Theil/Lange: Die Händlerin der Worte

Die Geschwister Jonas und Leonie und ihr neuer Freund Pico versuchen der Händlerin der Worte zu helfen Man hat ihr genau die Wörter gestohlen, die die Menschen brauchen, um gut miteinander auszukommen. Doch ohne „Bitte“ oder „Danke“, ohne „Entschuldigung“ oder „Ich helfe Dir“ funktioniert das Zusammenleben nicht und es gilt, sich zu beeilen, bevor der Streit und die Missgunst komplett um sich greifen. Und die Kinder haben durchaus einen Verdacht: Gibt es da doch jemanden, der gerade einen ziemlichen Reibach macht mit verletzenden und äußerst unschönen Wörtern.

Die Idee dieser Händlerin der Worte ist eine sehr schöne. Wie sie ihre Worte pflegt, wie sie sie hortet, poliert und bewundert – jeder, der Sprache liebt, kann sich die Frau sofort bildlich vorstellen. Wie sie an ihrer Waagschale steht und abwägt, welches Wort in welcher Ausarbeitung für den einzelnen Käufer das Richtige ist. Wie sie sich sorgt, um den Verfall der Sprache und dafür kämpft, dass auch Wörter, die nicht jeder kennt, ihren Menschen finden. Sie zeigt, wie man sich mit guten Wörtern vor bösen schützen kann.

Eine sehr schöne Idee, die leider nur bedingt gut umgesetzt ist. Denn ein Buch über die Macht der Worte dürfte nicht einen einzigen Schreib- oder Grammatikfehler enthalten. Schade, dass es doch passiert ist.
3.0 Stars (3,0 / 5)

Peter Wohlleben: Gebrauchsanweisung für den Wald

Der Wald ist das Thema schlechthin zur Zeit. Und war es irgendwie schon immer: Der Deutsche und sein Wald. In dieses Horn hat schon Goethe geblasen. Da passt die Gebrauchsanweisung für den Wald, geschrieben von einem passionierten Waldliebhaber und gelesen von Stephan Schad, genau zum Trend. Allerdings geht der leidenschaftliche Förster nicht esoterisch an die Sache – auch, wenn es einem beim Thema Gruppenkuscheln in der Natur schon mal in den Sinn kommen könnte – sondern ganz praktisch: Er gibt sein Wissen weiter über die Waldbewohner – tierisch und planzlich. Man erfährt viel über die heimischen Bäume, darüber, wie der Wald in Zukunft aussehen wird, was man dort erleben kann, ob es eine Jahreszeit gibt, in der er am schönsten ist und warum man im Winter eigentlich durch Klopapier läuft, wenn man einen Spaziergang durch den Wald macht. Man weiß nach dieser CD, warum man Buchen bei Gewitter lieber nicht suchen sollte und dass es Bäume gibt, die ein bisschen zickig, aber trotzdem liebenswert sind. Nicht jeder erfährt hier etwas wirklich Neues (Je größer das Tier, desto seltener kann man es sehen) über eines der letzten fast noch intakten Ökosysteme – aber interessant ist es trotzdem, wenn sich der Jagd- und Monokulturgegner Wohlleben über die vermeintlichen Hüter des Waldes auslässt und darüber, welches Holz sich für was wirklich eignet. Man nennt ihn den Baumflüsterer – ob er das ist, können wir nicht beurteilen, aber irgendeinen Nerv muss er getroffen haben, der Herr Wohlleben, wenn er mit seinen Büchern solchen Erfolg hat. („Das geheime Leben der Bäume“ -über 700.000 verkaufte Exemplare und „Das Seelenleben der Tiere“ – über 250.000 verkaufte verkaufte Exemplare).
Peter Wohlleben ist 1964 geboren und es war schon immer sein Trau, ein Naturschützer zu werden. Wohlleben hat Forstwirtschaft studiert und es zum Beruf gemacht, andere in Seminaren, Führungen und eben Büchern in seine Passion einzuführen. Um den Gedanken des Waldschutzes und der Nachhaltigkeit im Wald weiterzuverbreiten, hat der Autor eine Waldakademie gegründet. Also doch ein Baumflüsterer?
4.0 Stars (4,0 / 5)

