Peter Härtling: Hallo Opa, liebe Mirjam

‚Eine Geschichte in E-Mails‘ lautet der Untertitel dieses bezaubernden Buches. Dabei ist es so viel mehr. Es ist eine Geschichte der Generationen, eine Geschichte der Errungenschaften der Neuzeit, eine Geschichte über ein pubertierendes Mädchen und ihren kranken Opa, über Frechheiten und Grenzen und eine Geschichte über Abschiede.
Mirjam und ihr Opa schreiben sich E-Mails. Mirjam in ihrer rotzigen und für die Jugend kompromisslosen, Opa in seiner altmodischen und manchmal unbequemen Art und doch finden beide einen Konsens, der sie immer näher zueinanderbringt. „Der Unterschied in der Verrücktheit von vierzehnjährigen Mädchen und beinah achtzigjährigen Männern ist, dass die Mädchen an ihr leiden und die alten Männer sich an ihr vergnügen“, fasst Opa es zusammen und erwartet, wie es zu erwarten ist, Widerspruch. Beide finden Gefallen daran, sich verbal zu duellieren und wie es in unserer schnelllebigen Zeit so üblich ist, hasst Mirjam es, wenn Opas Antwort auf sich warten lässt. Doch eines Tages hat der Großvater einen guten Grund dafür….

Dieses Buch ist eines der schönsten und zugleich traurigsten Bücher der Saison. Glücklich, wer sowohl ein pubertierendes Mädel als auch einen alten Herrn um sich hat – ist er doch nach der Lektüre von „Hallo Opa, liebe Mirjam“ noch tausendmal besser in der Lage, das Überbrücken der Generationenkluft zu bewundern.
Der Autor Peter Härtling ist einer der bedeutendsten Schriftsteller unserer Zeit – lang nicht nur im Bereich der Kinderliteratur bzw. der Umsetzung von Literatur für Kinder.
4.8 Stars (4,8 / 5)

Annette Neubauer, Daniela Kohl: Susi Supergirl – Die Ratte muss weg

Als Suis von der Schule kommt und ihre Mutter ihr Dosensuppe und gekauften Wackelpudding serviert, da weiß die Elfjährige, dass hier irgendetwas überhaupt nicht stimmt. „Susanne, ich muss mit dir reden“, ein Satz der das einläutet, was Susi schon befürchtet hat: die Katastrophe. Papa ist weg. Er hat sich in eine andere Frau verliebt und ist sang- und klanglos ausgezogen. Und als dann auch noch kurz danach bei Mama ein Neuer auftaucht und sie nach kürzester Zeit schon mit dem und seinen Kindern, dem 15-jährigen Akne-Boy und der achtjährigen Ratte, zusammenleben soll, hat Susi die Nase gestrichen voll. Doch als ihre Schikanen der Grund dafür zu sein scheinen, dass Ratte plötzlich verschwunden ist, wird schnell klar: Das hat Susi so nicht gewollt. Ein Fall für Suis Supergirl.

Susi Supergirl ist immer da in der Stunde der Not. Geschaffen von der Elfjährigen, um den Kummer über die Trennung und die Folgen überhaupt auszuhalten. Susi Supergirl fliegt den Problemen einfach davon…und irgendwann beginnt sie, diese zu lösen. Und damit, Susi und das Supergirl wieder zu einer Person zu vereinen.

Ein Buch, das genau auf die Zielgruppe zugeschnitten ist. Nicht nur Trennungskinder finden sich in der Hauptperson wieder, letztendlich betrifft die Thematik des Supergirls alle möglichen Probleme dieser Altersklasse. Daher gibt es auch einen Folgeband, in dem die Patchworkproblematik noch mehr im Mittelpunkt steht.
2.8 Stars (2,8 / 5)

