Jason Lefebvre/Zac Retz: Zu viel Kleber!

Dauernd bekommt Max in der Schule zu hören, er würde zu viel Kleber verwenden. Dabei liebt Max Kleber und zuhause darf er damit experimentieren, so viel er will. Gemeinsam mit seinen Eltern macht er aus Kleber Brillen, Bärte und sogar Kronen. Doch eines Tages gehen die Kleberpferde mit dem Jungen durch und er vermischt Unmengen von Kleber mit diversen Bastelsachen um dann mit Karacho die so verzierte Pfütze zu springen. Das Ergebnis: er ist gefangen. Während die Lehrerin versucht, sich zu beruhigen, versuchen die Kinder ihm zu helfen. Bis Max Papa zu Hilfe gerufen wird. Und der Kleberexperte weiß sofort Hilfe.

Dieses witzige Bilderbuch könnte zwar möglicherweise den einen oder anderen auf blöde Gedanken bringen, die Idee, die dahintersteckt, amüsiert aber. Die Zeichnungen sind detailreich, der Text auch für kleine Kinder schon gut verständlich. Alles in allem ein Bilderbuch, das in seiner Art aus der Reihe tritt.
3.6 Stars (3,6 / 5)

Gernot Gricksch: Die Bank der kleinen Wunder

Es sind die kleinen Geschichten, die das Leben schreibt, die uns am meisten zu Herzen gehen. Sie wie die Geschichte einer unscheinbaren Parkbank, die zur Klaviatur des Lebens zu gehören scheint. Ein Supermodel, ein Mann, der seine große Liebe über Jahrzehnte in sich verschließt, eine junge Frau, die wie durch ein Wunder vor dem sicheren Tod bewahrt wird oder ein Großstadtsingle, der von heute auf morgen zum Vater wird – all diese Lebensgeschichten sind auf faszinierende und Griksch-typische Weise miteinander verbunden. Kitschig wird er nie, gefühlvoll schon.

Gernot Griksch ist ein inzwischen häufig verfilmter Autor. Wotan Wilke Möhring, Hauptdarsteller seines letzten Films, schwört auf ihn und seinen Stoff. Wobei „Die Bank der kleinen Wunder“ ganz sicher bisher zu seinen besten Büchern zählt. Und das will etwas heißen.

Eine Neuauflage mit einigen Geschichten-Extras und einem deutlich besseren Cover.
5.0 Stars (5,0 / 5)

Jojo Moyes: Weit weg und ganz nah – gelesen von Luise Helm

Jess ist eine Frau, die sich durchs Leben kämpft. Putzen geht und an einer Bar arbeitet, um genug Geld zu verdienen, damit es ihren Kindern an nichts fehlt. Und doch fehlt es an jeder Ecke. Nicht nur finanziell, sondern auch emotional. Jess kann sich bemühen, wie sie will, die Tatsache, dass sich ihr Mann aus dem Staub gemacht hat und angeblich keinen Penny zahlen kann macht der jungen Frau das Leben genauso schwer wie die Sorge um ihre Kinder. Tanzie ist nicht wie andere Zehnjährige. Statt sich mit Barbies und ersten Teenie-Idolen die Zeit zu vertreiben, löst sie inhomogene Gleichungen. Und Nicky, Jess Stiefsohn, hat es ebenfalls nicht leicht. Er wird gemobbt, weil er anders ist als andere. Weil er seinen Kummer auf seine Weise verarbeitet.
Auf der anderen Seite der Geschichte steht Ed, für den Jess putzt. Ein lebender Beweis dafür, dass reine Intelligenz auch nicht klüger macht. Er ist ein stinkreicher ITler, der einen massiven Fehler gemacht hat und dabei seine komplette Karriere in den Sand setzte.

Die Story verbandelt die beiden, als Tanzie eine einmalige schulische Chance bekommt und Jess das Geld nicht hat, um sie ihr zu ermöglichen. Bei einem Barbesuch verliert Ed betrunkenerweise einen Bündel Geldscheine und statt sie ihm zurückzugeben, behält Jess die Kohle, um Tanzie ihren Wunsch zu erfüllen. Doch dann ist sie plötzlich auf ihn angewiesen, er ist es, der sie quer durchs Land chauffiert, um ihnen zu helfen. Und er ist, der in Jess Gefühle weckt, an die sie schon gar nicht mehr geglaubt hat. Doch dann kommt er hinter ihren Betrug und zieht sich in sein Schneckenhaus zurück. Jess leidet fürchterlich, kommt aber bald zu dem Schluss, dass Liebeskummer ein Luxus ist, den sich eine alleinerziehende Mutter nicht leisten kann. Sie vergräbt ihren Kummer…