Swoboda/Glitz: Prinz Franz total Papa

Papas machen alles ein bisschen anders als gewohnt. Aber das ist in der Regel nicht schlechter: Als Ziegenbock Franz nach einem langen Tag nach Hause kommt, möchte er eigentlich nur noch das, was alle nach einem langen Arbeitstag wollen: ausruhen – lesen – Stille. Aber seine Frau fühlt sich nicht wohl, hat Rücken und so drückt sie ihm die gesamte Kinderschar aufs Auge und verzieht sich mit den Worten „Das schaffst Du schon!“ auf’s Sofa. Also zieht er los und natürlich dauert es nicht lange, bis die Kinder anfangen zu jammern: Eines möchte getragen werden, ein anderes muss mal – das übliche Programm eben. Noch nimmt es Papa Franz gelassen, als dann die Lämmer aber nicht mehr vollzählig sind, wird er nervös …
Letztendlich gelingt es dem Bock seine Lämmerschar heil und gut gelaunt nach Hause zu bringen. Und auch Gerda ist wieder ganz entspannt … so ein paar Stunden ohne die Kinder lassen einen schnell merken, dass man die Stille, die man sich sonst so herbeisehnt, gar nicht allzu lange braucht.
Bilderbuchliebhaber kennen Prinz Franz bereits seit vielen Jahren und auch dieses Bilderbuch aus dem Hause Thienemann ist gelungen. Am lustigsten ist es, wenn man es einen Papa nach einem langen Tag vorlesen lässt und dabei sein Gesicht beobachtet.
Das Einzige, was ein bisschen Punktabzug gibt, ist die Sprache. Das Gereime hätte es hier nicht gebraucht, die Geschichte und vor allem die Bilder verlieren dadurch ein bisschen.
2.5 Stars (2,5 / 5)

Sophie Kendrick: Das Gesicht meines Mörders

Clara wurde bei einem Einbruch niedergeschlagen, fiel ins Koma und hatte eine Amnesie, als sie wieder aufgewacht ist, erkennt nicht einmal mehr ihre eigenen Mann. Soweit, so logisch. Aber irgendwie hat die junge Frau das Gefühl, dass hier irgendetwas komisch ist. Vor allem die Tatsache, dass sie keinen einzigen Freund, keine Freundin auf der Welt hat, scheint ihr seltsam. Ihr bleibt nur Roland, ihr Mann und sie versucht, sich auf das Neue, bekannte Unbekannte einzulassen. Doch dann kommt es zu einem Mordanschlag – und nur ein Erinnern kann das Überleben sichern.
In dieser Geschichte gibt es nicht nur eine Wende, sondern gleich mehrere. Immer, wenn man glaubt, man hätte eine Ahnung, wer der Mörder sein könnte, wird man wieder hinters Licht geführt. Die Autorin, die bisher nur für andere geschrieben hat, versteht etwas vom Schreiben, das spürt man sofort. Und Beate Rysopp versteht etwas vom Erzählen. Ein Hörbuch, das mit ca. neun Stunden lang, aber keine Sekunde langweilig ist.
4.5 Stars (4,5 / 5)

Katie Kennedy: Der Asteroid ist noch das kleinste Problem

Ein Asteroid rast auf die Erde zu und die besten Wissenschaftler aus der ganzen Welt wurden zusammengetrommelt, um in letzter Minute eine Lösung zu finden. Unter ihnen ist auch Yuri, ein ganz junger russischer Wissenschaftler, der schon studiert hat, als Gleichaltrige noch zur Schule gingen.

Der 17-Jährige weiß ganz genau, wie der Asteroid zu stoppen wäre, aber obwohl er zu den Superhirnen gehört, vertrauen ihm die anderen nicht hundertprozentig und wollen lieber auf Nummer sicher gehen. Nummer sicher allerdings, das weiß Yuri ist die Nummer sicher für die Zerstörung zumindest eines Teils der Erde. Und dann bringt ihn auch noch Luna (wie passend!) aus dem Konzept. Luna ist so ganz anders als andere Mädchen, eine Traumtänzerin mit einer ausgeflippten Familie und einem enormen Vertrauen in Yuris Fähigkeiten, sie ist sich sicher, dass er die Welt retten wird.

Dieses Buch ist eigentlich für Jugendliche geschrieben, aber es ist eines von denen, bei denen es richtig Spaß macht, sie zu lesen – auch, wenn man selbst bereits lang aus diesem Alter raus ist. Es ist witzig geschrieben, die Story hat was und die Protagonisten sind einfach liebenswert komisch.

