Katja Reider und Henrike Wilson: Joschi, der Mäuseheld

Hier handelt es sich um eines der Bilderbücher, die das Thema ‚Mut‘ in den Mittelpunkt stellen. Der kleine Mäusenachwuchs ist nämlich alles andere als tapfer und erlebt seine Abenteuer lieber mal zuhause in wilden Tagträumen.

Doch dann müssen Mama und Papa einkaufen gehen und lassen den kleinen Mäuserich alleine daheim. Zum ersten Mal. War da nicht ein Geräusch, hat es dort nicht geknackt? Joschi ist ziemlich froh, als sein bester Freund Anton vorbeikommt und zu zweit machen sie sich auf den Weg ins Abenteuer. Dabei werden die beiden innerhalb nur eines Mäusenachmittags ein ganzes Stück größer. Innerlich.

Kein außergewöhnliches, aus dem Rahmenn fallendes Bilderbuch, aber nett, sehr nett gemacht.
3.4 Stars (3,4 / 5)

Andreas Steinhöfel: Paul Vier und die Schröders

In der Ulmenstraße, da geht es korrekt zu. Da hat alles seine Ordnung und die einzigen Probleme, die hier vorherrschen, sind die Fragen nach Gelingen des Kaffeekränzchenkuchens und nach dem, was wohl die Nachbarn sagen. Und die haben einiges zu sagen, als die Schröders einziehen.

Wagt es da doch tatsächlich eine alleinerziehende Frau mit vier Kindern die Fassaden der umliegenden Häuser zu erschüttern. Wo gibt’s denn so was, allein das ist ja schon asozial, da ist man sich schnell einig. Und dann auch noch mit Kindern, die sich reichlich seltsam verhalten und Namen tragen, die von Lea und Max genauso weit entfernt sind wie der Mond von der Erde. Dass sie zusätzlich eine Schlange als Haustier haben, macht die Sache nicht besser. Die Schröders müssen weg, da sind sich alle einig. Alle bis auf Paul und seine Mutter, die das Leben im Rahmen der Scheinheiligkeit schon lange satt hat.

Paul mag die Schröders und vor allem mag er Delphine. Er rettet ihre kleine hellsichtige Schwester beim Schlafwandeln, durchschaut die fiesen Tricks der Nachbarn und versucht, der außergewöhnlichen Familie zu helfen. Dabei kommt er dahinter, dass Delphines Mutter todkrank ist und eigentlich nur wollte, dass ihre Kinder in einer Umgebung aufwachsen, die kinderfreundlich, sicher und normal ist. Nur leider muss sie schnell erkennen, dass normal oft spießig ist und spießig durchaus gefährlich werden kann. Schließlich droht alles, was sich dem nicht anpasst, den Schleier zu lüften und das wahre Ich der Spießer zu offenbaren.

Ein Hörspiel für Jungs und Mädchen, das sich gekonnt kritisch mit unserer Gesellschaft auseinandersetzt und eine wunderbare Gesprächsgrundlage über den äußeren Schein bietet. Spannend aufgebaut, gut umgesetzt und irgendwie viel zu kurz.
4.0 Stars (4,0 / 5)

Lorenz Pauli und Kathrin Schärer: Oma – Emma – Mama

Ein besonders ausgefallenes und außergewöhnliches Bilderbuch trägt den Titel ‚Oma- Emma-Mama‘ uns ist herausgebracht von Lorenz Pauli und Kathrin Schärer. Bei den ‚Protagonisten‘ handelt sich um Chamäleons, die Verstecken spielen. Oma sucht und die kleine Emma auch und zwar nach einem passenden Versteck, doch nichts will klappen. Und letzendlich braucht auch Oma ein Versteck, denn Mama traut ihr wieder mal nicht zu, dass sie alleine klarkommt – in ihrem Alter. Großmutter und Enkelin sitzen also in einem Boot…

Auch dieses Bilderbuch, das sich mit dem Generationenkonflikt und der häufigen Ähnlichkeit zwischen Greis und Kind beschäftigt, besticht vor allem durch seine ganz besonderen Bilder und den nicht gerade alltäglichen Charakter des Chamäleons. Einfach mal was anderes. Schön.
4.0 Stars (4,0 / 5)

