Laura Fröhlich: Wackelzahnpubertät

Man fragt sich ja immer, ob die Verfasser von Erziehungsratgebern selbst die perfekten Eltern mit perfekten Kindern sind … aber genauso könnte man sich frage, ob jeder Arzt gesund ist. Denn das eine hat mit dem anderen wenig zu tun. In der Theorie ist vieles einfacher als in der Praxis. Vor allem als Eltern, wenn Emotionen vom Feinsten ins Spiel kommen. Wenn aus den süßen Kleinen plötzlich renitente Menschen mit eigener Meinung werden, die diese auch vehement vertreten können. Kommen Kinder in die Schule machen sie eine Phase durch, die die Autorin als Wackelzahnpubertät beschreibt. Ein Ablöseprozess, der wichtig ist für die persönliche Entwicklung des Kindes und den man entsprechend begleiten sollte. Und bei dem man sich erlauben darf, im Rahmen dieses Begleitprozesses Fehler zu machen. Und das ist das Schöne an diesem Buch – wir bekommen nicht die perfekten Lösungen serviert, um uns nach dem Leser wie Oberlooser zu fühlen, sondern wir bekommen gezeigt, dass wir nicht alleine sind. Dass es allen anderen Eltern in dieser oder ähnlicher Form auch so geht, auch der Autorin. Die sich nicht zu schade dafür ist, ihre eigenen Fehler aufzuzeigen und einen besseren Weg aufzuzeigen. Glaubwürdig. Und das muss ein Erziehungsratgeber sein, um wirklich etwas zu bewirken.

Die Autorin, Laura Fröhlich, ist Journalistin und Bloggerin. Ihr Blog www.heuteistmusik.de ist eine Art Müttersprechstunde und beschäftigt sich mit Mental Load. Doch das ist ein anderes Thema. Irgendwie. Aber irgendwie auch nicht.

Tobias Goldfarb: Niemandsstadt

In der heutigen Zeit eine Dystopie zur Hand zu nehmen, grenzt ja schon fast an Selbstaufgabe. Zumindest dann, wenn es um Viren geht, um das Leben in Schutzräumen unter der Erde, um Infizierte, die auf der verzweifelten Suche nach Nahrung zu allem fähig sind. Aber es gibt ja auch dystopische Geschichten, die nicht ganz so heftig sind. So wie diese. Josefine, die Protagonistin des Buches, ist in der Lage, Welten zu wechseln. Wie sie das genau macht, ist ihr eigentlich gar nicht klar, zunächst auch nicht, dass sie es macht, aber dann merkt sie doch schnell, dass sich die Niemandsstadt in entscheidenden Punkten von ihrer Realität unterscheidet. War es vor langer Zeit noch ganz normal, dass es Weltenwandler gab, so sind diese immer weniger geworden und eine Leere breitet sich in Niemandsstadt aus. Eine gefährliche Leere – fast wie die der unendlichen Geschichte. Und auch sie muss bekämpft werden. Gemeinsam. Womit der Bogen zu den heutigen Problemen wieder gespannt ist.

Katarina Macurova: Theo der Floh

Theo der kleine Floh lebt mit seinem Opa auf einem Affenrücken und liebt es, wenn der alte Flohmann von seinen Abenteuern erzählt. Wer hat schon in acht Minuten einen Zebraschwanz umrundet oder war auf einem Schneehasen unterwegs? Theo will auch ein Abenteurer sein und macht sich auf an einen Ort namens Löwe, an dem die Haare so lang werden wie eine Million Flöhe nebeneinander. Und als er von dieser Exkursion zurückkommt, hat er einiges zu erzählen. Nur leider nichts Spannendes

Ganz ehrlich … bei einem Bilderbuch wie diesem fragt man sich: Warum? Gibt es eine pädagogische Aussage? Sind die Bilder besonders schön? Die Geschichte spannend, lustig, lehrreich oder wenigstens irgendetwas davon. Leider nein. Eher hat man Mitleid mit dem armen Affen, dessen Flohwohnort schon ganz kahl ist.

