Sabine Bohlmann/Susanne Straßer: Als die Wolke bei uns wohnte

Was macht man, wenn einem eines Tages eine kleine schwache Wolke auf den Kopf fällt? Ganz klar, man päppelt sie auf, misst Fieber, tröstet sie, versucht ihr zu helfen – selbst, wenn die Wolke keinen Tee mag. Und man macht sich schlau, was so eine Wolke denn braucht. Die kleine Wolke, die dieses Mädchen plötzlich zuhause hatte, erholt sich schnell und wird ein Super-Spielkamerad. Man kann vom Schrank auf sie hüpfen, auf ihr reiten und mit ihr Gassi gehen. Aber die Wolke wird im Lauf der Zeit immer größer und was dann?

Ein interessanter Ansatz über das Festhalten und Loslassen, über Freundschaft und das, was manchmal einfach getan werden muss. Die Geschichte ist aus der Ich-Perspektive erzählt, was für ein Bilderbuch relativ ungewöhnlich ist, sich aber auch nicht so gut vorliest. Überhaupt hat das Buch die Erwartungshaltung, gerade an die Autorin, nicht ganz erfüllt. Denn auch, wenn die Idee gut ist, die Umsetzung ist nicht optimal. Es gelingt nicht, die Leichtigkeit, die man sonst an ihr bewundert, hier wirklich zu spüren. Das betrifft auch die Zeichnungen, die durchaus etwas „niedlicher“ hätten ausfallen dürfen. Ganz schön allerdings ist, was man so ganz nebenbei über Wolken lernt.
2.5 Stars (2,5 / 5)

Heidrun Petrides: Der Xaver und der Wastl

Der Xaver, der wohnt in einer Dachkammer. Wenn er aus dem Fenster sieht, sieht er nur Dächer und wenn es regnet, dann muss er mit Schirm im Zimmer sitzen. Der Wastl, der wohnt ganz unten und er sieht nur Steine und Beine. Und wenn es regnet, dann spritzen die Pfützen gegen das Fenster oder ins Zimmer. Die beiden träumen davon, ein Haus zu bauen, ein echtes. Wenn sie mal groß sind. Aber so lange müssen sie gar nicht mehr warten, denn die Gelegenheit ergibt sich schneller als sie denken. Bei einem Spaziergang entdecken sie eine alte, verlassene Baubaracke und erhalten die Erlaubnis, sie herzurichten. Einfach aber ist das nicht, aber zum Glück erhalten sie immer da Hilfe, wo sie es am wenigsten erwartet haben.
Eine wunderschöne und bereits alte Geschichte über Heimat, vom Gefühl, mit eigenen Händen ein Zuhause, etwas ganz Eigenes zu schaffen. Etwas, in dem man sich geborgen fühlen kann.
17 Jahre war die Autorin jung, als sie dieses lehrreiche und fast schon lebenserfahrene Buch schrieb, mit starken, mutigen Szenen, traurigen Momenten und Farben, die einem mit Xaver und Wastl träumen lassen.
Tolle Idee von atlantis, dieses Buch schon zwei Generationen überdauernde Kinderbuch wieder zum Leben zu erwecken!
4.0 Stars (4,0 / 5)

Frauke Nahrgang: Roboter Sam – der beste Freund der Welt

“Ich heiße Sam. Bei Jakob klingt das wie Säm.“ So stellt sich die Smart Action Machine vor – der kleine Roboter, den Jakob und sein Vater Justus erfunden haben. Und erzählt, wie es war, als er zum ersten Mal ein Bewusstsein verspürte, wieso er den kleinen Erfindersohn gerne hat und was mit seinen Vorgängern passiert ist. Jakob und Sam werden echte Freunde, erleben viel zusammen und kämpfen gemeinsam gegen den fiesen Dr. Zimperling. Bei dem Sams Gefühlsscanner gleich darauf hingedeutet hat, dass etwas nicht stimmt.