Teri Terry: Gelöscht

Kyla wurde geslated. Ausgelöscht und neu erfunden. Wie man es im Jahr 2054 in England mit allen Jugendlichen macht, die irgendetwas Schreckliches verbrochen haben –meist im Zusammenhang mit dem Terrorismus – und froh sein können, auf diese Weise von der Gesellschaft in der sie leben und von ihren Adoptiveltern eine neue Chance zu bekommen. Doch Kyla muss ein besonders heftiges Exemplar gewesen sein, denn ihre Persönlichkeit scheint sich der Prozedur vehement zu widersetzen. Es dauert bei ihr deutlich länger als bei anderen, bis man sie in die Welt „entlässt“ und selbst dann wird sie immer wieder eingeholt von Erinnerungsfetzen und Träumen, die für sie keinen Sinn ergeben. Sie aber massiv erschrecken. Doch dann findet Kyla, die sechzehnjährige Angeblich-Terroristin heraus, dass sie eigentlich Lucy Connor heißt und bereits mit zehn Jahren vermisst gemeldet wurde. „Das können sie nicht machen, das ist illegal. Wie kann die Regierung ihre eigenen Gesetze brechen?“ fragt nicht nur sie sich, das fragt sich auch ihr Freund Ben, ebenfalls geslated. Und wenn dieser Verdacht stimmt, was hat das zu bedeuten? Die Fragen spitzen sich zu, die Ereignisse auch. Bis Ben es nicht mehr aushält und auf seine Weise gegen die Zustände in der Gesellschaft von morgen ankämpft.

Der Guardian nannte dieses Buch eines der besten Bücher des Jahres und er liegt definitiv nicht verkehrt. Innerhalb kürzester Zeit hat sich der erste Band dieser Trilogie in einen Bestseller verwandelt, übersetzt bereits jetzt in neun Sprachen. Dystopien scheinen den Nerv der Zeit zu treffen und „Gelöscht“ ist eine derjenigen, die nicht nur über eine gute Story, sondern auch über eine ganz wunderbare Sprache verfügen. Dank der Autorin Teri Terry, einer Weltenbummlerin, die von sich selbst sagt, dass sie aufgrund ihrer häufigen Umzüge immer wieder in eine Beobachterrolle gezwungen wurde, sich seitdem besonders für Menschen interessiert, die in eine fremde Umgebung kommen und sich dort eingliedern müssen. Dass der Terrorismus ihr Thema ist, verwundert nicht. Erstens aufgrund seiner Aktualität, zweitens aber auch, weil sie gerade dabei ist, eine Masterarbeit zu verfassen über die Darstellung des Terrorismus in Romanen für Jugendliche.
4.8 Stars (4,8 / 5)

Mirjam Mous: Boy 7

Theoretisch könnte es jedem von uns passieren, dass er eines Tages irgendwo aufwacht, unter Gedächtnisverlust leidet und schnell zu der Erkenntnis kommt: Vertraue niemandem. Nicht einmal dir selbst. Keine schöne Vorstellung.

‚Was auch passiert – ruf auf keinen Fall die Polizei an!‘ – diese Nachricht , mit seiner eigenen Stimme gesprochen, findet Sam Waters auf einem Handy, das er bei sich trägt. Er kann sich an nichts erinnern. Nicht, wie er in die kahle Grasebene kommt, in der er wieder zu sich kam, nicht, wer er ist und woher er kommt. Lediglich der Rucksack, den er in der Nähe findet, scheint einige Indizien zu enthalten. Unter anderem einen Flyer einer Pizzeria, das Foto eines seltsamen Gebäudes und einen kleinen Schlüssel.

Das Mädchen, das Sam aufsammelt und zu einer kleinen Pension mitnimmt, scheint hilfsbereit und nett. Vertrauenswürdig. Doch auch wenn sich Boy Seven, so nennt sich Sam, weil es so in seiner Kleidung steht, nach wie vor an nicht erinnern kann, so kommt er doch Stück für Stück hinter das Geheimnis. Hinter seines und hinter Laras: Der Junge wurde zu Versuchszwecken festgehalten, genau wie andere auch. Ihnen wurde ein Chip hinter das Ohr gepflanzt, mit dem sie komplett steuerbar waren. Es war jederzeit möglich, Teile ihres Gehirns oder auch den gesamten Inhalt zu löschen. Perfekte Voraussetzungen für Verbrechen…

Diese Mischung aus Thriller und Dystopie, gedacht für Jugendliche, nimmt auch ältere Semester komplett in seinen Bann. Die Autorin Mirjam Mous hat sich eine Szenerie ausgedacht, die so abgefahren ist, dass sie wahr sein könnte. Mit Boy 7 ist ihr ein Buch gelungen, das definitiv das Zeug zum Verfilmen hätte.
4.4 Stars (4,4 / 5)

