…und solche, die es werden sollen. Das erste Türchen naht und dieser Kalender ist tausendmal besser als Schokolade: Man hat mehr davon! Hinter jedem Türchen versteckt sich ein Mini von Ravensburger – so etwas wie ein Pixibuch. Das ist zwar ursprünglich von Carlsen, aber Pixi ist so geläufig unter Eltern, dass es fast schon ein Deonym ist. Ein Markenname, der sich in den allgemeinen Sprachgebrauch geschlichen hat. So wie Tempo, Zewa, Uhu, Tesa oder Labello. Da weiß jeder, was gemeint ist. Bei den kleinen Büchlein, die sich in diesem Adventskalender verstecken und die wunderbar in jede Handtasche passen, geht es nicht immer um Weihnachten, aber immer um Themen, die Kinder im Alter zwischen vier und acht Jahren interessieren. Mal ist es die Feuerwehr, mal sind es Tiergeschichten – und alle sind auch gut für Erstleser geeignet.
Besonders schön ist auch die Aufmachung des Kalenders, er hat sozusagen Übergröße, ist in angenehmen Farben gehalten und nach zwölf Tagen, also zur Halbzeit, darf man ihn rumdrehen. Nicht der erste Kalender dieser Art, aber ein ausgesprochen schönes Exemplar.
 (4,5 / 5) 
Sunil Mann: Immer dieser Gabriel
Gabriel hat es nicht einfach im Engelsinternat – es fällt ihm schwer, sich an die Regeln zu halten. Und er hat keine Lust, sich von anderen ärgern zu lassen. Die Internatsleiterin ist nicht begeistert. Aber wirklich streng ist sie auch nicht. Auch, wenn er ab und zu die Milchstraße säubern oder die Pfeile für Amor spitzen muss – der kleine Nachwuchsengel erinnert sie nämlich ziemlich an sich selbst. Und deswegen bekommt Gabriel auch die Chance, schon vorzeitig als Schutzengel auf die Erde zu kommen. Ein ziemlich spannendes Abenteuer. Das fast noch ein bisschen gelungener wäre, wenn man es in 24 Kapitel eingeteilt hätte. Das hätte sich gerade bei einem Buch wie diesem wirklich angeboten.
„Immer dieser Gabriel“ ist niedlich illustriert und gut geschrieben. Schön zum Vorlesen und prima geeignet auch für kleine Erstleser. Mit einer großen Einschränkung: Wieso schaffen es die Verlage nicht, wenigstens die Kinderbücher ohne Fehler zu drucken? So schwer kann das Lektorat eines solchen Buches doch nicht sein? Ein Wort wie „Regebogen“ dürfte da wirklich nicht vorkommen! Und noch eine weitere Anmerkung: Wenn man witzig sein möchte, dann müsste man das manchmal zu Ende denken, denn wie soll man einem Grundschulkind erklären, was am „Sauren Regen“ lustig sein soll? Das fällt schwer, wenn man selbst in der Zeit des Waldsterbens aufgewachsen ist.
Sunil Mann lebt in der Schweiz und ist der Sohn indischer Einwanderer. Man kennt ihn eher als Krimiautor mit zahlreichen Auszeichnungen. Wie schön, dass er sich auch mal an eine Kindergeschichte gewagt hat. Sollte er öfter machen.
 (4,5 / 5)
Firas Alshater: Ich komm auf Deutschland zu
Er sieht aus wie der typische Hipster – coole Klamotten, Vollbart, Brille. Und er ist witzig. Macht als Comedian Karriere, und wie es sich gehört für einen, der Anfang der 90er geboren und up to date ist, auch als Youtuber. Soweit nichts wirklich etwas Besonderes. Die Tatsache, dass Firas Alshater noch vor ein paar Jahren in Syrien für seine politischen Videos verfolgt und gefoltert wurde, wirft auf das Ganze aber ein anderes Licht. Letztendlich haben ihn seine Filmaufnahmen gerettet und das Ticket in den Westen bedeutet. Seitdem ist der Syrer verblüfft. Über unsere Behörden, das Pfandsystem oder Fahrkartenautomaten. Wobei er dabei ja in guter, auch deutscher Gesellschaft ist. Darüber kann man sich echt manchmal nur wundern.
Wer jetzt aber denkt, dass „Ich komm auf Deutschland zu“ ein satirisches, witziges Buch ist, der wird enttäuscht sein. Das gibt das Thema nicht wirklich her. Stattdessen scheint Firas in diesem Buch einen Teil seiner Erlebnisse zu verarbeiten. Und zwar nicht nur das, was er in der Heimat erlebt hat, sondern auch das, was seine Ankunft hier beeinflusste. Man muss schon einen ganz schön positiven Grundcharakter haben, um zum Beispiel ein solches Verhalten eigener Verwandten wegzustecken. Aber der Syrer glaubt nach wie vor fest daran, dass Integration möglich ist. Denn für Firas gilt: Alle Menschen lachen in derselben Sprache. Wenn ihnen dieses Lachen nicht vergangen ist.