Ein Buch wie dieses ist optimal für etwas geübtere Erstleser, die bereits mit direkter und indirekter Rede umgehen können. Man merkt, dass hier eine Grundschullehrerin zugange war. Frauke Nahrgang kennt die Zielgruppe und deren Bedürfnisse. Die Sätze sind kurz und in relativ einfachen Worten gehalten, die Kapitel überschaubar, die Schrift groß genug, um schnell das Gefühl von Leseerfolg zu vermitteln. Die zahlreichen bunten Illustrationen, gezeichnet von Markus Spang, laden zum optischen Verweilen ein und sind so gemacht, dass der kleine Leser sich bei ihrem Betrachten innerlich noch einmal mit der gerade gelesenen Szene auseinandersetzen kann. Einziges Manko: ein bisschen mehr Spannung hätte das Thema schon hergegeben.
3.0 Stars (3,0 / 5)

Fleur Smithwick: Wo du auch bist

Alice und Sam sind unzertrennlich. Sie spielen jeden Nachmittag zusammen, sie erzählen sich alles, sie gehen sogar in die gleiche Klasse – aber Sam ist nicht real. Er ist einer der häufig auftretenden imaginären Freunde, die viele Kinder haben und die gerade in schwierigen Lebenssituationen sehr hilfreich sein können. Und wie es mit diesen Wesen ist – irgendwann sind sie weg und keiner weiß, wann genau sie nicht mehr gebraucht wurden. Und so war das auch bei Alice.

Bis bei einem fürchterlichen Unfall, an dem sich die junge Frau die Schuld gibt, ihr bester Freund Rory stirbt. Plötzlich ist Sam wieder da. Inzwischen selbst zum Mann gereift kümmert er sich um die angeschlagene Alice, tröstet und unterstützt sie. Und er wirkt völlig real. Sie kann ihn sehen, sie kann ihn fühlen, wenn er mit ihr allein ist, kann er sogar Dinge bewegen. Ihr Umfeld reagiert mit zunehmenden Unverständnis. Was Alice nichts ausmacht, bis auch Sam anfängt, sie unter Druck zu setzen und dabei immer mehr Macht bekommt.

Das ist bei Weitem nicht alles, was diese Geschichte hergibt. Es ist ein wundervolles Buch über die Kraft der Liebe, aber auch die der Trauer und Verzweiflung, über Realitäten und wie diese von jedem unterschiedlich wahrgenommen werden und über die Wucht von Macht.

Das Einzige, was man diesem Buch ankreiden könnte, ist das Cover. Denn das Original trifft es deutlich besser. Das deutsche Cover ist absolut nichtssagend und wirkt, gemeinsam mit dem Titel wie eine dieser langweiligen Liebesgeschichten – dabei ist der Roman, der bisweilen schon Thriller-Aspekte beinhaltet, alles andere als das. Er gehört zu den Besten. Und um die sonst so verhasste Floskel mal wieder zu bemühen: Man darf gespannt sein auf das zweite Buch der Autorin.
5.0 Stars (5,0 / 5)

Julia Volmer: Du gehörst zu uns oder Jeder ist ein bisschen anders

Der kleine Bär ist traurig. Die Elster hat ihn wegen seiner roten Nase aufgezogen, der Vogel weiß genau, wo er einen wunden Punkt treffen kann und nutzt das reichlich. Auch das Eichhörnchen, auf dessen Baum sich der Bär verstecken will, ist Opfer eines verbalen Elsteranschlags geworden. Und von dieser wegen seines Gewichts gemobbt worden.
Als die beiden Freunde erkennen, dass sie dasselbe Problem haben, versuchen sie sich gegenseitig zu helfen. Das Eichhörnchen macht alles, um den Bären von der roten Nase zu befreien – Heftplaster, anmalen und eine Pampe aus Blaubeeren und Kohle und der Bär lässt sich auch für seinen Freund etwas einfallen: Er spritzt ihn nass und schon sieht das Eichhörnchen gleich ganz schlank aus. Aber dann stellen beide fest: Sie hätten das alles gar nicht machen müssen, denn für ihre Freunde sind sie so wie sie sind genau richtig. Da kann die Elster sagen, was sie will.

Die gemeine Elster hat am Schluss das Nachsehen, die Freunde halten zusammen und wissen, wie wichtig es ist, dass jeder anders und jeder auf seine Art gut ist. Ein bisschen schade, dass es die Elster in diesem Buch nicht auch lernen durfte.