Morris Gleitzman: Einmal

Einmal – da rettete Felix ein kleines Mädchen aus einem brennenden Haus. Einmal – da brachte er einen Nazi mit Zahnschmerzen zum Lachen. Und einmal – da gab es eine Zeit, in der Felix ein Kind sein durfte. Felix ist neun und lebt seit fast vier Jahren im Waisenhaus. Was draußen vor sich geht begreift er nicht. Auch nicht, warum seine Eltern ihn wirklich hierher gegeben haben. Ahnt aber, dass etwas nicht in Ordnung ist. Dass die Eltern, Buchhändler von Beruf, nicht nur ihre Geschäfte ordnen müssen. Und er weiß, dass niemand etwas darüber wissen darf. Ganz besonders nicht die Männer in Uniform, denen es sogar gelingt, die sonst so felsenstarken Nonnen zum Weinen zu bringen. Anfangs hat Felix sich die Zeit mit Geschichten vertrieben. Geschichten, in deren abenteuerlichem Mittelpunkt seine Eltern als Helden dastanden. Doch als Männer mit merkwürdigen Armbinden auftauchen und jüdische Bücher verbrennen, weiß er, was er zu tun hat. Er reißt aus, um Mama und Papa zu helfen, ihre Bücher vor der Verbrecherbande zu schützen. Und gerät mitten ins Warschauer Ghetto. Was der kleine Junge dann in den vom Krieg gezeichneten Straßen erleben muss – kein noch so guter Psychothriller könnte mehr Gänsehaut erzeugen.

Der Roman, geschrieben aus der Sicht und mit den einfachen, oft schon naiven Worten des kleinen Jungen, zeigt die Sinnlosigkeit und die grausame Wahrheit der Judenverfolgung aus einer ganz anderen Perspektive. Aus einer noch erschreckenderen Perspektive. An manchen Stellen ist man sogar versucht, das Hörspiel wieder auszumachen. So bedrückend ist die Stimmung, untermalt von Musik, die direkt in den Bauchraum geht. Durchzuhalten aber lohnt sich, denn hier handelt es sich um eines der Bücher, die man nie wieder vergessen wird. Und genau aus diesem Grund sollten Kinder „Einmal“ auch nicht zu früh und vor allem nicht ohne Vorbereitung hören. Mit dreizehn dürfte das Mindestalter gut eingeschätzt sein.

Morris Gleitzman, der inzwischen eine Fortsetzung des Buches auf den Markt gebracht hat, ist einer der bekanntesten Kinderbuchautoren Australiens – mehrfach ausgezeichnet. Auch ‚Einmal‘ schaffte es, wie es fast schon nicht anders zu erwarten war, auf Nominierungslisten und in Preiskategorien. Bei diesem nahegehende Roman aus der Position eines kleinen Jungen während der deutschen Besatzung in Polen, wurde der Autor inspiriert durch die Geschichte eines jüdischen Arztes, der sich heldenhaft für Kinder einsetzte.

Lissa Price: Starters

Ausrottung und Aussterben sind genauso Thema der meisten Zukunftsvisionen in Romanform wie ungleiche Verteilung, Angst und Elend bei den Übriggebliebenen. Lissa Price allerdings kam mit der gleichen Basis auf eine ganz neue Idee.
Sind es in Stephenie Meyers Science Fiction mit dem Titel „Seelen“ Außerirdische, die die Körper der Menschen übernehmen, so werden sie in ‚Starters‘ von Alten ersetzt. Sporen haben dafür gesorgt, dass Menschen zwischen zwanzig und vierzig von der Bildfläche verschwunden sind. Überlebt haben vor allem die schwachen Mitglieder der Gesellschaft. Diejenigen, die zuerst geimpft wurden. Inzwischen gibt es fast nur noch Teenager, wenige Kinder und eine ganze Menge Alter. Die locker bis zu 200 Jahre alt werden können. Die sogenannten ‚Enders‘ fühlen sich zwar nicht so, sehen aber entsprechend aus. Mit all den Zipperlein, die so dazugehören. Wen wundert es da, dass sie sich nichts sehnlicher wünschen als einen jungen Körper für ihr erfahrenes Bewusstsein.