Man hätte die Inhaltsangabe auf tausend verschiedenen Wegen angehen können, denn nachdem man dieses Buch gehört oder gelesen hat, weiß man nicht genau, welcher Strang der Handlung denn nun der Wichtigste ist. Sie fügen sich dermaßen perfekt ineinander, geben ein so gelungenes Ganzes ab, dass man nicht einmal sagen könnte, wer hier die Hauptperson ist. Vielleicht Ed? Vielleicht Jess? Oder doch Tanzie oder Nicky? Wahrscheinlich ist es der Hund, Norman. Denn er ist irgendwie, wenn das überhaupt möglich ist, die tragischste Figur in diesem Roman.
Lesens – bzw. hörenswerter geht kaum noch. Dieses Buch erfüllt alle Anforderungen an gute Literatur. Und diese Sprecherin weiß, wie man gute Literatur in Hörgenuss umsetzt.
5.0 Stars (5,0 / 5)

Gudrun Ongania: An die Töpfe, gärtnern, los!

Die Autorin gehört zu denjenigen, die einfach in der Mitte des Lebens noch einmal neu anfangen. Sie war Unternehmensberaterin, tauschte den spießigen Anzug gegen Gartenhandschuhe und machte nicht nur ein bisschen auf Midlife-Crisis, sondern gründete „VEG and the City“, um Menschen dazu zu bringen, Gemüse in der Stadt anzubauen. Dazu entwickelte sie ein ganz eigenes platzsparendes System, so genannte Erntestationen, bei denen man in die Höhe geht statt in die Breite. Das Ganze machte sie dermaßen erfolgreich, dass sie sogar vom WWF einen Förderpreis bekam.

Vor diesem Hntergrund ist ihr Bildband gleich noch interessanter. Sie erklärt die Notwendigkeit urbaner Gärten, unser Sehnen nach dem Ursprünglichen, hilft, Ecken zu finden, die sich eignen und beschreibt verschiedene Gartentypen inklusive Zeitbudget.

Vielleicht muss der Otto-Normalverbraucher-Garten-oder-Balkon-Begrüner nicht ganz so in die Tiefe gehen, wie sie es tut, aber interessant ist es auf jeden Fall, sich einmal mit pH-Werten und verschiedenen Erde-Typen auseinanderzusetzen. Besonders viel Spaß macht es aber, einfach ein bisschen herumzublättern, die Fotos von Johanna Muther zu bewundern und sich so Lust zu machen, einfach mal wieder etwas Ursprüngliches zu tun. Und wenn man nur Kartoffeln im Sack anlegt.

Eine schöne Ergänzung sind die Rezepte zum Schluss. Überbackene Salbeiblätter oder mit Reis gefüllte Zucchiniblüten sind schließlich nichts, was man alle Tage auf dem Tisch hätte.
4.5 Stars (4,5 / 5)

Theresa Thönnissen: Mein Jahr als Säugetier

Kein Zweifel: Wer zum ersten Mal ein Baby bekommt und nicht zufällig einen ganzen Stall vorher bei Verwandten oder Freunden betreut hat, der wird ziemlich überrascht werden. Denn ein Baby zu haben ist nicht das, was man sich gemeinhin drunter vorstellt. Mütter und auch Väter von heute, oft der Einzelkindgeneration entwachsen, haben heutzutage keine Ahnung von dem, was auf sie zukommt. Learning by doing ist angesagt und meist dauert es nur wenige Wochen, bis sich die kleine Familie aufeinander eingespielt hat. Besonders geschockt war Theresa Thönnissen, selbst ein Kind der Fläschchen-Generation, vom Stillen und allem, was dazugehört: Brüste wie Melonen, Milchpumpen, bei denen man sich vorkommt wie gemolken, Stillhütchen, Brust geben in der Öffentlichkeit mit all seinen netten Facetten, nasse Flecken auf dem Shirt, wenn nur ein schreiendes Baby im Fernsehen kommt und dem dann folgenden Möhrchenmassaker.