Julia Volmert, die nach ihrem Studium für Visuelle Kommunikation ihre Bücher auch selbst mit ganz charakteristischen Bildern bestückt, ist genauso ein Garant für schöne Bilderbücher wie der Albarello-Verlag. Die Bücher haben immer einen moralischen Hintergrund und sind doch nie dem erhobenen Zeigefinger gewidmet.
3.4 Stars (3,4 / 5)

Jutta Langreuter/Silvio Neuendorf: Bist du noch mein Freund?

Knäcke und Taps haben einen kleinen, ganz versteckten Garten, in dem sie etwas anpflanzen: Salat, Radieschen und vor allem ihre heißgeliebten Erdbeeren. Doch eines Tages sind die Erdbeeren einfach verschwunden. Und der Verdacht liegt nahe. Knäcke verdächtigt Taps. Und Taps Knäcke. Die beiden sind stinksauer aufeinander und wollen nie wieder etwas miteinander zu tun haben. Doch als sie das wutentbrannt den anderen Tieren erzählen, verstehen diese das gar nicht, waren Taps und Knäcke doch immer so ein wundervolles Team. Und sie erinnern die beiden einzeln an all die schönen Erlebnisse, die sie zusammen gehabt haben, an die Erinnerungen an wundervolle Momente, die sie teilen. Als die beiden sich wieder über den Weg laufen, haben sie viel nachgedacht. Und reißen das Boot gerade noch mal in die richtige Richtung.

Streit gibt es immer wieder. Aber echte Freunde schaffen es, Prioritäten zu setzen und das Wichtige vom Unwichtigen zu unterscheiden. Und wenn es ihnen selbst nicht gelingt, dann brauchen sie andere, die sie mit der Nase darauf stoßen, dass sie im Begriff sind, einen Fehler zu machen. Solche Freunde, wie Taps und Knäcke sie haben. Eine wichtige Lehre für kleine Bilderbuchleser und ein von Coppenrath in gewohnt edler Weise aufgemachtes schönes Buch über die Freundschaft und ihre Klippen.
3.7 Stars (3,7 / 5)

Katherine Hannigan: Die Wahrheit, wie Delly sie sieht

Delly ist anders als andere Elfjährige. Ganz anders. Und Schüchternheit gehört nicht zu ihrem Repertoire. Meistens bringt ihr ihr Verhalten eine ganze Menge Ärger ein. Sie lässt Tiere frei, prügelt sich, wenn ihr was nicht passt und oft tritt sie mit ihren Aussagen anderen gewaltig auf die Füße, ohne es überhaupt zu merken. „Delly Pattinson war winzig. Ihr Haar lag in festen Locken um den Kopf wie ein kupferroter Heiligenschein, und ihre Stimme war so rau, als wäre ihr Hals ein Schotterweg. Delly Pattinson, das bedeutete Ärger: kleiner ärger, der sich anschickte, GROSSER ÄRGER zu werden und der seinem Ziel täglich näher kam.“ Bis Ferris auftauchte. Die Neue in der Klasse wollte weder sprechen noch berührt werden. Alle akzeptierten das, aber Delly war das unmöglich. Doch ihre Haudrauf-Einstellung klappt bei Ferris nicht. Das Mädchen muss sich in Demut üben, wird dafür aber reichlich belohnt.

Katherine Hannigan aus New York, ist studierte Mathematikerin und unterrichtet Studenten in Kunst und Design an der Uni Iowa. Ihr Debüt „Ida B“ war Bestseller der New York Times und wurde mehrfach ausgezeichnet. Sprecherin Jodie Ahlborn ist im deutschen Fernsehen wohlbekannt. Und auch im Hörbuchbereich hat sie inzwischen einen ziemlichen Namen gemacht. Ihr Können verleiht dem Buch noch das restliche bisschen Würze.
4.1 Stars (4,1 / 5)

Marie Fenske: Kontiki & Casablanca – das Schaf im Storchennest

Was, wenn man irgendwo zuhause ist und doch nicht richtig dorthin hingehört? Was, wenn alle anderen sich ähnlich sind, man selbst aber ganz anders ist? Und man einfach nicht versteht, warum. So geht es Casablanca, einem kleinen Lamm, das von Storcheneltern aufgezogen wird.