Und hier kommen die ‚Starters‘ ins Spiel. In Ermangelung von Bezugspersonen leben viele von ihnen auf der Straße. Immer auf der Flucht vor den Häschern, die sie, wenn sie sie erwischen, bis zu ihrem 18. Lebensjahr in Heime stecken, die mehr lieblosen Kasernen denn einem Zuhause gleichen. Hier beginnt die Geschichte von Callie. Das junge Mädchen, das sich hingebungsvoll um seinen kleinen Bruder kümmert, ist verzweifelt. Tyler ist lungenkrank und braucht teure Medikamente und er braucht dringend ein warmes Dach über dem Kopf. Um ihm dies zu bieten, wählt sie den Weg zur Body Bank. Das Unternehmen Prime Destinations bietet eine Menge Geld für einen zu mietenden jungen Körper. Versehen mit einem im Gehirn implantierten Neurochip kann das Bewusstsein eines alten Menschen, eines Enders, den Körper übernehmen. Sex ist nicht erlaubt, gefährliche Sportarten auch nicht und nach ein paar Tagen, vielleicht einem Monat ist der Spuk vorbei. Die Sechzehnjährige lässt sich trotz aller Zweifel auf den Deal ein, wacht aber dummerweise zu früh auf und findet sich wieder im Leben einer reichen alten Frau, die sich zur Aufgabe gemacht hat, ihre verschwundene Enkelin zu suchen und dabei den Kampf gegen Prime Destinations aufnehmen will. Zwei Seelen wohnen nun in dieser Brust und nachdem sich die beiden zunächst bekämpfen, gehen sie später eine Allianz ein.

Lissa Price hat mit diesem futuristischen Thriller ein ganz beachtliches Debüt abgelegt, das – vor allem in der Hörbuchfassung gelesen von der Synchronstimme des jungen Vampirlieblings Bella – ziemlich unter die Haut geht. Abgesehen von ein paar wenigen, überschaubaren Nebenschauplätzen konzentriert sich die Autorin auf den eigentlichen Plot und hält den Leser so bei der Stange.
Das Ende allerdings kommt zu abrupt und lässt dabei doch auch der Phantasie zu wenig Spielraum. Was dazu führt, dass der Roman so eigentlich nicht für sich selbst stehen kann. Welch ein Glück für die Leser und Hörer, dass Lissa Price bereits an einer Fortsetzung arbeitet. Mit dem wenig erstaunlichen Titel „Enders“.
Lissa Price: Starters, erschienen als Hörbuch bei Osterwold im März 2012, gelesen von Annina Braunmiller, der Preis für sechs CDs liegt bei rund zwanzig Euro.

Maureen Johnson: Teuflisch

Die Jagd auf die menschliche Seele: ein Thema, das nie langweilig wird. Schließlich sind den Phantasien diesbezüglich keine Grenzen gesetzt. Mit ‚teuflisch‘ ist Maureen Johnson ein Jugendbuch gelungen, das spannend, packend und cool aufgebaut ist.

„Es spielt keine Rolle, wie alt du bist, wenn du stirbst, hat man mir gesagt. Wenn du stirbst, ist es eben an der Zeit zu sterben. Man hat mir auch gesagt, mein Leben sei nur ein geringer Preis.Für Allison habe ich ihn gern gezahlt.“

Allison ist Janes beste Freundin. Wobei die beiden unterschiedlicher kaum sein könnten. Jane ist nicht gerade megabeliebt, aber sie weiß sich durchzusetzen. Was sie auch nach außen hin durch ihre Kleidung und ihre große Klappe zu unterstreichen versteht. Allison dagegen ist das geborene schwarze Schaf der Schulfamilie. Sie ist keine Schönheit und weiß sich auch nicht besser zu verkaufen – ein perfektes Opfer. Nicht nur für Spott und Häme, sondern auch für die Abgesandte der Hölle, die in Form von Lanalee in Allisons Leben tritt und zunächst wie eine Wohltäterin erscheint. Ally leidet so sehr, dass sie ihre Seele für ein bisschen Beliebtheit verkauft.
Jane merkt schnell, dass etwas faul ist und gemeinsam mit Owen, einem Wiederauferstandenen und Bruder Frank, ihrem Mathelehrer, nimmt sie den Kampf mit den Dämonen auf.

