Yu Hongcheng: Hen-Hao, das kleine Küken

Vom ersten Knacks im Ei bis zu dem Zeitpunkt, an dem Hen-Hao sich gegen den Hahn auf dem Hof behaupten muss, kann man hier die Entwicklung des Kleinen beobachten. Wie er lernt, dass das Leben hart sein kann, was Feinde anrichten können und dass Mamas meist doch irgendwie recht hatten. Und einen irgendwann loslassen müssen.

Wie von Minedition gewohnt, ist das Bilderbuch etwas anders als andere Bilderbücher. Es ist detailgetreu, sehr realistisch und eignet sich auch für Erwachsene Hühnerliebhaber gut, man kann ewig in seinen Bildern versinken.

Julia Klee/Franziska Harvey: Lilly Osterhase – eine für alle, alle für eine!

Auf der Butterblumenwiese ist richtig was los: der alljährliche Osterhasen-Wettbewerb steht an mit den Disziplinen Schnellhoppeln, Körbchenheben, Hasenturnen und Eierbemalen. Wobei hier ganz eindeutig Salvador Hasi vorne liegt. Doch dann taucht plötzlich ein Wiesel auf und die Stimmung kippt. Bis die kleine Lilly Puschel das Ganze in die Hand nimmt.

Dieses Bilderbuch hat die Freundschaft zum Thema. Und zwar nicht die einfache Form. Sondern die, bei der man über seinen Schatten springen muss, um sie zu gewinnen. Also die, die meist ein Leben lang hält.

Sonja Danowski: Im Garten mit Flori

Linns Opa muss ins Krankenhaus. Doch wer soll sich denn jetzt um seine vielen Blumen im Garten und das Gemüse im Gewächshaus kümmern? Kein Problem, das übernimmt Linn – schließlich hat sie sich immer alles genau aufgeschrieben, was Opa über seine Pflanzen gesagt hat. Gemeinsam mit ihrem Hund Flori und ihrer Freundin Emi gießt sie, hegt und pflegt und sammelt die verflixten Schnecken ein, um sie dort wieder auszusetzen, wo sie keinen Schaden anrichten können. Doch dann finden die kleinen verfressenen Tierchen ihren Weg ins Gewächshaus und fressen genau an dem Tag, an dem Opa aus dem Krankenhaus entlassen wird, alles nieder. Doch wie sind sie reingekommen? Flori!

Diese Art von Bilderbuch muss man mögen, denn so wirklich bilderbuchalterkindgerecht ist sie nicht, wirkt mit ihren detailgenauen und sehr realistischen Zeichnungen antiquiert, unterstrichen noch durch die nicht wirklich immer altersangepasste Sprache. Aber gerade das kann auch den Charme eines Bilderbuchs ausmachen: Dass es eben nicht so ist, wie alle anderen und damit dem kleinen Leser die große Vielfalt auf dem Büchermarkt erst so richtig eröffnen kann.

Werner Holzwarth: Mein Freund Fred

Tim ist Einzelkind und wie viele Einzelkinder – aber natürlich nicht nur diese – hat der Junge einen unsichtbaren Freund: Fred. Fred macht jeden Blödsinn mit, steht auch mal für Tim gerade und ist einfach immer da, wenn dieser ihn braucht.

Das Schöne an dieser „Bilderbuchfamilie“ ist, dass Tims Eltern ziemlich entspannt sind, was Fred angeht. Sie machen sich – zu Recht – keine Sorgen um Tims seelische Gesundheit. Denn die ist absolut im Reinen. Aber manchmal wird auch ihnen Fred zu viel – und dann fliegt er raus. Theoretisch zumindest. Denn praktisch ist es eben ganz praktisch, dass Fred unsichtbar ist …

Charlie Farley/Layn Marlow: Ziemlich beste Brüder

Kleine Brüder können ziemlich nervig sein. Das geht auch Max, dem Hasen so. Und damit Mika ihm ein bisschen Ruhe lässt, schickt er ihn auf eine Mutprobe. Doch als ihm klar wird, wie gefährlich das ist, geht er seinem kleinen Bruder lieber mal nach und hält ihm den Rücken frei … ohne, dass dieser es merkt.

Es ist, wie es sein soll. Geschwister gehen sich auf die Nerven, aber, wenn es darauf ankommt, dann halten sie zusammen. Ein schönes und goldig bebildertes Büchlein über Geschwisterliebe und Geschwistersorge, über Familie und Zusammenhalt. Hier vielleicht schon mal an Ostern denken – gerade in diesem Jahr, wo viele Kinder so sehr auf ihre Geschwister als Spielkameraden angewiesen sind.

Daniel Fehr/Lotte Bräuning: früh los

Jon darf mit Opa einen Ausflug machen. Sie wollen auf den großen Berg, den Opa vor vielen, vielen Jahren schon einmal bezwungen hat. Der Weg dahin ist spannend, der alte Mann und der kleine Junge entdecken überall Faszinierendes, sie lassen Steine über den Gebirgssee springen, beobachten Waldmäuse und machen immer wieder Rast. Und irgendwann beschließen sie umzudrehen.

So einen Opa wünscht sich jedes Kind. Einen mit Zeit. Einen mit Geduld. Und einen, der in der Lage ist, die richtigen Entscheidungen im richtigen Augenblick zu treffen. Ein sehr süßes Bilderbuch, das mit wenig Worten viel ausdrückt.