Eine Schafsfrau bekommt Zwillinge und eines davon kullert ihr des nächtens davon. Und wird von Vater Adebar gefunden. Er hält das weiße runde Knäuel für ein aus dem Nest gefallenes Junges und bringt es seiner Frau, die das Lamm auch sofort unter ihre Fittiche nimmt. Sie nennt es Casablanca. Die Storchendame vermutet nämlich, in Afrika etwas Falsches gegessen zu haben – denn dieses Kind ist so anders. Die Eltern sind verunsichert und sie rufen den Storchenrat an. Nach langen Beratungen kommt es zu folgender Entscheidung:

„Dieses Kind ist anders als wir und deshalb ist es wichtig. Es soll das Futter bekommen, das es gerne hat. Wir wollen versuchen, seine Sprache zu verstehen. Dann lernt es sicher auch unsere. Und bestimmt wird eine besondere Persönlichkeit aus ihm – es sieht ganz danach aus.“

Doch spätestens als die anderen Storchenkinder flügge werden, merkt Casablanca, dass er nicht glücklich ist. Kontiki, ein Kobold, wird ihm ein guter Freund und er hilft ihm, seinen Platz im Leben zu finden.

Dieses Kinderbuch ist einfach rundweg wunderschön. Die Geschichte vom Findelkind, vom Kind, das anders ist, ist einfühlsam erzählt und sprachlich äußerst ansprechend umgesetzt. Die Bilder dazu stammen von der Autorin selbst und sind so weich gezeichnet, dass man sie stundenlang betrachten könnte. Ein I-Tüpfelchen ist die von Meike Range hinzugefügte Landkarte, die zeigt, wo genau die Geschichte gerade spielt….

Maria Fenske lebt heute in der Nähe von Düsseldorf. Sie „malt, seit sie 1954 geboren wurde, und Geschichten erzählt sie, seit sie sprechen kann.“ (Aussage ihrer Mutter). Ihr liegen nach eigener Aussage vor allem die Kinder am Herzen, die aus dem Nest gefallen sind, die kein Nest mehr haben oder zu weit davon entfernt sind.

„Kontiki & Casablanca“ eignet sich übrigens auch sehr gut als Gesprächsgrundlage für Themen wie Adoption oder auch Behinderung.
4.7 Stars (4,7 / 5)

Heinz Janischle/Silke Leffler: Ich hab ein kleines Problem, sagte der Bär

Ich hab ein kleines Problem, sagte der Bär… aber keiner hört ihm zu. Jeder, den er anspricht, weiß sofort, was dem Bären fehlt – vermeintlich.

Sie alle meinen es gut. An sich. Aber dem Bären mit seinem Problem kann niemand helfen, denn schließlich kommt er nie dazu, es mitzuteilen. Bis er frustriert aufgibt und dann doch überraschend noch jemanden findet, der Zeit hat, ihm zuzuhören….

Dies ist ein Bilderbuch über das Sich-Zeit-Nehmen, übers Zuhören und ein Buch über Freundschaft, die man oft da findet, wo man sie gar nicht erwartet hat. Man kann es wunderbar vorlesen. Wie der Bär immer trauriger wird, die Leute ihn in ihrem Eifer zutexten und das frustrierte „hmmm“ bevor er weiter trottet – zu schön.

Mir persönlich gefällt dieses Buch ausgesprochen gut. Und das bezieht sich nicht nur auf den Text von Heinz Janisch, sondern auch auf die Bilder. Silke Leffler, die Illustratorin, hat gezeichnete mit realen Elementen vermischt und so ein Flair herbeigezaubert, das an sehr alte Kinderbücher erinnert.
4.1 Stars (4,1 / 5)

Knister / Eve Tharlet: … das versprech ich Dir!

Nach einem langen Winterschlaf erwacht das kleine Murmeltier Bruno und freundet sich mit einer wunderschönen gelben Blume an, die von Tag zu Tag anmutiger wird. Eines Morgens bittet die Blume das Murmeltier darum, ihr zu vertrauen und ganz fest zu pusten….

Ein wunderschön poetisches Bilderbuch, das zeigt, dass Freundschaft und Vertrauen eng zusammen gehören. Auch wenn es nicht immer ganz leicht ist! Durch die niedlichen Illustrationen von Eve Tharlet geht die kurze, aber tiefsinnige Geschichte so richtig zu Herzen. Dieses Werk hat das Zeug zum echten Klassiker, denn schöner kann ein Bilderbuch kaum sein.
5.0 Stars (5,0 / 5)