Selma Lagerlöf: Nils Holgerssons wunderbare Reise durch Schweden

„Es war einmal ein Junge. Er war vielleicht vierzehn Jahre alt, lang und schlacksig und flachshaarig. Viel taugte er nicht: Am liebsten schlief oder aß er, am zweitliebsten trieb er Unfug.“ So beginnt eines der berühmtesten Kinderbücher der Welt, neu herausgeben von „Die Andere Bibliothek“, einem Garant für schöne und lesenswerte Bücher. Das Besondere am Besonderen hier: Denn zum ersten Mal liegt dieser Weltbestsellererfolg auf Deutsch in der vollständigen Übertragung der Erstausgabe von 1906/1907 vor. Wobei sich dem geneigten Leser ziemlich schnell erschließt, dass in den bisherigen Übersetzungen teilweise, so der Verlag, „skandalös“ gekürzt wurde.

Jetzt also kann er reisen mit den Wildgänsen, der kleine Nils Holgersson, geschaffen von der Literaturpreisträgerin Selma Lagerlöf, kann seine Abenteuer als Däumling erleben und seine wunderbare und spannende Reise durch Schweden und zum eigenen Ich.
4.0 Stars (4,0 / 5)

Elisabeth Vollmer: Picknick in der Badewanne

In diesem Buch werden 24 Geschichten aneinandergereiht, immer auf Grundlage der gleichen Familie. Die Kinder erfahren viel über das Familienleben der Schreibers, den Eltern Anke und Christian sowie den drei Kindern Silas, Julia und Lena. Ob es kleine Streiche sind, angstvolle Momente oder liebevolle – immer vor dem Hintergrund der Gottesgläubigkeit. Das macht es allen anderen Familien ein bisschen schwer beim Vorlesen. Denn wer nicht ganz so gläubig ist und/oder seinen Kindern etwas anderes vermittelt, hat bisweilen echte Schwierigkeiten auszuweichen. Ein weiterer riesiger Kritikpunkt: Die Geschichte, in der es um das Thema Scheidung bzw. Trennung geht. Denn wie es sich für eine gottesfürchtige Familie zu gehören scheint, sind die Eltern doch glatt in der Lage, ihren Kindern zu versprechen, dass sie sich immer lieben und achten werden. Wie muss sich da ein Kind fühlen, dessen Eltern das auch versucht haben, aus weltlichen oder welchen Gründen auch immer aber daran scheiterten? Das sollte sich die Autorin vielleicht doch mal überlegen. Denn es mag sein, dass sie oder die Figuren in ihren Büchern dieses Glück haben – Millionen von Frauen (und auch Männer) stehen alleine mit ihren Kindern da. Und das liegt sicher nicht daran, dass sie nicht an Gott glauben.

Wer sich auf dem Buchmarkt auskennt, der weiß, dass Gerth Medien eine kirchliche bzw. religiöse Tendenz hat. Wer aber zu dem Buch greift, weil es so nett aussieht, weil ihn die Fragen am Schluss eines jeden Kapitels begeistern oder weil es sich so gut als Adventskalender eignet, der mag enttäuscht sein.
1.0 Stars (1,0 / 5)

Dr. Dominic Walliman/Ben Newman: Professor Astrokatz – Universum ohne Grenzen

Dieses Buch ist alles andere als nur für Kinder geeignet. Auch Erwachsene können hier schon allein beim Vorlesen eine ganze Menge lernen und/oder wiederholen. Man erfährt, wie man das Echo des Urknalls noch heute per Radio einfachen kann, wie eine Rakete funktioniert oder wie die ersten Raketen vor 1000 Jahren in China aussahen. Doch auch, wenn es für kleine und große Klugscheißer die perfekte Infoquelle ist, so ist dieses Buch doch noch viel mehr: Ein Schatz reich an Entdeckungen, ein Buch, das man nicht am Stück liest, sondern in dem man immer wieder stöbert und immer wieder etwas Neues, Spannendes entdeckt.

All diejenigen also, die sich schon immer für Sonne, Mond und Sterne sowie die Geheimnisse des Universums interessiert haben, sind hier bei Professor Astrokatz genau richtig. Einzig nicht so schön, aber das ist letztendlich Geschmacksache, sind das unhandliche Format und das raue Papier.
3.9 Stars (3,9 / 5)

Julia Volmert/Elke Broska: Ein Rucksack voller Glück

Das Auto muss in die Werkstatt und der geplante Ausflug fällt ins Wasser. Flo und Mia sind echt enttäuscht. Doch dann erzählt ihnen ihre Mama vom Glücksrucksack: Jeder Mensch, vom Baby bis zum Opa, trägt einen unsichtbaren Rucksack auf dem Rücken. Der eine ist schwer und voller Sorgen, drückt den Rücken des Betroffenen weit nach unten und lässt ihn traurig schauen. Ein anderer ist randvoll und wenn man glücklich verliebt ist, dann wachsen dem Rucksack sogar Flügel. Die Mama zeigt den beiden, wie man schlechte Gefühle durch gute ersetzt. Was man tun kann, damit der Rucksack wieder schön leicht wird.