Steven Gätjen/Andreas Karlström: Schmitt mit Geduld und Spucke

Schmitt ist ein Chamäleon und auf der Reise. Es schaut sich die Welt an und landet dabei auf einer Hasenwiese. Die Hasen sind erst ziemlich skeptisch – schließlich dürfen sie nicht mit anderen Tieren spielen. Aber Schmitt ist in der Lage, sich ihnen anzupassen – zumindest rein optisch – und damit darf er doch. Einem allerdings passt das nicht und er versucht, Schmitt mit einem fiesen Trick wieder loszuwerden – aber Schmitt ist schlauer.

Dieses Bilderbuch in Reimform erzählt ganz schön von Motiven, Absichten und dem, was daraus werden kann. Und im Prinzip ist es ja auch egal, wer es geschrieben hat, ob Otto-Normalverbraucher, ein erfahrener Bilderbuchautor oder ein Schauspieler und ein Moderator – was allerdings nicht so schön ist, ist, dass der Illustrator dabei unter ferner liefen geführt wird – dabei ist er es doch, der dieses Buch erst richtig schön gemacht hat.

Tenzin Priyadarshi: Dem Sinn des Lebens ist es egal, wo er dich findet

Es ist sein Weg, den er gehen muss. Und er findet, obwohl er erst zehn Jahre alt ist, das Ziel, bzw. die erste Etappe dorthin, ganz von selbst. Erstaunlich wie ihn irgendeine Macht regelrecht in ein verstecktes buddhistisches Kloster zu ziehen scheint – ein Kloster, das ihm zuvor immer wieder in seinen Träumen erschienen ist. Es ist erstaunlich, wie groß der Wille dieses Kindes ist, den eigenen Weg zu gehen. Und auch, wenn seine hinduistische Brahmanenfamilie ihn dank ihrer Verbindungen ins ganze Land findet, ihn zurückholt, damit er erst einmal in Ruhe groß werden kann, es zieht ihn noch einmal dorthin. Und er findet seine Bestimmung.

Der buddhistische Mönch Tenzin Priyadarshi, vom Dalai Lama geweiht, ist erzählt in diesem Buch von seinen Gedanken, von guten Gesprächen und Hinweisen, die ihm immer wieder den richtigen Weg gewiesen haben. Er ist bescheiden, wie man es von einem Mönch wie ihm nicht anders erwartet, offen für alles Neue und sich dessen bewusst, dass er noch lange nicht am Ende seines Weges angelangt ist. Beim Lesen wünscht man sich, man hätte nur ein winziges bisschen seiner Demut in sich.

Tenzin Priyadarshi ist heute Präsident und CEO des Dalai Lama-Zentrums für Ethik und transformative Werte am Massachusetts Institute of Technology.

Julia Zweig: Glück. Allein. (K)ein Liebesroman.

Laura ist Ende dreißig, im besten gebär- und bindungsfähigen Alter, sieht ganz gut aus, hat einen Job, der durchaus passabel ist und ne beste Freundin. Ganz gute Voraussetzungen eigentlich. Und trotzdem ist sie Single. Kein Mann in Sicht, der mit ihr Vater-Mutter-Kind spielen möchte. Da fasst sie einen Plan und sucht sich einfach, ganz pragmatisch, einen Vater für ihr zukünftiges Kind. Dass sich da die ein oder andere absurde Situation von allein ergibt, ist klar. Soweit, so gut. Denn die Idee hat was, der Beginn hat was und man denkt, man hätte ein Buch gefunden, das einen durchaus mal wieder zum Schmunzeln bringen kann. Bis das Ganze in echt ziemlich viel Kitsch ausartet und so unrealistisch weitergeht, dass man für jede Leserin nur hoffen kann, dass sie nicht an Märchen glaubt auf der Suche nach dem perfekten Mann.

Es erstaunt, wenn man liest, dass die Autorin eine Journalistenschule besucht hat und diesen Beruf auch ausübt, denn das Buch ist irgendwie nicht aus einem Guss – wirkt eher ein bisschen verkrampft. Schade. Denn wie gesagt, die Idee hatte was.

Monika Gruber: Man muss das Kind im Dorf lassen

Sie stammt aus einem Örtchen namens Tittenkofen im tiefsten Bayern, ist mit Brüdern aufgewachsen und weiß, wie sich Landleben anfühlt, wenn es nicht in Magazinen abgebildet ist. Klar, man muss sie mögen, die Art von Monika Gruber, aber wenn man sie mag, dann kommt man hier CDs-lang nicht mehr aus dem Grinsen raus. Grantelig wie eh und je, mit einer Riesenportion Humor und einer ebenso großen Portion Selbst- und Fremderkenntnis rumpelt die Kabarettistin – oder ist sie doch eher eine Schauspielerin? – mitsamts ihren Hörern durch ihre Kindheit in Bayern. Und wer nur annähernd weiß, wie das ist, der erkennt eine ganze Menge wieder.

Interessant an „Man muss das Kind im Dorf lassen“ sind die leisen Töne, die Monika Gruber in der Erinnerung an ihre Kindheit bis hinein ins junge Erwachsenenalter immer wieder anschlägt. Die Dankbarkeit, die man durch die spöttischen Zeilen gut durchspüren kann, die Liebe, die sie bekommen hat und die Art und Weise, wie ihre Eltern mit anderen, miteinander und mit den Kindern umgegangen sind – der Respekt, das ist das, was diese Frau geprägt hat. Und was sie dazu bringt, bei aller spitzen Zunge das Maß trotzdem immer zu halten. Bemerkenswert. Und ein bisschen beneidenswert.