Corinna Leibig: Der kleine Bauchweh

Kleine Kinder haben häufig Bauchweh und nur selten steckt wirklich der Bauch an sich dahinter. Stattdessen muss das große Ganze betrachten. Im Bauch und zwar im – wie die Yogabesteigerten so schön sagen – Sonnengeflecht treffen sich sehr viele Nerven und gehen einem Kind aus irgendeinem Grund die Nerven durch, dann bekommt es Bauchweh. So wie der kleine Bauchweh – die Hauptperson dieses Buches, das sich für alle Kinder eignet, auch für therapeutische Zwecke.
Was könnte hinter dem Bauchweh liegen, fragt sich das kleine blaue Wesen. Ist er verliebt? Hat er einen Magen-Darm-Virus? Waren es zu viele Runden in der Achterbahn? Hat es gestern zu viel gegessen und liegt ihm das jetzt im Magen. Oder liegt ihm etwas anderes im Magen? Wut? Angst? Ärger?
Gott sei dank gibt es ja den großen Bauchweh, der kennt sich da aus. Und verordnet erst einmal eine Kuschelrunde ….

Typisch für Bücher dieser Art, aber eben auch sehr hilfreich für Eltern und Erzieher sind die Anmerkungen der Autorin am Ende des Buches. Wobei die Kommunikationsdesignerin, die Kinder in herausfordernden Lebenssituationen mit ihrem Projekt „kreativ macht stark!“ unterstützt, nichts schönredet, sondern stattdessen Tipps für schwierige Situationen gibt – schließlich ist auch ein Kinderleben nicht immer nur ein Zuckerschlecken.

Nonnast/Göhlich: Kein Schatz für Zipfel

Der kleine Zipfel ist ein Gespenst und er träumt von Ruhm und Geld. Zwar versucht er es immer wieder mit redlicher Arbeit, aber so ganz schmeckt ihm das nicht. Das geht ihm alles zu langsam. Als er fast schon an dem Punkt angekommen ist, an dem er erkennt, dass Träume sich nicht immer so einfach verwirklichen lassen, bietet sich ihm eine geniale Chance. Die er ergreift, ohne auf seine Freunde oder auch nur seinen gesunden „Geisterverstand“ zu hören.

Mal abgesehen von dem seltsamen Namen, der bei der Zielgruppe immer wieder peinlich angehauchtes Gelächter hervorruft, ist Zipfel ein sehr sympathischer Charakter. Vorübergehend zwar etwas geldgeil, aber er kommt ja schnell auf den Boden der Tatsachen zurück und erkennt, was wirklich wichtig ist im Leben. Das Buch ist bereits der zweite Teil einer Reihe, die sich um eine kleine liebenswerte Gespensterbande mit Macken dreht und die sich sowohl für Jungs als auch für Mädchen im Grundschulalter gut eignet.

Die Autorin Britta Nonnast beginnt, sich einen Namen zu machen im Bereich der Kinderbuchliteratur. Unterstützt wird sie durch die niedlichen Zeichnungen der Illustratorin Susanne Göhlich, die ebenfalls bereits auf einiges an Erfahrung in diesem Bereich zurückblicken kann.

Andreas Hüging: Jem hört die Haie husten

Am Hummerstrand im Haus Horizont haben Kinder, die es im Leben nicht leicht haben, die Möglichkeit, einen entspannten Sommer zu verbringen. Spastiker, Rollstuhlfahrer, geistig Behinderte oder aber auch Asthmatiker treffen sich hier Jahr für Jahr und tanken auf, während ihre Eltern ebenfalls die Möglichkeit haben, dasselbe zu tun. Doch jetzt soll damit Schluss sein. Ein Baulöwe plant, das Haus Horizont umzubauen zu einer großen und rentablen Hotelanlage. Und plötzlich überschlagen sich die Ereignisse: Jem hat plötzlich eine Nachricht in seinem Nachtisch, ein weißer Hai taucht in der Nähe des Strandes auf und letztendlich führt die Spur zu einem Mord. Nicht umsonst heißt das Buch im Untertitel „Die kriminellste Kurgeschichte aller Zeiten“.

Klingt schlimmer als es ist. Dieses Buch ist durchaus gut geeignet für Kinder ab acht Jahren, wobei es wahrscheinlich Jungs eher bevorzugen werden. Neu ist die Thematik mit den Beeinträchtigungen der Kinder, interessant die Darstellungsweise, manchmal aber auch ein bisschen befremdlich in der Wortwahl. Trotzdem: Nervenkitzel im richtigen Maß ist garantiert.