 (4,0 / 5)
Eierlikörtage: Das geheime Tagebuch des Hendrik Groen, 83 1/4 Jahre
Eins mal vorweg: Das ist eines der besten Hörbücher seit Langem. Und das ist wirklich ein Buch, das man hören sollte. Denn die Art und Weise, wie von Felix von Manteuffel den grummeligen Hendrik verkörpert, ist einfach unbeschreiblich.
Eigentlich passiert ja gar nichts Spektakuläres, was fast schon wieder das Geniale daran ist. Was soll auch schon groß passieren in einem Altenheim der Mittelklasse. Hendrik beschließt trotzdem ein Jahr lang Tagebuch zu schreiben und dabei darauf zu hoffen, dass er den nächsten Frühling noch erlebt. Umso mehr erstaunt es ihn, dass er nicht nur diesen, sondern auch noch seinen persönlichen zweiten oder dritten Frühling erleben darf. Sein bester Freund, eine coole Socke, wie man sie definitiv selbst gern zum Freund hätte, vor allem in dem Alter, dessen Hund und Hendrik sind an sich schon ein gutes Gespann. Aber als noch ein paar andere dazukommen, die keine Lust auf grässliche Kekse haben, die sie in Tee tunken sollen, wird der Club Alanito gegründet: Alt, aber nicht tot. Jedes Gruppenmitglied – und die Aufnahmekriterien sind streng – muss sich ein Event ausdenken, das alle ein wenig aus ihrem Heimalltag reißt.
Dieses Buch hat alles. Es ist lustig, traurig, macht nachdenklich, tröstet und lässt einen fürchten – der 83-jährige nimmt einen mit auf eine Reise in die eigene Zukunft. Der Autor selbst sagt über sein Buch: „Kein Satz ist eine Lüge, aber nicht jedes Wort ist wahr“. Was wohl schon damit anfängt, dass er weder Hendrik Groen heißt, sondern Peter de Smet. Und uralt ist er auch nicht. Trotzdem: Die bereits in den Niederlanden erschienene Fortsetzung wird hierzulande mit Spannung erwartet. Zeigt uns Hendrik doch, dass man im Leben nicht alles hinnehmen sollte und schon gar nicht das Leben selbst. Annehmen sollte man es. Mit allem, was es zu bieten hat.
 (5,0 / 5)
Sharon Guskin: Noah will nach Hause
Janie ist alleinerziehend, ihr kleiner Sohn Noah ist das Ergebnis eines schönen Urlaubsmomentes. Und auch, wenn das Leben für die junge Frau nicht einfach ist, sie kommen rum, Noah und sie. Doch immer öfter gibt es Schwierigkeiten. Im Kindergarten verhält sich Noah nicht altersangemessen, erzählt Dinge, von denen er nichts wissen sollte, hat fürchterliche Alpträume und ist nur mit mehr als sanfter Gewalt dazu zu bringen, sich waschen zu lassen. Und zuhause ruft er verzweifelt nach seiner Mutter, obwohl diese ihn doch im Arm hält. Dass all das etwas seltsam ist, das ist auch Janie klar und als der Kindergarten Noah freistellt, bleibt ihr nichts anderes übrig, als ihre Ersparnisse dafür zu verbrauchen, von einem Spezialisten zum anderen zu rennen. Doch keiner kommt zu einem Ergebnis. Tabletten solle sie ihm geben, Schizophrenie steht im Raum – bis plötzlich ein alter Mann das Leben der beiden kreuzt. Der Psychologieprofessor beschäftigte sich Zeit seines Lebens mit Wiedergeburt und wittert hier seinen letzten großen Fall – denn die Demenz schreitet bei ihm fort und sein Buch, das Werk, das endlich dazu führen soll, dass die Kollegen ihn anerkennen, ist noch nicht fertig. Die Reise in die Vergangenheit, die diese drei Menschen nun antreten und das, was sie damit lostreten ist zum einen spannend, zum anderen aber auch fast schon gruseliger als so mancher Thriller. Eingebettet in von Wissenschaftlern dokumentierte Fälle, wird der Leser an die Reinkarnation und ihre möglichen Auswirkungen herangeführt. Und dabei erstaunt es nicht, dass die meisten Fälle aus Indien und Sri Lanka stammen.