4.5 Stars (4,5 / 5)

Der wilde Garten

Wenn ein Buch mal richtig Lust macht auf Sommer, dann dieses. Ein Bilderbuch ist es aber nicht, ein Kinderbuch irgendwie auch nicht und ein Bastelbuch – na, irgendwie auch nicht. Es ist etwas Besonderes. Etwas, das zum Beispiel Jugendliche lieben, die mal eine Auszeit für ihren Kopf brauchen und von der Schule abschalten wollen. „Der wilde Garten“, das sind filigrane Illustrationen, die man selbst zum Leben erwecken kann. Blumen und Kräuter, Teichlandschaften und solche, die mediterran angehaucht sind, Schmetterlinge und kleine Vögel, all dem kann man Leben einhauchen – mit dem Farbstift oder auch mit den beigefügten Rubbelaufklebern. Oder man kombiniert beides. Wie auch immmer man es macht – es wird eine meditative Tätigkeit. Vorausgesetzt man bringt etwas Geduld und feinmotorisches Geschick mit. Verfügt man über dieses nicht, wird es schwierig …

3.5 Stars (3,5 / 5)

Schnitz-Kids

Natürlich ist Schnitzen nicht nur etwas für Jungs, aber für die ganz besonders. Und man kann sicher sein, dass man einem Sieben- bis Zehnjährigen eine Super-Freude macht, wenn man ihm ein Buch wie dieses schenkt. Hier erfährt man nicht nur, wie man sich einen Feuerstab, eine Zwille (Wurfschleuder) oder eine Krokodilratsche bastelt, sondern lernt auch, welche Messer sich eignen, wie man sie am besten hält, dass es unterschiedliche Schnitzarten gibt und wie sich die verschiedenen Hölzer unserer Heimat am besten schnitzen lassen. Und da es auch Mädchen gibt, die Spaß am Schnitzen haben, sind auch für sie einige eigene Vorschläge dabei: eine Kette zum Selbstschnitzen, ein Holunderring und natürlich Schwerter aller Art – denn wer sagt, dass nur Jungs richtig kämpfen können?

Und wer mal wieder nicht weiß, was er Oma oder Opa zum Geburtstag schenken kann, der bekommt hier auch ganz tolle Tipps. Wie wäre es zum Beispiel mit einem selbstgemachten Tür-Stopper oder noch besser dem Buttermesser ganz aus Holz? Das kann man sich dann auch mal schnell schnitzen, wenn man beim Picknick sein Brotmesser vergessen hat.

Das Buch ist gut bebildert, die Anleitungen sind ausführlich aber nicht ausschweifend und die Ideen fantasievoll. Ein wunderbarer Sommer- und Herbstbegleiter. Ein Blick lohnt sich übrigens auch auf den Autor. Thade Precht ist Designer, lebt in Berlin und sein Thema ist das Spielzeug. Vor einigen Jahren gründete er Knot*Knot, ein Label für handumknüpfte Kabelprodukte.
4.5 Stars (4,5 / 5)

Katharina Kunter: Geheimversteck Wartburg

Jan und Mila machen einen Familienausflug zur Wartburg. Toben dort durch die alten Gemäuer und stellen fest, dass hinter jeder Tür ein neues Abenteuer auf sie wartet. Sie machen eine Zeitreise und „besuchen“ Martin Luther. Erleben ihn von klein auf, erfahren, was ihn zu dem gemacht hat, was er später war und warum seine Ideen nicht immer nur hochgelobt wurden und auch jetzt noch nicht immer hochgelobt werden müssen.
Dieses Kinderbuch, erschienen im Lutherjahr, zeigt auf fast schon spielerische Weise, wie es sich vor 500 Jahren zugetragen hat, wie die Menschen lebten und was sie erleiden mussten, um den Weg zu beginnen, den wir religiös gesehen auch heute noch gehen.
Man kann viel lernen aus diesem Buch. Man erfährt, warum ein Mönch wie ein Krebs in einem Schneckenhaus lebt, dass Martin Luther eigentlich Luder hieß und warum er sich umbenannte und was Martin Luther mit dem „Denkzettel“ und dem „Lockvogel“ zu tun hat.
Es ist eines von zahlreichen Büchern zum Thema 2017 und abgesehen von den etwas seltsamen und ziemlich überladenen Zeichnungsseiten zwischendurch ist es auf jeden Fall eine sinnvolle Lektüre. Und eine, für die es Punkte auf Antolin gibt.
3.0 Stars (3,0 / 5)