Huppertz/Ryans: Herr Hepperlin und die vergessenen Schuhe

Schuster sterben aus. Sie machen bestenfalls heute Schlüssel nach, pappen Sohlen auf industriell gefertigte Massenware und verkaufen Schnürsenkel – so wie Bents Vater. Doch einen Kunden hat er noch, der Wert legt auf maßangepasste Schuhe: Herr Hepperlin. Er kommt regelmäßig mit seinen Schuhen vorbei. Und immer bringt er Bent ein Stück Eiskonfekt mit, aus dessen Papier dieser dann bunte Sterne bastelt.

Doch eines Tages, es wird schon langsam Winter, wundern sich Bent und sein Vater. Wo bleibt nur Herr Hepperlin? Es dauert nur Tage, bis sie sich richtig Sorgen machen. Der Vater telefoniert nach, sie gehen zur Wohnung des alten Mannes … nichts. Doch da hat Bent eine Idee …

Dieses Bilderbuch handelt von alten Werten: Verlässlichkeit, Vertrauen, Sicherheit und dem Kümmern umeinander. Und damit von Werten, die gerade in Zeiten wie diesen wieder auftauchen.

Sarah Welk: Tagesschau & Co.

Wie werden eigentlich die Nachrichten gemacht, die wir täglich hören und sehen? Wer wählt aus, was wichtig ist, was ist Boulevardjournalismus und dürfen Journalisten immer sagen, was sie denken? Be first, but first be right – diesen Merksatz sollte sich jeder Journalist auf die Fahnen schreiben und die meisten tun das auch. Fake News gibt es trotzdem immer wieder – manchmal wurde einfach schlecht recherchiert (oder gar nicht), manchmal und leider immer öfter werden die Falschnachrichten absichtlich verbreitet, um Stimmung für oder gegen etwas zu machen, vor allem im Netz. Umso wichtiger sind unabhängiger Journalismus und seriöse Berichterstattung. In diesem übersichtlich und alles andere als langweilig gestalteten Buch erfährt man ganz nebenbei, was der Rundfunkrat macht, wie Twitter funktioniert und was einzelne Nachrichtensprecher über ihren Job sagen. Besonders schön: die Übersetzung von Botschaften in Nachrichtentexten.

Karen Young/Norvile Dovidonyte: Hey, du bist großartig

Angst ist nichts für Feiglinge und wenn man sie ganz genau betrachtet, ist es eigentlich die großartige Reaktion eines besonders fürsorglichen Gehirns. Das sich durch die richtige Atemtechnik auch ganz einfach wieder beruhigen lässt. In diesem Bilderbuch geht es der Angst an den Kragen: Sie wird erklärt und zwar so, dass man es auch verstehen kann. Die Vorgänge im Körper, die durch Furcht entstehen, bekommen so einen Namen und verlieren schon allein dadurch etwas von ihrem Schrecken. Allerdings ist es kein Buch, das man einem Kind einfach in die Hand drücken kann – stattdessen braucht es Zeit, um es gemeinsam durchzugehen und am besten am Schluss auch die eine oder andere angehängte Achtsamkeitsübung zu machen. Die Autorin ist Psychologin und bringt auf ihrer Website www.heysigmund.com ihr Fachgebiet äußerst anschaulich und verständlich rüber – allerdings nur auf Englisch, denn sie lebt in Australien.

Kazu Kibuishi: Das Amulett – die Steinhüterin

Die Geschwister Emily und Navon ziehen mit ihrer Mama aufs Land, in das alte Haus ihrer Großeltern, das einen Rundumputz dringend notwendig hat. Dabei findet das Mädchen ein altes Amulett. Als in der Nacht die Mutter der Kinder entführt wird, machen sich die Kinder auf die Suche – und verlassen sich dabei auf das Amulett, das ihnen den Weg in eine Parallelwelt zeigt. Eine Welt, in der ihnen Figuren begegnen, denen sie lieber nie begegnet wären. Aber auch solche, die ihnen wohlgesonnen sind und die ihnen helfen wollen.

Der Autor, ein Japaner, ist bereits als Kind in die USA gezogen. Seine Kultur hat ihn trotzdem geprägt und vor allem die Vorliebe für Comics ist Kazu Kibuishi geblieben. Da es seine Lieblingscomics aber nicht mehr gab, hat er sich selbst welche gezeichnet und sich so Stück für Stück eine Welt eröffnet, die ihn inzwischen zum durchaus beachtenswerten Autor gebracht hat.

