten-Zeitschleife, Lina setzt sich durch in der Piratenwelt und bei Mia und Ben wird eine kleine Figur zum großen Helden.
Die Sätze sind kurz, die direkte Rede ist einfach und verständlich, die Absätze so wie es sein soll: abgesetzt. Kleine Leseverständnisrätsel und ein Aufklebersystem geben den notwendigen Anreiz. Obwohl letzteres dazu führt, dass kleine Erstleser sofort nach dem nächsten Buch rufen. Denn dieses sei ja bereits abgearbeitet. Bei einem Preis von rund acht Euro kann das bei angehenden kleinen Leseratten auf Dauer teuer werden.
(3,8 / 5)
Andreas Steinhöfel: Anders
Schon seine Kinderbücher rund um Rico, Oskar und Paul Vier zeigen, wie einfühlsam und anders der Autor von „Anders“ ist. Andreas Steinhöfel versteht etwas von seinem Handwerk und hat hier eine Geschichte geschaffen, die tief unter die Haut geht. Wer ihn anno 2014 auf der Buchmesse in Frankfurt gehört hat, wird dies bestätigen. „Anders“ ist eines dieser Bücher, die einem lange im Kopf bleiben.
Es geht um den kleinen Felix, der, nachdem ausgerechnet seine ehrgeizige Helikopter-Mutter ihn über den Haufen gefahren hat, die Zeit einer ganzen Schwangerschaft lang im Koma lag und als Anders wieder aufgewacht ist. Erinnerungen an die Zeit vor dem Unfall hat er nicht. Und es gibt da so den einen oder anderen, dem das auch lieber ist. Doch so langsam drängeln sich die Ereignisse wieder ins Bewusstsein des nun gar nicht mehr angepassten und duckmäuserischen Jungen – beinahe mit fatalen Folgen.
Die Hörspielinszenierung ist tatsächlich nur etwas für Hörspielbegeisterte. Denn die Bearbeitung durch Karlheinz Koinegg und die Umsetzung durch den WDR ist, wie es das CD-Cover bezeichnet „atmosphärisch-dicht“. Überladen könnte man es auch nennen. Denn an manchen Stellen macht das Stakkato den Hörer eher nervös und führt dazu, dass man von den eigentlichen Zwischentönen, die Steinhöfel geschaffen hat, abgelenkt wird.
(3,4 / 5)
Gabriele Nicoleta: Das Gift der Narzisse
Wie leiden Kinder unter persönlichkeitsgestörten Eltern? Gabriele Nicoletas Erfahrungsbericht geht nahe.
Springer/Derenbach: Onno & Ontje
Onno, ein alter Fischer, ist ein echter Eigenbrötler. Gerade mal seine Frau, die Olga, hält er einigermaßen in seiner Nähe aus. Und selbst von ihr braucht er oft tagelang Abstand auf dem Meer. Doch eines Tages wird Onno seekrank und kann nicht mehr seinem Beruf nachgehen. Olga muss zum Fischen. Was Onno gar nicht so schlecht findet, hat er doch so auch seine Ruhe. Die allerdings durch ein kleines angeschwemmtes Wesen empfindlich gestört wird. Es scheint eine Seerobbe oder so etwas zu sein, vermutet Onno und bringt das Tier auf eine Sandbank. Aber es kommt zurück. Also versucht er es erneut, und wieder kam das Tier zurück. Und auch das Schicksal schien nicht zu wollen, dass der kleine Otter, der er in Wahrheit ist, Onno wieder verlässt…
Diese Geschichte um den knorrigen alten Fischer und das treue kleine Wesen, das ihn um den Finger wickelt, ist putzig. Anders kann man nicht sagen. Der kleine Otter erinnert an Kinder. Die mit ihrer Art auch direkt in die Herzen anderer eindringen können.
Besonders schön und detailverliebt sind die Zeichnungen von Matthias Derenbach. Da könnte man stundenlang Einzelheiten betrachten. Ein Buch, das nicht nur den Kleinen, sondern auch den Großen Spaß macht und einen daran erinnert, dass man „allerdickste Freunde“ manchmal gerade dann findet, wenn man nicht danach sucht.
(4,1 / 5)
F.X. Mayr für zuhause
Basisch leben, den Körper mal so richtig entsäuern – wer heutzutage kein Yoga macht oder mit dem Faszienball hantiert, der lässt sich zumindest darauf ein. Klingt ja auch ganz nett: Einfach die sauren Lebensmittel weglassen und schon wird alles besser: Haut, Stimmung, Gewicht.
Doch ganz so einfach ist es dann doch nicht. Es gilt Eigenverantwortung zu übernehmen und auch hier, den inneren Schweinehund zu überwinden. „Eine Ernährungsumstellung gleicht einer Reise auf zwei Ebenen: der kulinarischen und der mentalen. Der dafür benötigte Reiseführer ist dieses Buch.“ Wobei die Rezepte nicht alle unter den Aspekt „schnelle Küche“ fallen, eher wird dem Thema Essen als Lebensgenuss das Kochen als Lebensgefühl an die Seite gestellt. Möglicherweise nicht immer nach jedermanns Geschmack. Und nicht immer absolut alltagstauglich.