Dieses Buch kann Illusionen rauben und gleichzeitig vermitteln, wie zauberhaft es ist, mit einem neugeborenen Wesen die Welt zu entdecken. Mit viel Humor setzt sich die Autorin mit diesen ersten Monaten ihres Mutterdaseins auseinander. Man kann jetzt nicht sagen, dass sie sich wirklich von all den anderen Autoren bzw. Autorinnen dieser Art Literatur gravierend unterscheidet, aber sie ist auch lang nicht so langweilig wie viele unter ihnen. Was wohl daran liegt, dass Sprache ihr Metier ist.
2.4 Stars (2,4 / 5)

Astrid Ruppert: Wenn’s am schönsten ist

Peter, Lukas und Sabine waren einmal eine Familie. Doch das sind sie schon lange nicht mehr. Lukas lebt bei seiner Mutter. Der 18-Jährige macht bald Abitur, spielt leidenschaftlich gerne Klavier, hat eine feste Freundin und glaubt, nicht zu vermissen in seinem Leben. Bis er nach vielen Jahren wieder auf seinen Vater stößt.

Peter ist damals einfach weggewesen aus dem Leben des Jungen. Von einem Tag auf den anderen schien er kein Interesse mehr an seinem Sohn zu haben. Die Verletzung sitzt tief und wird auch diesmal wieder verstärkt. Peter rennt wieder weg. Weniger vor der Situation als mehr vor sich selbst, wie er schnell merkt. Es dauert eine ganze Weile, bis sich Vater und Sohn angenähert haben. Hoffnung, wiederentdeckte Gefühle und Verständnis füreinander werden immer wieder abgelöst von Wut und Enttäuschung. Doch mehr und mehr erkennen die beiden Ähnlichkeiten an sich, nähern sich an. Verstehen, welche Rolle Sabine bei der Entfremdung gespielt hat und wollen neu anfangen. Doch dann erfährt Peter, dass er Leukämie hat…

Die Art und Weise, wie Peter mit seiner Krankheit und dem bevorstehenden Tod umgeht, ist stark geprägt von seinem Drang nach Freiheit, auch innerer Freiheit.

Dieses Buch ist anrührend, traurig und hoffnungsvoll stimmend zugleich. Interessant auch die Darstellung weiterer Charaktere: Hanna, die mir ihrer unaufdringlichen Liebe zu Peter ganz tief in dessen Seele dringt, Sabine, die nach so vielen Jahren eine innere, befreiende Wandlung durchmacht, die sie von so vielen anderen alleinstehenden Frauen abhebt und Peters Eltern, die nur langsam, aber noch früh genug verstehen, dass es nie zu spät ist. Ein wunderschöner Roman über das Leben und Sterben.
4.9 Stars (4,9 / 5)

Jonas Winner: Das Gedankenexperiment

Der junge Philosoph Karl Borchert hat seine wissenschaftliche Karriere an die Wand gefahren. Sein Riesenprojekt, dem System der Sprache mithilfe von Robotern auf die Spur zu kommen, ist an mangelnden Forschungsgeldern gescheitert, sein Lebensauftrag dahin. Als ihm sein Professor dann eine Stelle bei der Kapazität Leonard Habich anbietet, greift er sofort zu. Er weiß, es ist nicht nur seine letzte Chance, sondern überhaupt die Chance an sich. Haben Habichs Theorien ihn doch schon immer fasziniert. Doch auf Schloss Urquardt scheint irgendetwas nicht zu stimmen. Karls erster Impuls ist Flucht, doch Habichs Anziehungskraft ist zu groß. Und nicht nur seine – auch die seiner jungen und äußerst attraktiven Frau Lara. Nach und nach kommt Karl hinter die Geschehnisse und hinter die Rolle, die sein Vater, der zur wissenschaftlichen Clique Habichs gehörte und früh ums Leben kam, bei dem perfiden Spiel in Namen der Wissenschaft spielte. Mit verhängnisvollen Folgen…

Um dieses Buch wirklich zu verstehen, ist es von Vorteil, sowohl von Linguistik als auch von Philosophie eine Ahnung zu haben. Der Ansatz, den Jonas Winner wählt, ist interessant. Nur leider redet er sehr lange um den heißen Brei herum. Und erzeugt damit nicht wirklich Spannung, sondern eher eine Form von gepflegter Langeweile.