Christina Wolff: Die Magier von Paris

Zwei verfeindete Magierfamilien, zwei Nachkommen, einer männlich, einer weiblich und keiner weiß mehr, wie alles begann … das Setting der Geschichte kommt einem iiiiirgendwie bekannt vor. Vielleicht vom Zaubererthema mal abgesehen. Als die beiden Väter am selben Tag das Zeitliche segnen – wobei das nicht das Gleiche bedeutet wie bei uns und die mitsprechenden Ahnen für einige Verwirrung sorgen – , müssen die zwei Jugendlichen ihre Aufgaben übernehmen und finden sich auch brav in ihr Schicksal. Zunächst … denn als ein weiterer Magier erscheint und seine düsteren Machenschaften treibt, beschließen die beiden Youngster, gemeinsame Sache zu machen – gegen alle Regeln.

Welche Kulisse könnte besser passen zu einer magischen Geschichte als die Gassen von Paris? Der Wirbelwind Claire und der coole Rafael sind ziemlich sympathische Figuren, die ihre Leser mitreißen und überzeugen. Und denen es gelingt, die Welt der Magie auf den Kopf zu stellen. Wer sich mal ein Wochenende lang im Bett verkriechen und die Welten wechseln möchte, ist mit diesem Buch gut beraten – denn es besitzt genau die richtige Mischung aus Spannung und Charme.

Stephanie Polák/Larisa Lauber: Ein Lächeln für dich

Dass dieser Tag super wird, da ist sich der kleine Noah ganz sicher. Schließlich kommt sein  Freund Max nach dem Kindergarten zu ihm. Die Frau allerdings, die seiner Mama und ihm im Bus gegenübersitzt, ist lange nicht so gut gelaunt wie er. Grimmig schaut sie vor sich hin und reagiert kaum, als Noah sie anlächelt. Als er ihr allerdings beim Aussteigen noch ein dickes Lächeln schenkt und ihr einen guten Tag wünscht, erhellt sich ihre Miene. Wie schnell sich daraufhin dieses kleine Lächeln von einem zum anderen überträgt, darauf wäre jeder Virus neidisch. Wie ein Lauffeuer breitet es sich aus und schafft viele kleine und große glückliche Momente. Bis es am Ende sogar zu Noah zurückkommt.

Dieses Bilderbuch hat zwar relativ viel Text für die Zielgruppe, aber es ist anschaulich gezeichnet und gut verständlich. Und es lohnt sich zu sehen, wie bereits eine kleine nette Geste den Tag vieler verändern kann.

Julia Scharnowski: Starke Jungs brauchen entspannte Eltern

“Kinder suchen sich ihre Eltern mit Bedacht aus“ – dieser alte Satz lässt uns den Blick darauf wenden, warum unsere Kinder unsere Kinder sind. Denn, wenn wir genau hinsehen, stellen wir fest: Sie passen zu uns.

Julia Scharnowksi ist eine Dreifach-Jungsmama und allein deswegen schon prädestiniert dazu, anderen Müttern auch mal einen Ratschlag zu erteilen, besonders hörenswert sind ihre Podcasts. Ihr Buch „Starke Jungs brauchen entspannte Eltern“ ist an sich schon angenehm entspannt. Schön aufgemacht (die Papierqualität allein macht schon Spaß beim Lesen), übersichtlich, die einzelnen Happen nicht zu groß, denn schließlich haben Mamas einiges gemeinsam: wenig Zeit. Und viel schlechtes Gewissen. Werden wir den Bedürfnissen unserer Kinder gerecht, sind wir wirklich wertschätzend, wenn wir laut herummotzen, könnten wir nicht hier noch und da noch? Dieser Erziehungsratgeber nimmt einen ein bisschen mit runter auf der Leiter der Ansprüche an sich selbst, zeigt, was gerade Jungs ausmacht, was an Söhnen besonders ist und was an ihnen für uns Frauen – egal wie viel Willen wir aufbringen – äußerst schwierig zu verstehen ist. Die Autorin bringt kreative Tipps für den Alltag und predigt letztendlich das wichtigste aller Mantras: Du musst nicht perfekt sein, um eine gute (Jungs-) Mama zu sein. Du selbst zu sein und auch mal dafür zu sorgen, dass deine inneren Tanks gut gefüllt sind, Du einen Ausgleich hast, genügt völlig.