Wer jetzt eine Geschichte à la Buffy erwartet, ist schief gewickelt. Denn Maureen Johnson hat eine Story gestrickt, die in sich absolut stimmig ist, ohne völlig abgedroschen zu wirken. Sie versteht es, immer wieder Überraschungsmomente einzubauen und der Phantasie freien Lauf zu lassen. So manches Mal lebt ihr Roman eher von Andeutungen denn von Gewissheiten. Ein gelungenes Stück Jugendliteratur – absolut lesenswert nicht nur für die junge Generation.
4.1 Stars (4,1 / 5)

Maureen Stewart: Speed

Clay hat mit Drogen nichts am Hut. Schon deshalb nicht, weil seine Mutter säuft und ihm das schon genug auf die Nerven geht. Bis Clay sich in Carrie verliebt. Carrie ist anders als die anderen Mädchen. Nicht so oberflächlich, findet Clay. Seitdem er in Bio neben ihr sitzt, kann er kaum anders, als ihre Sommersprossen zu zählen. Doch eines Tages hört er ein Gespräch mit zwischen Greg, dem Schuldealer und seiner Angebeteten. Und das, was er kaum glauben kann, wird schnell zur Gewissheit. Carrie dealt. Nicht so skrupellos wie Greg, aber auch sie verkauft Drogen an andere Schüler. Durch seine Liebe zu dem Mädchen wird Clay immer mehr mitgezogen. Probiert hier mal und da, ändert seine Meinung über das, was cool ist und als Carrie auch noch mit ihm zum Schulball gehen will, ist er der glücklichste Junge der Welt. Glaubt er. Doch dann kommt alles anders.

Dieses Buch lässt weder ein Klischee noch eine der gängigen Drogen aus. Es wird gekifft, gezogen und geschluckt, was das Zeug hält. Kein Wunder, dass es da einen nach dem anderen wegbeamt. Ein bisschen übertreibt sie schon, die Autorin, aber letztendlich versucht sie ja auch nichts anderes, als den Sog zu beschreiben, in den man geraten kann, ohne es richtig zu merken. Schön der Nebenstrang mit Sivesh, Clays bestem Freund und dessen Zerrissenheit im Rahmen der Loyalität.

Maureen Stewart hat sich eines Themas angenommen, das viele Jugendliche beschäftigt: Drogen und wie soll man damit umgehen, wenn sie als cool gelten. Sie ist nicht so jung, diese Autorin, wie man denken würde, wenn man ihr Buch „Speed“ liest. Aber sie ist am Puls der Zeit geblieben. Mrs Stewart ist Australierin, hat über zwanzig Jahre lang unterrichtet und in dieser Zeit galt ihr Interesse den Problemen und Gefährdungen, mit denen Jugendliche heutzutage zu kämpfen haben. Ihr Ziel: Denkanstoß und Hilfestellung geben. Und das ist ihr mit diesem Buch über die Verlockung durch Drogen – zu dem es übrigens auch Unterrichtsmaterialien gibt – schon gelungen.
2.7 Stars (2,7 / 5)

Stephenie Meyer: Biss zum Morgengrauen

Ein junges Mädchen, dessen Eltern getrennt sind, entscheidet sich – notgedrungen – für das Leben beim Vater. In einem langweiligen, dunklen, verregneten Kaff in Washington State. Bereits bei ihrem ersten Besuch in der neuen Schule fällt ihr Edward auf… und man denkt, man hätte ein seichtes Collegemärchen vor sich. Doch es ist deutlich mehr.

Edward und seine Familie sind Vampire. Da kommt Bella schnell dahinter. Und Edward ist von Bella genauso fasziniert wie sie von ihm. Er vertraut ihr seine Geschichte an und begibt sich damit voll und ganz in ihre Hände, genau wie sie sich ihm ausliefert – Vertrauen steht gegen Vertrauen. Bis eine zweite Vampirfamilie im Ort auftaucht und einer von ihnen es auf das Menschenmädchen abgesehen hat. Der Kampf kann beginnen….