Sunil Mann: Neue Freunde für Gabriel

Sie suchen noch nach dem perfekten Vorlesebuch für die Vorweihnachtszeit? Oder nach ein klein bisschen weihnachtlichem Zeitvertreib für einen Dritt- oder Viertklässler? Dann ist der kleine Engel Gabriel genau das Richtige. Pünktlich zur Weihnachtszeit ist auch in diesem Jahr wieder ein neuer Band erschienen, bei dem die Engel es mit einem Teufel zu tun bekommen.
Gabriel staunt nicht schlecht, als sein Austauschpartner nicht nur ein Mädchen, sondern auch noch eine Teufelin ist. Doch schnell merkt er, dass die kleine Luzia ein nettes Ding ist und die beiden verstehen sich immer besser. Sehr zum Missfallen Auroras, die darauf ziemlich eifersüchtig reagiert.
Doch als es hart auf hart kommt, stellt sich mal wieder heraus, wie wichtig Freundschaft ist und dass jeder eine besondere Gabe hat, für die es nur die richtige Situation braucht.

Teufel sind ja irgendwie auch Engel – wenn auch gefallene. Dafür allerdings kann der Nachwuchs nichts und das merken die Kleinen ziemlich schnell. Allen Vorurteilen zum Trotz halten sie zusammen und erreichen das, was man mit einem Austausch erreichen möchte: eine Öffnung des eigenen Horizonts.

Nickel und Horn: zwei Detektive mit Durchblick

Nickel und Horn sind ein tierisches Gespann: ein Papagei und ein Meerschweinchen, die bei einem alten Herrn leben, der anno dazumal ein erfolgreicher Detektiv war und dem sie damals noch kräftig zur Hand gingen. Doch jetzt ist der Lehnstuhl das Zuhause des alten Mannes, er schläft die meiste Zeit und wird nach allen Regeln der Kunst von seinem Hund Schlappi bewacht, der vor Sorge um den Gesundheitszustand seines Herrchens möglichst jede Aufregung vermeiden möchte. Aber Nickel und Horn langweilen sich und als eines Tages ein kleiner Junge klingelt und den Detektiv um Hilfe bittet, springen die beiden Tierchen heimlich ein. Die Suche nach dem verschwundenen Pupsetierchen des kleinen Paul ist ihr erster Auftrag, den sie ganz alleine hinbekommen müssen und das birgt einiges an Gefahren und aufregenden Situationen.

Der Schreibstil dieses Kinderbuchs ist leicht verständlich, das Buch ist nicht zu viel und nicht zu wenig bebildert und die Buchstaben sind relativ groß. Und doch ist der Anspruch da, auch von einem Dritt- oder Viertklässler gelesen zu werden, denn es sind durchaus Wörter verarbeitet, die nicht ganz einfach sind und auch vom Satzbau kann man das nicht behaupten. Genau das richtige Maß an Herausforderung für Kinder, die über das Erstlesen bereits heraus sind. Dass die Protagonisten Tiere sind passt für die Zielgruppe ebenfalls gut – wobei hier sowohl Mädchen als auch Jungs angesprochen werden. Letzere vor allem durch das immer wieder allseits beliebte Thema des Pupsens, was ihnen in regelmäßigen Abständen dieses ganz spezielle Grinsen ins Gesicht zaubert.

Peter Pan – in einer prachtvollen Ausgabe

Es gibt Geschichten, die sollte man einfach kennen. Die gehören sozusagen zum Kulturgut unserer Gesellschaft. Ein Klassiker ist Peter Pan von James Matthew Barrie, zunächst als Theaterstück gedacht und erst später als Roman verfasst. Nach der Figur des Peter Pan ist sogar ein psychologisches Phänomen benannt. Der Familienherapeut Dan Kiley hat den Begriff geprägt für Männer, die partout nicht erwachsen werden wollen. Denn genau so geht es Peter Pan. Er lebt im Nimmerland mit einer Horde Jungs, den Rothäuten, seinem Erzfeind Captain Hook und einem Krokodil, das einen Wecker verspeist hat und daher nicht mehr richtig tickt. Peter Pan und seine Jungs brauchen eine Mama, wollen das aber nicht so recht zugeben. Also locken sie einfach Wendy und mit ihr ihre Brüder ins Nimmerland – mit chaotischen Folgen.
Die Geschichte ist allgemein bekannt, sie wurde ins Theater gebracht, verfilmt und in zahlreichen Büchern und Ausgaben wiedergegeben – wobei Peter immer niedlicher wurde, bald schon aussah wie ein Feenjunge – in Anlehnung an seine ständige Begleiterin Tinkerbell. Dabei ist Peter Pan alles andere als niedlich. Stattdessen ist er arrogant und selbstsüchtig, es fehlt ihm an Gespür für Gefahr und Leid, er kümmert sich nur um andere, wenn er selbst etwas davon hat und sieht sich ausgesprochen gerne in der Rolle des Anführers.
Dieses Exemplar der Geschichte, die man am besten vorliest, um auch gleich auf die Reaktionen der kleinen Zuhörer eingehen zu können, ist besonders schön. Das liegt an den zauberhaften Ideen von MinaLima Design, einem preisgekrönten Grafikdesignstudio, das bereits die grafisch-visuelle Gestaltung der Harry-Potter-Filme übernommen hat. Visuell veredelt wurde dieses Buch mit Schatzkarten, Feenflügeln, 3D-Effekten und weiteren Details, die das Betrachten dieses Werks zu etwas ganz Besonderem machen.
5.0 Stars (5,0 / 5)