Dieses Bilderbuch ist so, wie man es von Julia Volmert gewohnt ist. Allerdings fehlt es ein bisschen am Spannungsbogen. Irgendwie erwartet man sich mehr. Aber der Ansatz ist gut. Die Idee, die Seele als Rucksack darzustellen, den man beliebig füllen kann, macht das Thema deutlich anschaulicher und lang nicht so abstrakt wie es eigentlich ist.

Ein schönes Extra, ganz typisch für die Bücher aus dem albarello-Verlag, sind die Glückspostkarten im Buch. Wunderbar geeignet, anderen ein Lächeln auf die Lippen zu zaubern und somit auch deren Glücksrucksack mit Positivem zu füllen.
2.9 Stars (2,9 / 5)

Joachim Friedrich: Die furchtlosen zwei von Bahnsteig 3

Billy und sein bester Kumpel Pommes, der seinen Spitznamen nicht von ungefähr hat, sind Tauben und leben auf Bahnsteig 3. Gemeinsam mit ihrer Gang und ihrem Boss. Das allerdings gefällt dem Bahnhofswärter gar nicht und er versucht mit allen Mitteln, die Viecher zu vertreiben. Eines Tages gelingt es ihm, alle Tauben sind auf einen Schlag verschwunden – entführt. Doch Billy, Pommes und ihre neuen Freunde aus dem edlen Taubenhaus lassen sich das nicht gefallen.

Es gibt ein bestimmtes Alter, da finden vor allem Jungs das Benützen von Wörtern aus dem Fäkalienbereich wahnsinnig komisch. Und die kommen hier voll auf ihre Kosten. Es macht richtig Spaß, dieses Buch einem Fünfjährigen vorzulesen, der sich jedes Mal bei dem Wort Kack-Attack und den dazugehörigen Zeichnungen kaputtlacht. Wobei man auch als Erwachsener zugeben muss, dass das Buch in seiner Art so witzig geschrieben ist, dass man selbst nicht umhin kann, bei der Vorstellung – und nicht nur bei dieser – grinsen zu müssen. Ein echt gelungenes Buch, das seine Zielgruppe zwischen fünf und elf perfekt erreicht.
4.9 Stars (4,9 / 5)

Antje Szillat: Flapsi Flodder, das Kellermonster

Wer hat schon Angst vor Flapsi Flodder? Leider niemand. Und genau das ist auch Flapsis Problem. Denn, wenn das kleine Monster es nicht schafft, Menschen so richtig zu erschrecken, wird es erneut durch die Monsterprüfung fallen und dann wird es mit Schimpf und Schande aus der Monsterfamilie geworfen.

Doch Leo, der Flapsi Flodder an Halloween im Keller des neuen alten Hauses gefunden hat, in das seine Eltern mit ihm gezogen sind, und Ida, die Nachbarstochter wissen Rat. Sie helfen dem kleinen Monster so richtig gruselig zu sein und finden damit einen Freund fürs Leben.

Antje Szillat ist ja fast schon ein Garant für gute Kinderbücher. Dieses hier ist ihr mal wieder besonders gut gelungen. Die Geschichte ist niedlich und einfach mal was anderes. Die Szenen, in denen keiner weiß, wer jetzt mehr Angst vor wem hat, sind dabei die besten.
4.4 Stars (4,4 / 5)

Brigitte Endres/Joelle Tourlonias: Hallo, ich bin auch noch da!

Eines gleich vorweg: Endlich mal wieder ein richtig gutes Bilderbuch. Eines, das alles hat, was ein Bilderbuch braucht: Gute Zeichnungen, kindgerechte Texte und ein kleines bisschen ‚Die Moral von der Geschicht…‘.

Doch worum geht es? In einem kleinen Zooladen mitten in der Stadt bleiben viele Leute, eher kleine als große, vor den Käfigen hängen. Sagen ‚Oh, wie niedliche‘ oder ‚Ach, wie süß‘, meinen aber immer nur die Kaninchen, die Wellensittiche oder Meerschweinchen. Nie bemerkt einer das kleine Chamäleon, das sich doch jedes Mal so chic macht, wenn einer in den Laden kommt. Sein Schwänzchen zu einer extrahübschen Schnecke dreht und ganz nah an die Scheibe kriecht. Irgendwann hat es genug davon und haut ab. Nach einer Odyssee durch die gefährliche Stadt landet es in einem Bäckerladen, wird beim Anblick einer Schabe unvorsichtig und wäre, inzwischen komplett bemehlt, beinahe geschnappt worden. Beinahe, wäre da nicht Camée gewesen. Das kleine Mädchen, das selbst dauernd damit zu kämpfen hat, dass es nie richtig wahrgenommen wird, rettet das Chamäleon und nennt es Leon. Cha-Mehl-eon!