Eigentlich ist das Buch mit dem besonders schönen (deutschen) Cover für Jugendliche geschrieben, aber es ist definitiv kein Jugendbuch im typischen Sinne. Das Hörbuch ist von der Schauspielerin Ulrike Grote übrigens eine Spur zu mädchenhaft vertont worden. Man hätte Edwards Charakter sicher auch mit einer Frauenstimme deutlich geheimnisvoller darstellen können. Doch trotzdem: Die Entwicklung der Beziehung zwischen Bella und Edward, die typischen und untypischen Momente, die die beiden miteinander erleben, der Spannungsbogen, der gegen Ende massiv erhöht wird – durchaus gelungen!

Das Nachfolgebuch ist bereits auf dem Markt. Doch über den Sinn von Fortsetzungsgeschichten lässt sich streiten. Irgendwann ist immer die Luft raus und dann bereut man es, den zweiten Band überhaupt noch in die Hand genommen zu haben. Doch manche Erzählung ist so dicht, dass sie durchaus noch Stoff für Hunderte von Seiten in sich trägt. Diese hier könnte eine davon sein. Schade ist allein, dass durch die Existenz des zweiten Buches das Ende des ersten lächerlich erscheint. Denn manches sollte man vielleicht doch lieber der Phantasie überlassen. Vor allem, wenn sie so gekonnt angeregt wurde.
4.6 Stars (4,6 / 5)

Sean Stewart/Jordan Weisman: Cathy’s Book

So richtig schön durchgeknallt und endlich mal was anderes auf dem (Jugend-)Buchmarkt ist Cathy’s Book – so eine Art interaktiver Tagebuchkrimi.

Cathy ist verschwunden und sie hat ihrer besten Freundin Emma und auch ihrer Mutter nur eines hinterlassen: ihr Tagebuch. Sie nennt es in einem Brief das „Beweismaterial“ und weist darauf hin, dass die darin aufgezeichneten Telefonnummern angerufen und die Webseiten angeklickt werden sollen. Und genau darin liegt der Reiz dieses Buches. Es ist interaktiv, man soll handeln und landet auch tatsächlich auf entsprechenden Seiten oder weiterführenden Mailboxen.

Was es mit Victor, Cathys Exfreund, auf sich hat, warum sie plötzliche eine Einstichstelle im Arm hat, die verdächtig nach Fixen aussieht und wo sie eigentlich ist, das muss man sich Stück für Stück selbst zusammenreimen.

Allein die Aufmachung dieses Romans mit Thrillerelementen ragt aus all dem Coolness-Einheitsbrei der Jugendliteratur deutlich heraus. Cathy’s Book ist aufgemacht wie ein echtes Tagebuch mit den üblichen Randkritzeleien und Zeichnungen. Und das erste, das einem auffällt, wenn man das Buch in die Hand nimmt, sind die auf der Innenseite eingeklebten „Beweise“. Zettelchen, vollgekritzelte Servietten, Todesanzeigen, alte Fotos, Kalenderseiten und lauter Kram, den man in jedem Tagebuch finden könnte und der Stück für Stück auf den Weg zu des Rätsels Lösung führen soll. Es aber nicht wirklich tut, denn das Rätsel löst sich auch von alleine. Aber mit den Hinweisen kann man Cathy immerhin immer einen kleinen Schritt voraus bleiben.

Dieses Buch könnte der Anfang von etwas ganz Neuem sein – hier handelt es sich nicht um eine erzählte Geschichte, es handelt sich auch nicht um einen Tagebuchroman, sondern hier wird wohl zum ersten Mal in dieser Form mit real Existierendem gespielt und das genau auf heutiges jugendliches Verhalten abgestimmt. E-Mails, Telefonieren wo auch immer man ist, Chatten, Anrufbeantworter und all der Technikkram, den es in der Jugend anderer noch gar nicht gegeben hat.

Fazit: Witzig gemacht und vor allem bei den weiblichen Lesern zwischen 15 und 30 Jahren dürfte dieses Buch genau ins Schwarze treffen.

Jordan Weisman ist übrigens ein bekannter und rund hundert Mal ausgezeichneter Designer von PC-Spielen und Sean Stewart ein mehrfach preisgekrönter Fantasyautor und zusammen sind sie es gewohnt, sich in der interaktiven und der virtuellen Welt zu bewegen. Sie haben bereits vor Jahren ein Spiel entwickelt, das vorgibt, gar kein Spiel zu sein – und verwenden dieses Prinzip auch jetzt bei Cathy’s Book wieder.
3.1 Stars (3,1 / 5)