Sabine Bohlmann: Und plötzlich war Frau Honig da

Die kleine Person, die da eines Tages ganz in gelb gekleidet vor der Tür einer Familie steht, erinnert zwangsläufig an Mary Poppins, ein bisschen auch an „Eine zauberhafte Nanny“. Genau wie diese wurde sie von der Familie, die aus einem überforderten alleinerziehenden Vater und vier Kindern besteht, nicht gerufen und doch gebraucht. Genau wie Mary Poppins hat sie nur einen Koffer, in den aber Unmengen hineinpassen. Und verfügt über ähnliche Zauberkräfte.
Stück für Stück holt sie die im System vereinsamte Familie wieder an einen Tisch, bringt den Kindern bei, was sie fürs Leben wissen müssen, zeigt dem Vater, dass es nichts bringt, sich hinter seiner Trauer zu verstecken und macht den Alltag mit ihren kleinen Tricks und Besonderheiten zehntausendmal bunter als er je gewesen ist.

Die Besonderheit an Frau Honig: Sie ist eng mit den Bienen verbunden, lernt Betty, der Kleinsten der Familie, wie man mit einem solchen Volk umgeht und sorgt dafür, dass es den kleinen, für die Menschheit so wichtigen Tierchen gut geht. Und wenn sie dafür auf die Schnelle mal ein paar Blumen im Stadtgrau wachsen lassen muss.

Doch eines Tages ist es soweit: Es wird Zeit für Frau Honig zu gehen – eine andere Familie wartet und die Sommerfelds sind jetzt in der Lage, nach dem Tod der Mama und Ehefrau nach vorne zu sehen und ihr Glück selbst in die Hand zu nehmen.

Dieses Buch ist wieder so, wie man es von Sabine Bohlmann erwartet. Ihre Vorliebe für Mary Poppins ist ja bekannt (… und das Bittere wird süß!) und der Ton des Buches ist fast schon unverkennbar. Es ist wunderbar zum Selbstlesen, und noch viel wunderbarer zum Vorlesen geeignet. Allerdings hätte die Autorin ihrer Zeichnerin etwas mehr auf die Finger schauen sollen. Denn diese hat – wie es leider in der Kinderbuchwelt viel zu häufig passiert – das Buch anscheinend, zumindest an einer Stelle, nicht richtig gelesen. Und das ist etwas, das Kindern sofort auffällt. Doch trotzdem ist dieses Buch ein wirkliches Highlight und gehört daher definitiv zu den besten Kinderbüchern in diesem Sommer.
5.0 Stars (5,0 / 5)