Es ist das Debüt einer jungen Autorin und der englische Titel „The Forgetting Time“ passt deutlich besser. Zum einen scheinen Kinder, die sich an ein früheres Leben zu erinnern vermögen, dieses im Lauf der Jahre zu vergessen, zum anderen ist auch die Aphasie, die den alten Professor im Griff hat, ein schmerzhafter Vergessensprozess.
Das Buch ist, gerade auch durch seine Unterbrechungen, nicht ganz einfach zu lesen. Harter Tobak und nicht für Jedermann geeignet. Aber das Buch regt zum Nachdenken an und auch wenn die Geschichte des kleinen Noah nur erfunden ist, so mag es doch sein, dass es viele Kinder gibt, die in einer solchen Situation feststecken. Wer mag etwas bezweifeln, was für viele Religionen selbstverständlich ist?
 (3,0 / 5)
David Walton: Quantum
Der Physikprofessor Jacob Kelley hat ein schönes Leben. Eine wunderbare Ehe, tolle Kinder, ein großes Haus und er liebt seinen Job. Nur seine Beziehung zu einer seiner Töchter ist nicht optimal – aber das ist ein Problem, dem er sich nicht stellen will. Bis das Schicksal ihn dazu zwingt. Alles beginnt mit dem Besuch seines Freundes und Kollegen Brian Vanderhall, der reichlich verwirrt von Quantenintelligenzen und Superkräften faselt.
Wer sich schon immer mal mit der Teilchenwelt beschäftigen wollte, sich da aber aufgrund der Komplexität nie rangetraut hat, der ist hier genau richtig. Zu Beginn schluckt der Physik-Laie noch ein bisschen, aber dank Waltons Hilfe und aufgrund seiner anschaulichen Verdeutlichung kommt man schnell in die Materie – im wahrsten Sinne des Wortes. Spiegelneuronen, materialisierte Energie und seelenlose Gegenüber aus anderen Welten…was Kelleys Familie erlebt, ist ein echter Alptraum. Und während er wegen des Mordes an seinem Kollegen und Freund Brian vor Gericht steht, versucht sein zweites Ich den Fall aufzuklären. Mit der Zeit im Nacken, denn jeden Moment kann es sein, dass die Wahrscheinlichkeitswelle, die für die beiden Existenzen eines Ichs verantwortlich ist, zusammenbricht.
David Walton ist eigentlich Ingenieur für einen amerikanischen Raumfahrtkonzern, aber das Schreiben liegt ihm. Ein Buch wie „Quantum“ macht Spaß und fordert unsere Vorstellungskraft heraus.
 (4,0 / 5)
Bob Dylan erhält Literaturnobelpreis
Kurzmitteilung
„Für die Schaffung neuer poetischer Ausdrucksformen“ – das war eines der Argumente, die laut Jury für den Preisträger sprachen. Und natürlich sein Einfluss auf die zeitgenössische Musik. Der amerikanische Folk- und Rockmusiker, übrigens der erste Musiker, der diesen Preis erhält, gilt als einer der einflussreichsten Songwriter des 20. Jahrhunderts. Der Literaturnobelpreis, weltweit wohl die wichtigste Auszeichnung in diesem Bereich, ist da nur die logische Konsequenz für den Songwriter, der mehr als 500 Lieder geschrieben hat. So sehen es die einen. Aber nicht alle: Der ein oder andere hat schon daran gezweifelt und sich gefragt, ob das nicht ein Scherz sein soll. Dabei ist es endlich mal ein Preisträger, den alle kennen. Nicht nur die, die sich täglich mit Literatur beschäftigen oder eben nicht mal die.
Die Nobelpreise werden in Stockholm überreicht. Am 10. Dezember, dem Todestag des Stifters Alfred Nobel. Mal sehen, ob Bob Dylan sich bis dahin dazu äußert.
Rob Harrel: Spotz – ein trollkühner Held
Trolle sind im Königreich Niegelungen reichlich unbeliebt. Aber noch unbeliebter sind die Wölfe. Die sich allerdings schon lange nicht mehr haben blicken lassen. Doch das ändert sich schnell und sozusagen als Wolf im Schafspelz tauchen sie wieder auf. Sie sind auf der Suche nach Rotkäppchens Tochter, von der doch jeder denkt, sie sei irgendwo in Sicherheit. Als dann Spotz‘ bester Freund Kevin, das kleine Schwein gleich mitsamt seiner ganzen Familie entführt wird, da langt es dem Troll und seiner besten Freundin Sierra. Sie machen sich auf zu einer abenteuerlichen Rettungsjagd – mit äußerst verblüffendem Ausgang.