Der gerade für den Anfänger besonders interessante Aspekt, welche Lebensmittel basisch sind und welche Basenräuber, kommt bei diesem Buch in der einfachen Übersicht ebenfalls ein wenig zu kurz. Hier gibt es für den Einsteiger deutlich bessere. Auch die Absätze über Nahrungsmittelunverträglichkeiten und den Darm als Ernährungsgehirn an sich hätten durchaus ausführlicher ausfallen dürfen. Genau wie die optische Gestaltung, die doch eher bei den Basics bleibt. Und damit die Unmotivierten sicher nicht besonders motiviert.
(1,5 / 5)
Abschied von Umberto Eco
Kurzmitteilung
Hunderte Menschen haben in Mailand von Umberto Eco Abschied genommen, seine Trauerfeier wurde im Fernsehen übertragen, während zahlreiche italienische Städte ihre Flaggen senkten. Der Schriftsteller und Kolumnist, weltberühmt geworden durch seinen Bestseller „Der Name der Rose“, liebte Wortspiele und war einem guten Glas Whiskey nicht abgeneigt. Er verstand es zu leben und das Leben zu kommentieren. Und trotzdem war er niemand, der die Öffentlichkeit suchte.
Dani Atkins: Die Nacht schreibt uns neu
Ein schreckliches Unglück tötet eine von drei Freundinnen und damit fast auch Freundschaftsbande, die lebenslang hätten währen sollen. In Kombination mit der obligatorischen Liebesgeschichte inklusive Gefühlsverwirrung ist das die Kurzbeschreibung dessen, was den Leser erwartet.
Das Buch ist in der Retrospektive geschrieben, beginnt mit dem Heute. Einem festlichen Tag. Wohl die Hochzeit? Doch die Hochzeit mit wem, fragt man sich während der Lektüre. Die mit dem smarten Amerikaner, der ihr das Leben gerettet hat oder doch dem Altbewährten, der sich nicht wirklich als Freund erwiesen hat? Der aber auf ewig Besserung schwört?
Das Buch zieht einen lang nicht so in seinen Bann wie „Die Achse der Welt“. Obwohl es allein schon die Umschlaggestaltung versprach. Sie ist nicht schlecht, die Geschichte, aber irgendwie auch an den Haaren herbeigezogen und reichlich übertrieben. Um mit so viel Kitsch zu arbeiten, hätte die Grundidee deutlich besser sein müssen. Das Ende allerdings ist nicht schlecht. Aber gerade, wenn einem der Vorgänger extrem gut gefallen hat, sollte man dieses Buch lieber stehen lassen und aufs nächste warten. Und dabei hoffen, dass die Autorin wieder ganz zu ihrem alten Stil zurückfindet.
(2,9 / 5).
Nina Blazon: Feuerrot
Diese Autorin ist fast schon ein Garant für Lesevergnügen. Nina Blazon hat zahlreiche Bücher geschrieben: Kinderbücher, Jugendbücher, Krimis,…und Historienromane. „Feuerrot“ handelt, wie der Titel schon ein wenig einfallslos zeigt, von der Zeit der Hexenverbrennung. Orientiert sich am Hexenhammer und möglichst genau am Ravensburg der damaligen Zeit mitsamt seinen Einwohnern, bzw. mit dem, was von diesen überliefert wurde. Das Ganze gekonnt gemixt mit einer guten Portion Phantasie und Erzählkunst.
Lucio bringt im Hause des reichen Kaufmanns, in dem auch Magdalene dient, einiges durcheinander. Irgendetwas stimmt mit ihm nicht, das spürt Madda genau. Und als er sich das erste Mal an sie heranmacht, weiß sie auch, was es ist. Dieses kühle, kalte Flackern in seinen fast schon gelben Augen passt genauso wenig zu dem, der er eigentlich sein soll wie sein Verhalten. Sie ist zu klug, um auf die Verführungskünste des hübschen jungen Italieners hereinzufallen. Doch in Zeiten der Inquisition hat es keine Frau leicht gehabt, der jemand so gar nicht wohlgesonnen war. Und auch Madda muss erleben, wie sie angeklagt wird. Und hätte sie nicht wirklich gute Freunde – sie hätte keine Chance.
Das Besondere an diesem Buch ist das Unrealistische. Denn dass Patrizier sich mit Gesinde und Handwerksfamilien einlassen, um eine von ihnen zu retten, ist so unwahrscheinlich, dass der Gedanke schon wieder faszinierend wirkt. Die rund 500 Seiten lesen sich wie nichts. Aber nur, wenn man schon lange keinen Hexenroman mehr gelesen hat. Oder sich gerade mitten in der Pubertät befindet.
(3,4 / 5)