Übersehenwerden tut weh. Da macht dieses Buch keinen Hehl draus. Aber es zeigt auch, dass es Lösungen gibt: Die richtige Freundschaft kann eine davon sein.
5.0 Stars (5,0 / 5)

Wieso, weshalb, warum? Religionen der Welt

Nicht zuletzt angesichts der Entwicklungen in den letzten Jahren ist es wichtig, ein Grundwissen zu haben über die verschiedenen Religionen. Das gilt bereits für unsere Kinder. Von klein auf sollten sie lernen, andere und ihren Glauben zu tolerieren, sollten verstehen, wo die Unterschiede, wo aber auch die Gemeinsamkeiten liegen. Dieses Buch aus der WWW-Reihe von Ravensburger ist gewohnt anschaulich und verständlich. Es arbeitet mit den üblichen Mitteln: Fenster, die neugierig machen, kleine Textabschnitte, die übersichtlich und informativ sind. Und wahrscheinlich kann auch noch so manches Elternteil so einiges dazulernen über die Gebräuche anderer Religionen und den Sinn, der dahintersteckt.

Was unterscheidet Weihnachten vom Lichter- oder Opferfest? Was hat es mit dem elefantenköpfigen Ganesha auf sich und wie kann ein Fluss die Seele reinigen? Fragen, die deutlich leichter zu beantworten sind als die, die hinter allen Religionen stecken: Was kommt nach dem Tod? Warum leben wir? Und ist unser Schicksal vorbestimmt? Darauf findet auch dieses Buch keine Antwort, aber es lehrt schon kleine Kinder, darüber nachzudenken und die Weite dessen zu überschauen.
4.4 Stars (4,4 / 5)

Suzan Peeters/Milja Praagman: Dreckspatz oder: Ein Unglück kommt selten allein

Frau Stoffel hat einen Putzfimmel. Sie wienert alles, sogar das Goldfischglas und den Kaktus. Schließlich muss alles blitzblank sein, wenn er kommt, der Herr Bürgermeister. Dass er bis heute nie kam, ist für sie nicht relevant. Als sie an diesem Tag ihr Staubtuch im Mülleimer ausschütteln will, bewegt sich dieser. Doch weder lebt der Müll noch waren es die Spaghetti von gestern, die sich hier selbstständig machen, es ist ein kleines Mädchen, das nicht nur fürchterlich schmutzig ist, sondern auch vehement nach Kuchen verlangt. Der Dreckspatz macht sich breit bei Herrn und Frau Stoffel und sorgt so richtig für Chaos. Als es dann klingelt, ist klar, wer vor der Tür steht…

Dieses Bilderbuch ist anders als andere. Und zuerst ist man etwas verwundert über die Geschichte, die in doch relativ steifen Worten erzählt wird. Was auch an der Übersetzung aus dem Niederländischen liegen könnte. Doch mit der Zeit, man muss es mehrmals (vor)lesen, gewinnt sie immer mehr an Charme und mausert sich bald zu einer der Lieblingsgeschichten im Kinderzimmer.
3.8 Stars (3,8 / 5)

Catherine Leblanc/Eve Tharlet: Wirst du mich immer lieb haben?

Dem kleinen Bären ist ein Missgeschick passiert: Er hat sich beim Spielen seine Jacke zerrissen. Doch wider Erwarten ist seine Mama gar nicht böse. Das bringt ihn auf den Gedanken, wann denn Schluss wäre mit der mütterlichen Liebe und er beginnt ein Fragespiel. Was, wenn er in der Schule faul wäre? Was, wenn er absichtlich alles kaputt machen würde? Und was, wenn er mal so sauer auf seine Mama wäre, dass er sie nicht mehr lieb haben könnte? Mit Erstaunen stellt der kleine Bär fest, dass es nichts gibt, das die Liebe seiner Mutter zu ihm vermindern könnte. Wirklich gar nichts?, fragt sich der kleine Kerl. Und es dauert eine Weile, bis er sich zu fragen traut, was ihm wirklich das Herz schwer macht: Was, wenn Mama stirbt?

Dieses Bilderbuch, wie gewohnt perfekt illustriert von Eve Tharlet, erfüllt mehrere Zwecke. Auf der einen Seite eignet es sich für alle Kinder. Schließlich ist es wichtig, dass sie wissen, dass man vielleicht mal sauer ist, aber die Liebe deswegen nicht weniger wird. Es eignet sich für Familien in schweren Abschiedssituationen, mit dem Versuch zu erklären wie unendlich Liebe sein kann. Und es ist ganz prima geeignet für all diejenigen, die bald Konkurrenz in der Familie bekommen werden und diese jetzt schon fürchten. Denn das ist wohl das Erstaunlichste auf der Welt: Egal, wie viele Kinder in eine Familie geboren werden, eine Mama muss vielleicht ihre Zeit teilen, aber nie ihre Liebe. Denn davon scheint es unendlich viel in unseren Herzen zu geben.
4.4 Stars (4,4 / 5)