Knister/Eve Tharlet: Die schöne Schelly

Schelly ist ein Lamm, das so gerne auch wie die Großen geschoren werden möchte. Und es passt ihr gar nicht, dass sie bis zum nächsten Jahr darauf warten soll. Trotzig haut sie ab und begegnet anderen Tieren, die sie – aus den verschiedensten Gründen – glühend um ihr schönes Fell beneiden. Das macht sie Stück für Stück hochmütiger. Und es ist ihr auch egal, dass ihr Fell immer länger wird, sie schwitzt und nichts mehr sehen kann. Frei nach dem Motto: Wer schön sein will, muss leiden. Bis sie der schlauen Eule begegnet, die Schelly zeigt, wie wunderbar Teilen sein kann.

Knister, der inzwischen bereits über 40 Titel auf dem Markt hat, die teilweise in bis zu 30 Sprachen übersetzt wurden, geht wie immer ein bisschen tiefer als andere Bilderbuchautoren. Dabei bleibt er textlich aber auch für kleine Kinder verständlich und Eve Tharlets Illustrationen unterstreichen seine Worte optimal. Ihre Art zu zeichnen spricht Kinder extrem an. Sie übertreibt nicht, erfasst Stimmungen sehr feinfühlig und baut auf jeder Seite etwas zum Entdecken und zum Schmunzeln ein. Ein Dreamteam!

Nele Palmtag: Tauschtag

Kinder lieben die Vorstellung, mit Mama oder Papa zu tauschen. Endlich mal so lange aufbleiben, wie man möchte, essen, was einem schmeckt und bestimmen, wie es laufen soll. Doch meistens stoßen sie schnell an ihre Grenzen und sind froh, wenn der Selbstversuch wieder vorbei ist und sie das sein dürfen, worum die Erwachsenen sie beneiden: Kind.

Franzi hat keinen Bock auf Schule und Anatol ist ebenfalls genervt. Er findet die Brote, die seine Eltern ihm in den Kindergarten mitgeben, superlangweilig und lang nicht so cool wie die von Kai. Papas Vorschlag, mal die Rollen zu tauschen, kommt bei den Kindern gut an. Soll sich doch der Vater mit den Broten blamieren, dann wird er schon sehen, was er davon hat. Aber Papa findet eine ganz andere Lösung. Genau wie Mama, die den Freundinnen ihrer Tochter auf faire Art und Weise zu ihrem Recht verhilft und dann doch endlich mal einsieht, was an einem Kindertag so wahnsinnig anstrengend sein kann.

as Thema ist eines von denen, die regelmäßig in die Kinderbuchwelt zurückkehren. Aber auch immer genug hergeben, um nie langweilig zu werden. Der Phantasie sind nur wenige Grenzen gesetzt und auch dieser Autorin gelingt es, einen neuen Aspekt zu beleuchten.

Ihre Zeichnungen allerdings sind etwas gewöhnungsbedürftig und ihre illustratorischen Schwerpunkte nicht immer nachvollziehbar. Liegt aber vielleicht auch daran, dass es sich um die Diplomarbeit der Autorin handelt und sie etwas vom ‚allgemeinüblichen‘ Zeichenweg abweisen wollte. Das jedenfalls ist ihr gelungen.
3.0 Stars (3,0 / 5)

Kate Klimo: Der frechste Drache der Welt

Gleich zu Beginn des neuen Jahres gibt der deutsche Buchmarkt ein Kinderbuch her, das das Zeug zum Klassiker hat. Die Geschichte hat Witz und Pep, die Erzählweise ist für jung und alt gleich ansprechend und die Zielgruppe sowohl männlich als auch weiblich. „Der frechste Drache der Welt“ nimmt den Leser in seinen Bann.