Und auch diesmal wieder gibt es zahlreiche Drumherum-Geschichten. Der dämliche kleine Nachfolgekönig, Trolle an und für sich, Spotz‘ Beziehung zu seinen Mitschülern bzw. Mitschülerinnen – es wird mal wieder nicht langweilig im kleinen Königreich.
Der kleine, nicht besonders helle, aber trotzdem gewiefte Troll geht zielstrebig seinen Weg in die Jungsbücherregale und hat das Zeug dazu, ein Star zu werden. Band drei ist bereits in Bearbeitung und wird auch schon heiß ersehnt. Aber man sollte das Buch den Grundschulkindern, für die es konzipiert ist, einfach selbst in die Hand drücken. Seine comicartigen Bilder unterstützen beim Lesen und zum Vorlesen eignet es sich wirklich nicht. Das gibt einen kleinen Punktabzug.
 (4,0 / 5)
Sarah Forbes: Elsa Zart
Warum die Schule „Henriette Höschens Schule für Aufschneider und Hochstapler“ heißen muss und was die Unterwäsche der Schulnamensgeberin mit der Institution an sich zu tun hat, das erschließt sich auch dem geneigtesten Leser nicht. Vor allem nicht bei der Zielgruppe der Sieben- bis Zehnjährigen, die von den Höschen irgendwelcher Damen nun wirklich meilenweit entfernt sind. Aber letztendlich ist es auch nicht so wichtig, wie die Schule heißt, an der nur Angeber und Dampfplauderer angenommen werden. Und die sich entsprechend unsympathisch präsentiert. Elsa leidet sehr unter der Atmosphäre. Sie lebt dort bei ihrer Tante, die das angeblich auf Frischluft allergische Mädchen nach einer für ihre Eltern tödlichen Flut bei sich aufgenommen hat – klingt großherzig, ist davon aber weit entfernt. Thusnelda Barsch ist abartig, ekelhaft und gemein. Und auch die Internatsschüler lassen Elsa merken, dass sie nicht dazugehört. Nur Rudi ist ihr Freund – traut sich das aber auch (noch) nicht offiziell zuzugeben. Aber immerhin unterstützt er sie, als sie einem Geheimnis auf die Spur kommt.
Natürlich ist dieses Kinderbuch in jeder Hinsicht überzogen. Wenn die seltsamen Damen aus der Küche lebenden Ratten die Schwänze kürzen, um damit den Eintopf zu würzen, zum Beispiel. Oder wenn alle Welt ausflippt wegen einer einfachen Karamellcrème – glaubwürdig geht anders. Aber glaubwürdig muss es ja auch nicht sein. Denn dieses Buch hat einen ganz anderen Zweck – neben dem Mitgefühl mit der sympathischen Protagonistin und dem spontanen Lachen über absurde Einfälle bietet es einen entscheidenden Vorteil: die optimale Gesprächsgrundlage für ein im Grundschulalter nicht unwichtiges Thema: Angeber. Mal sehen, was der nächste Band zu bieten hat.
 (3,0 / 5)
Charlotte Habersack: Bitte nicht öffnen – bissig!
Was macht man, wenn irgendwo „Bitte nicht öffnen“ draufsteht und man in einer Stadt lebt, deren Name Boring Programm ist? Ganz klar, man gerät in Versuchung. Da geht es auch Nemo nicht anders und er macht das Päckchen auf, das an „Niemand am Arsch der Welt“ adressiert ist. Könnte ja für ihn sein. Schließlich heißt Nemo auf Lateinisch Niemand und auch der Rest der Adresse könnte mit ein bisschen Phantasie stimmen. Zunächst sind er und sein Freund ziemlich enttäuscht – bloß ein blödes Plüschtier. Aber dann überschlagen sich die Ereignisse: Es beginnt zu schneien, das Plüschtier wächst und stellt sich als waschechter Yeti mit ziemlichem Appetit heraus…Der Wettlauf gegen die Zeit, den Nemo und seine besten Freunde jetzt antreten müssen, ist reichlich amüsant. Auch, wenn die einzelnen Charaktere teilweise ein bisschen zu überzeichnet sind.
Das Buch eignet sich zwar ganz hervorragend zum Selbst- und Vorlesen, aber die CD ist stimmlich ein echtes Highlight. Wanja Mues. Der Sohn des vor wenigen Jahren tödlich verunglückten Dietmar Mues macht seinem Vater alle Ehre. Einziger Nachteil beim Hörvergnügen, das Cover kommt lang nicht so gut zur Geltung wie beim Buch.
Charlotte Habersack ist wieder einmal ein echter Leseanreiz gelungen und dazu noch einer, der sich für Jungs wie für Mädchen gleichermaßen eignet. Kein Wunder, ist sie doch auch die Autorin eines der witzigsten Bilderbücher der letzten Jahre.
 (4,0 / 5)