Der Autor ist selbst promovierter Philosoph, arbeitete als Journalist und Redakteur, ist bekannt geworden durch sein Projekt Berlin Gothic und hat sich jetzt auf philosophische Thriller verlegt. Ein Genre, mit dem er langfristig durchaus Erfolg haben dürfte.
3.4 Stars (3,4 / 5)

Suzan Peeters/Milja Praagman: Dreckspatz oder: Ein Unglück kommt selten allein

Frau Stoffel hat einen Putzfimmel. Sie wienert alles, sogar das Goldfischglas und den Kaktus. Schließlich muss alles blitzblank sein, wenn er kommt, der Herr Bürgermeister. Dass er bis heute nie kam, ist für sie nicht relevant. Als sie an diesem Tag ihr Staubtuch im Mülleimer ausschütteln will, bewegt sich dieser. Doch weder lebt der Müll noch waren es die Spaghetti von gestern, die sich hier selbstständig machen, es ist ein kleines Mädchen, das nicht nur fürchterlich schmutzig ist, sondern auch vehement nach Kuchen verlangt. Der Dreckspatz macht sich breit bei Herrn und Frau Stoffel und sorgt so richtig für Chaos. Als es dann klingelt, ist klar, wer vor der Tür steht…

Dieses Bilderbuch ist anders als andere. Und zuerst ist man etwas verwundert über die Geschichte, die in doch relativ steifen Worten erzählt wird. Was auch an der Übersetzung aus dem Niederländischen liegen könnte. Doch mit der Zeit, man muss es mehrmals (vor)lesen, gewinnt sie immer mehr an Charme und mausert sich bald zu einer der Lieblingsgeschichten im Kinderzimmer.
3.8 Stars (3,8 / 5)

Catherine Leblanc/Eve Tharlet: Wirst du mich immer lieb haben?

Dem kleinen Bären ist ein Missgeschick passiert: Er hat sich beim Spielen seine Jacke zerrissen. Doch wider Erwarten ist seine Mama gar nicht böse. Das bringt ihn auf den Gedanken, wann denn Schluss wäre mit der mütterlichen Liebe und er beginnt ein Fragespiel. Was, wenn er in der Schule faul wäre? Was, wenn er absichtlich alles kaputt machen würde? Und was, wenn er mal so sauer auf seine Mama wäre, dass er sie nicht mehr lieb haben könnte? Mit Erstaunen stellt der kleine Bär fest, dass es nichts gibt, das die Liebe seiner Mutter zu ihm vermindern könnte. Wirklich gar nichts?, fragt sich der kleine Kerl. Und es dauert eine Weile, bis er sich zu fragen traut, was ihm wirklich das Herz schwer macht: Was, wenn Mama stirbt?

Dieses Bilderbuch, wie gewohnt perfekt illustriert von Eve Tharlet, erfüllt mehrere Zwecke. Auf der einen Seite eignet es sich für alle Kinder. Schließlich ist es wichtig, dass sie wissen, dass man vielleicht mal sauer ist, aber die Liebe deswegen nicht weniger wird. Es eignet sich für Familien in schweren Abschiedssituationen, mit dem Versuch zu erklären wie unendlich Liebe sein kann. Und es ist ganz prima geeignet für all diejenigen, die bald Konkurrenz in der Familie bekommen werden und diese jetzt schon fürchten. Denn das ist wohl das Erstaunlichste auf der Welt: Egal, wie viele Kinder in eine Familie geboren werden, eine Mama muss vielleicht ihre Zeit teilen, aber nie ihre Liebe. Denn davon scheint es unendlich viel in unseren Herzen zu geben.
4.4 Stars (4,4 / 5)

Sophia Rauchberg: ausgehoppelt

Anna liebt ihren Chef Marc und geht davon aus, dass diese Liebe auf Gegenseitigkeit beruht. Doch dem scheint nicht so zu sein. Statt ihr den langersehnten Heiratsantrag zu machen, schickt er sie in den Urlaub und das nicht ganz ohne Hintergedanken – er versucht, ihre Lorbeeren einzuheimsen und sie dafür aus dem Weg zu schaffen. Anna entscheidet sich für Österreich, sie will sich Marcs Familie mal genauer ansehen und gibt sich dort als dessen Assistentin aus. Nicht nur, dass das Land für sie ein Ort mit sieben Siegeln ist, es herrscht auch eine die ihr immer wieder Rätsel aufgibt. Doch nicht nur die Sprache ist rätselhaft, auch die Situation vor Ort ist verzwickt. Wer ist denn nun wer, und wer gehört zu wem, und welche Rolle spielt hier eigentlich Marc?

Dieses Buch fällt eindeutig unter die Kategorie unterste Schublade. Die Geschichte ist an den Haaren herbeigezogen, die Sprachwitze flach wie eine Flunder und die Ausdrucksweise der Autorin alles andere als sprachlich ansprechend. Da mag Sophia Rauchenberg, die in der Literaturwelt noch viele andere Namen hat, noch so viele gute Rezensionen bekommen haben, ein guter, humorvoller Roman sieht trotzdem anders aus.
0.8 Stars (0,8 / 5)