Jesse lebt bei seiner Cousine Daisy und deren Familie, da seine Eltern in der Entwicklungshilfe arbeiten und er keine Lust mehr gehabt hat, ständig durch die Weltgeschichte zu ziehen. Die beiden Zehnjährigen verstehen sich blendend und auch bei Onkel Joe und Tante Maggie fühlt Jesse sich willkommen. Onkel Joe liebt Steine und nimmt sie daher manchmal mit auf einen Ausflug in die Berge, um außergewöhnliche Exemplare zu finden. Diesmal findet Jesse ein so genanntes Donnerei, ein Stein, der mit Kristallen gefüllt ist, doch mit diesem Donnerei stimmt irgendwas nicht, es kann sprechen. Kein Wunder, schließlich ist ja auch ein Babydrache drin, der kurz danach ausschlüpft. Zunächst so klein wie eine Eidechse, wächst Emmy, die sogar sprechen kann, schnell heran und es wird für Jesse und Daisy immer schwieriger, sie vor den Eltern zu verstecken. Aber die sind eigentlich gar nicht das Problem, das Problem ist Dr. St. Georg, der Drachentöter, der wie wild hinter Esmeralda her ist – er hat es auf ihr Blut abgesehen. Warum und wieso, das erfahren die beiden Kinder von dem geheimnisvollen Professor Andersson. Der ihnen unter drachengefunden.org noch mit ein paar anderen Tipps weiterhelfen kann. Doch zunächst einmal beginnt die atemberaubende Jagd inklusive Rettungsaktion des kleinen Drachen…

Dieses Buch ist nahezu perfekt. Schade nur, dass es die Drachenseite nicht gibt. Nach dem Beispiel von anderen Büchern wäre es witzig gewesen, hier ein paar Hintergrundinfos aufzubauen.
4.8 Stars (4,8 / 5)

Philip Militz/Kai Pannen: Tom und die Schimpfwortpolizei

Tom hat ein ungewöhnliches Hobby. Er sammelt Schimpfwörter. Akribisch verzeichnet er jedes neue Exemplar in seinem kleinen roten Notizbuch.

Und wenn er schlechte Laune hat, dann vergreift er sich an seinem Vorrat und belästigt seine Umwelt mit dem Wortmüll. So zumindest sieht das die Schimpfwortpolizei, die eines Tages in Form von Kommissar Karl-Bruno Bitterbeck vom Dussel-Dezernat vor ihm steht. Er will Tom das Schimpfen austreiben und wenn es sein muss, ihm den Mund mal kräftig mit Seife auswaschen. Doch Tom zeigt dem Herrn Ordnungshüter, wozu Schimpfwörter gut sein können.

Fast jedes Kind kommt einmal in die Phase, in der es die verschiedenen, meist bei Freunden neu gelernten Wörter gründlich ausprobiert und damit seine Umgebung nervt. Dieses Buch ist eine gute und humorvolle Grundlage für ein entsprechendes Gespräch. Man kann sich gemeinsam die in Bilderform gefassten Schimpfwörter betrachten, überlegen, was sie bedeuten und festlegen, welche gar nicht gehen.
3.8 Stars (3,8 / 5)

Barbara Rose/Kerstin Völker: Ich tausche meine Mama um

Pauline hat sich über ihre Mutter geärgert und jetzt hätte sie am liebsten eine andere. Anfangs nimmt Paulines Mama das noch mit Humor, doch bald muss sie erkennen, dass es ihrer Tochter sehr ernst damit ist. Ein ganz besonders gut gelungenes Bilderbuch von Barbara Rose und Kerstin Völker.

„Du bist gemein. (…) Am liebsten hätte ich eine andere Mutter. Eine, die viel mehr lustige Sachen mit mir macht und bei der ich nicht immer mein Zimmer aufräumen muss.“ Pauline ist außer sich vor Wut. Und die Tatsache, dass ihre Mama ihr lediglich vorschlägt, sich eben eine neue Mutter zu kaufen, macht es nicht besser. Pauline stiefelt ab, auf der Suche nach einem Mutterladen. Immerhin: Mama darf mit. Und wird beim Antiquitätenhändler Schneck in Zahlung gegeben. Pauline tauscht sie gegen dessen Mutter. Doch die findet Erdbeereis zu kalt und von Fahrgeschäften auf dem Rummel wird ihr schlecht. Ziemlich bald hätte Pauline dann doch gern ihre eigene Mutter wieder. Aber die hat Herr Schneck inzwischen verkauft. An einen Mann, der gut für sie bezahlt hat….