Britta Sabbag: Fritzi Klitschmüller


Fritzi hat es gerade nicht einfach. Ihre beste Freundin ist weggezogen. Der Geburtstag steht vor der Tür und Mama muss auf Kur. Papa ist dauerhaft schlecht gelaunt, weil in das Erker-Haus, das er kaufen wollte, nun andere einziehen und es so für ihn zum Ärger-Haus geworden ist und weil er seine anstrengende Schwester um Hilfe fragen muss. Zu allem Übel glauben die Eltern auch noch, sie sei zu klein für ein Skateboard. Stattdessen bekommt sie ein weißes Spitzenkleid, das sie erst mal mit einem Säbel ihres Bruders etwas aufhübscht. In diesem Outfit öffnet sie die Tür, als der neue Nachbarsjunge sich vorstellen will – und auch, wenn sich Fritzi zunächst sträubt, die beiden werden Freunde und machen die Sommerferien zum Skateboardbeschaffungsabenteuer.
Britta Sabbag ist bekannt für leichte Literatur, die sich um Liebe und Freundschaft dreht. Bei ihren Kinderbüchern geht sie tiefer, allerdings ohne die Leichtigkeit zu verlieren. Fritzi Klitschmüller wirkt ein bisschen wie eine moderne Pippi Langstrumpf. Eins von den Mädchen, die zwar auf der einen Seite gerne und gewieft Mädchen sind, auf der anderen Seite sich aber auch nicht unterbuttern lassen. Sie und Thies nehmen das Leben trotz seiner Widrigkeiten leicht, werden spielend mit der ätzend petzenden Cousine fertig. Die Nachbarschaft wird schnell mal aufgemischt – mit durchwegs positiven Ergebnissen.
Besonders schön ist auch die Vertonung durch die deutsche Schauspielerin Birte Schnöink, die mit ihrer rauen Stimme Fritzi genau den Charakter einhaucht, den man beim Lesen erwartet. Die CD ist leider etwas kürzer als das Buch, hat aber trotzdem eine Dauer von rund eineinhalb Stunden, von denen keine Minute langweilig wird. Optimal auch für lange Autofahrten mit Grundschulkindern – denn das ist eine Geschichte, die auch wir Eltern und sogar große Geschwister gerne hören.
4.0 Stars (4,0 / 5)

Theil/Lange: Die Händlerin der Worte

Die Geschwister Jonas und Leonie und ihr neuer Freund Pico versuchen der Händlerin der Worte zu helfen Man hat ihr genau die Wörter gestohlen, die die Menschen brauchen, um gut miteinander auszukommen. Doch ohne „Bitte“ oder „Danke“, ohne „Entschuldigung“ oder „Ich helfe Dir“ funktioniert das Zusammenleben nicht und es gilt, sich zu beeilen, bevor der Streit und die Missgunst komplett um sich greifen. Und die Kinder haben durchaus einen Verdacht: Gibt es da doch jemanden, der gerade einen ziemlichen Reibach macht mit verletzenden und äußerst unschönen Wörtern.

Die Idee dieser Händlerin der Worte ist eine sehr schöne. Wie sie ihre Worte pflegt, wie sie sie hortet, poliert und bewundert – jeder, der Sprache liebt, kann sich die Frau sofort bildlich vorstellen. Wie sie an ihrer Waagschale steht und abwägt, welches Wort in welcher Ausarbeitung für den einzelnen Käufer das Richtige ist. Wie sie sich sorgt, um den Verfall der Sprache und dafür kämpft, dass auch Wörter, die nicht jeder kennt, ihren Menschen finden. Sie zeigt, wie man sich mit guten Wörtern vor bösen schützen kann.

Eine sehr schöne Idee, die leider nur bedingt gut umgesetzt ist. Denn ein Buch über die Macht der Worte dürfte nicht einen einzigen Schreib- oder Grammatikfehler enthalten. Schade, dass es doch passiert ist.
3.0 Stars (3,0 / 5)

Sigrid Zeevaert: Emma ist eben doch ein Glückskind

Emma ist eben doch ein Glückskind, denn Emma hat eigentlich alles, was man sich wünscht. Eine tolle Familie, einen kleinen Hund, einen besten Freund – und plötzlich auch einen Verliebten. Oder heißt das Verlobten? Emma weiß es nicht. Sie weiß nur, dass sie und Paul heiraten werden und dass sie sieben Kinder bekommen. Natürlich darf das erst mal keiner wissen. Aber das ist Emma egal. Hauptsache, sie und Paul sind sich einig. Und Hauptsache, Paul holt sie jeden Morgen zur Schule ab. Aber plötzlich geht er lieber mit seinen Kumpels und ist überhaupt so komisch…
Diese kleine Geschichte, die sich aufgrund der Einfachheit der Worte und der Größe der Buchstaben auch sehr gut zum Selbstlesen eignet, ist wie aus dem Leben gegriffen. Denn gerade im Grundschulalter haben Freundschaften zwischen Jungs und Mädchen Pause. Das ist aus Entwicklungssicht heraus ganz einfach zu erklären, für die Betroffenen aber alles andere als einfach. Denn es ist immer einer der erste, der sich distanziert und das tut ziemlich weh.
Sigrid Zeevaert ist es gelungen, die Emotionen der Kinder einzufangen, ohne zu viel Betroffenheit aufkommen zu lassen. Ein Buch, das sich durchaus auch gut für die pädagogische Arbeit eignet.
4.0 Stars (4,0 / 5)