Möbest, Korthues: Als Mama nur noch traurig war

Anja Mörbes wagt sich hier an ein Thema, das nur sehr schwer zu erklären gelingt und an das sich auch nur wenige Kinderbuchautoren wagen: die psychische Erkrankung eines Elternteils. Jan ist fünf Jahre alt und manchmal kommen die Grummelgrame. Nicht zu ihm, sondern zu seiner Mama. Er merkt es jedesmal daran, dass sie ihm nicht zuhört, wenn er ihr etwas gaaaaaanz Wichtiges erzählen möchte. „“… und dann hat Lena gesagt, dass ich ihr allerbester Freund bin“ – Aber Mama reagiert nicht, sie starrt auf den Boden. Aber da ist nichts Interessantes, das hat Jan schön überprüft. Da ist gar nichts zu sehen.“
Manchmal geht sie auch einfach aus dem Zimmer, statt ihm abends etwas vorzulesen und mit ihm zu schmusen. Ist zu müde, sagt sie. Sie findet es zu laut, wenn er mit seiner Freundin spielt und weint scheinbar ohne Grund, sagt, dass er und Papa gar nichts verstehen. Und das stimmt, Jan versteht das wirklich nicht. Aber er gibt sich alle Mühe. Und die Schuld. Auch Papa wird immer stiller und lacht kaum noch. Doch dann überredet Papa die Mama zum Ritter zu gehen. „Jan sagt nichts. Aber er ist froh, dass es einen Ritter gibt, der Mama helfen kann.“ Dass der nicht in einer Burg wohnt und auch gar nicht so kräftig scheint, um mit den Grummelgramen fertigzuwerden, verwundert Jan zunächst. Aber dann erklärt Herr Ritter ihm, dass er ein „Seelenklempner“ ist und seiner Mama helfen wird, das Loch in ihrer Seele, in dem die Grummelgrame wohnen zu reparieren und sie so zu vertreiben …

Eine psychische Erkrankung hat immer auch eine Auswirkung auf das Umfeld. Und am schlimmsten ist es, wenn Kinder noch klein sind und nur sehr schwer verstehen können, warum sich Mama oder Papa so seltsam verhalten. Sie beziehen es auf sich und es entsteht, zusätzlich zur sowieso schon schwierigen Situation ein enormer Druck. Umso wichtiger ist es, dem Kind kindgerecht zu erklären, was vor sich geht und dass es nichts, absolut nichts dafür kann. Und leider auch nichts dagegen. Denn helfen muss sich der betroffene Elternteil selbst. Und zwar, indem er sich Hilfe holt. So wie die Mama von Jan.
4.5 Stars (4,5 / 5)

Anke Stelling: Bodentiefe Fenster

Sandra ist 40 und wie viele ihrer Generation möchte sie die Welt retten – oder, sagen wir mal so, sie möchte zumindest dazu beitragen. Ihr Leben in einem alternativen Mehrgenerationenhaus ist ein Teil davon. Aber auch, wenn sie es nicht zugibt, es geht ihr auf die Nerven, darüber zu diskutieren, ob das Befüllen des Planschbeckens im Hof schon Ressourcenverschwendung oder noch vertretbar ist. Sandra macht zu viel, weil andere es wollen. Sogar ihre Kinder hat sie bekommen, weil sie es ihrer Mutter mal versprochen hatte. Ob sie mit der (Lebens-)Situation so wie sie jetzt ist, zufrieden ist, darüber erlaubt sie sich nicht, nachzudenken. Theoretisch. Denn praktisch macht sie 250 Seiten lang nichts anderes.

Nachgedacht wird überhaupt ziemlich viel in diesem Buch. Über sich selbst, den Mann, das Liebesleben der Freundinnen, über Hinz, Kunz, Gott und die Welt. Es passiert nicht viel und irgendwie hinterlässt dieses Buch letztendlich ein unbefriedigendes Gefühl. Denn oft drehen sich ja schon die eigenen Gedanken im Kreis und die möchte man mit einem guten Buch anhalten und nicht noch mit ein paar Anregungen zum Grübeln extra anschubsen. Man ist gewillt, bisweilen die Protagonistin aus ihren Szenen zu ziehen und ihr zu sagen, sie solle sich doch jetzt endlich mal zusammenreißen …

Eigentlich sagt einem schon die Aufmachung der Lektüre, dass man es hier nicht mit der puren Lebensfreude zu tun hat. Aber irgendwie hofft man auf echte Literatur, wenn man ein Buch wie dieses in der Hand hat – da allerdings wird man enttäuscht.

Anke Stelling ist eine sympathische Autorin mit durchaus guten (Dreh-)Büchern. Dieses Buch allerdings gehört nicht zu ihren Glanzwerken.
1.5 Stars (1,5 / 5)