Mama ist genau richtig so wie sie ist. Und auch, wenn es momenteweise manchmal so aussieht, kein Kind möchte eine andere. Barbara Rose ist eine Geschichte gelungen, die sich erfrischend aus dem Bilderbuchdschungel heraushebt, sich prima für kleine Trotzköpfe eignet und spielerisch, ja geradezu liebevoll zum guten Ende führt.

„Geschichten für Kinder zu schreiben ist sehr viel schwieriger als Texte für Erwachsene zu verfassen“, so die Autorin in einem Interview mit der Stuttgarter Zeitung. Die Mutter von vier Kindern schlägt sich oft die Nacht um die Ohren, um Geschichten zu Papier zu bringen, deren schärfste Kritiker ihre eigenen Töchter sind.

Die Zeichnungen von Kerstin Völker sind fröhlich, aussagekräftig und detailverliebt. Es macht Spaß, sie wiederholt zu betrachten und die wunderbar eingefangenen Emotionen gemeinsam mit Kindern zu entdecken. Prädikat: äußerst wertvoll.
5.0 Stars (5,0 / 5)

Carola Holland/Angelika Glitz: Am liebsten bin ich Gustav

Gustav ist ein kleiner Hund. Zumindest dachte er das, bis die Kühe der Ansicht waren, wer so schöne schwarze Flecken auf weißem Fell habe, der könne nur eine Kuh sein….

Das verwirrt Gustav. Und auch sein Freund, der eingebildete Großmaulfrosch, ist ihm nicht wirklich eine Hilfe bei der Identitätsfindung. Na gut, denkt Gustav, und verbringt von nun an seine Tage auf der Weide. Nur blöd, dass er von dem vielen Gras dauernd rülpsen muss. Und als dann der Wolf kommt und ihn für seinesgleichen erklärt, da blickt der kleine Gustav gar nicht mehr durch.

Dieses Bilderbuch, das in Kooperation mit der Eltern-Zeitschrift entstanden ist, ist ein besonders schönes Exemplar zum Thema Selbstfindung. und gut geeignet für die Erkenntnis, dass man besten man selbst ist, um sich in seiner Haut so richtig wohl zu fühlen.
3.4 Stars (3,4 / 5)

Jeanette Randerath/Günther Jakobs: Du bist ein echtes Wundertier

Ein kleiner Vogel wird am Strand angespült. Der Seehund und das Deichschaf finden ihn und nehmen ihn auf. Es ist eine kleine Trottellumme, wie der Einsiedlerkrebs fachkundig feststellt und die Tiere des Strandes machen sich daran, sie zu unterrichten. Jeder will ihr das beibringen, was er am besten kann.

Doch das klappt nichts so ganz. Zumindest nicht nach dem Zeitplan, den sich die Tiere vorgenommen haben. Die Trottellumme hat ihren eigenen. Dabei lernt sie eine ganze Menge und zwar ohne, dass irgendjemand etwas davon merkt.

Nach einem schweren Sturm ist der kleine Vogel, den alle in Sicherheit wähnten, plötzlich verschwunden und seine neue Tierfamilie ist krank vor Angst. Doch die Trottellumme hat viel gelernt und schafft den Weg zurück…

Jedes Kind ist etwas ganz Besonderes, das ist die Hauptaussage dieses Buches. Und jedes hat seinen eigenen Entwicklungszeitplan – den es zu akzeptieren gilt. Ein Plädoyer für entspannteres Lernen.

Der Autorin Jeanette Randerath und dem Illustrator Günther Jakobs ist ein sehr einfühlsames Bilderbuch gelungen, dessen Zeichnungen an Kindchenschema nichts fehlen lassen.

Wer übrigens zu einem bestimmten Thema ein passendes Bilderbuch sucht, wird auf der Pädagogenseite des Thienemannverlags fündig. Egal, ob es um´s Ängstlichsein, um Toleranz oder um das Trotzen geht, die Vorschläge sind prima und sehr hilfreich.
4.6 Stars (4,6 / 5)